Deutliche Kritik der Länderkammer an Papier der EU-Kommission
Wien (pk) – Die Vision einer Europäischen Energieunion, die EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker kürzlich unter dem Titel "Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten
Klimaschutzstrategie" vorgelegt hat, erfuhr auch im Plenum der Länderkammer eine überaus kritische
Beurteilung. Sprecherinnen aller Fraktionen bekräftigten daher unisono die kritische Mitteilung, mit der der
EU-Ausschuss des Bundesrats auf den Strategieentwurf der EU-Kommission reagiert hat und beschlossen einhellig deren
Übermittlung an die Institutionen der EU.
Klares Nein zu Atomstrom und Erdgasfracking
Der Vorschlag der EU-Kommission für eine neue koordinierte Energiepolitik in einem Europa ohne Markthemmnisse
und isolierte Versorgungsgebiete ist grundsätzlich auf eine technologisch moderne und klimafreundliche Wirtschaft
ohne fossile Brennstoffe gerichtet, was zu begrüßen wäre. Tatsächlich wenden sich die Vorschläge
auf Energieunion aber gegen die Österreichische Energiepolitik und gegen die österreichische Anti-Atompolitik,
lassen eine Zentralisierungstendenz erkennen die dem Subsidiaritätsprinzip widerspreche, kritisierten die
BundesrätInnen mit Nachdruck. Die LändervertreterInnen wandten sich ebenso einhellig gegen die Genehmigung
staatlicher Beihilfen für das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C und unterstützten die Klage Österreichs
beim Europäischen Gerichtshof.
Konkret entnahmen die BundesrätInnen dem Papier der Kommission, dass Brüssel vor allem auf Sicherstellung
fossiler und atomarer Energieströme setze und auf Thematisierung der mit Kernenergie, Öl und Gas verbundenen
Probleme und Gefahren verzichte. Die EU plane Investitionen in die Atomenergie, kritisierten die Bundesräte
und formulierten: "Der Weg aus den fossilen Energieträgern darf nicht zur Aufwertung der Atomenergie
führen". An dieser Stelle mahnten die Bundesräte Kostenwahrheit ein und warfen der EU-Kommission
vor, sie würde zwar die Förderung erneuerbarer Energieformen problematisieren, habe aber offenbar kein
Problem mit der staatlichen Förderung der Atomenergie. Kritisch sahen die BundesrätInnen auch die positive
Darstellung nicht nachhaltiger Technologie wie CO2-Abtrennung und –Speicherung (CCS), sowie des Schiefergas-Frackings.
Zudem fehle der EU-Kommission eine Vision für den Ausbau erneuerbarer Energien über 2030 hinaus.
Erneuerbare Energieträger und Subsidiarität
Die Kommissionsvorschläge für die Energieunion bergen die Gefahr einer Behinderung der Förderung
erneuerbarer Energieträger. Sie lassen eine Einschränkung der Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Wahl
ihrer Energiequellen und Energieversorgung befürchten, hieß es in der Debatte immer wieder. Mit besonderer
Sorge registrierten die BundesrätInnen schließlich auch eine Zentralisierungstendenz im Vorschlag der
Kommission. "Der Energiemix ist Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats", hielt etwa der Obmann des EU-Ausschusses
des Bundesrates, Edgar Mayer (V/V), im Einklang mit Europäischen Rechtsgrundsätzen fest. Auch Hans-Jörg
Jennewein (F/W) hielt das EU-Papier für nicht vereinbar mit dem Subsidaritätsprinzip und unterstrich
die Energieautarkie durch Photovoltaik, Biogas und andere erneuerbare Energieträger als Ziel für Europa
und Österreich. "Österreich soll eine Vorreiterrolle in der erneuerbaren Energietechnologie übernehmen",
lautete die Forderung Gerald Zelinas (T/N), während sich Ana Blatnik (S/K) gegen jede Aufwertung der Kernenergie
wandte und Nicole Schreyer (G/T) ihre Position in dem Satz zusammenfasste: "Wir brauchen eine grüne Energie-Union".
Das Präsidium des Bundesrats in der zweiten Jahreshälfte 2015
Am Ende der Bundesratssitzung vom 03.06. wurden anlässlich des oberösterreichischen Vorsitzes im 2. Halbjahr
2015 – jeweils einstimmig - VizepräsidentInnen, SchriftführerInnen und OrdnerInnen gewählt. Erste
Vizepräsidentin bleibt Inge Posch-Gruska (S/N), zweiter Vizepräsident Harald Himmer (V/W). Die BundesrätInnen
Ana Blatnik (S/K), Josef Saller (V/S), Ewald Lindinger (S/O) und Anneliese Junker (V/T) wurden als SchriftführerInnen,
Ferdinand Tiefnig (V/O), Susanne Kurz (S/S), Gerd Krusche (F/S) und Nicole Schreyer (G/T) als OrdnerInnen gewählt.
Gottfried Kneifel löst als Präsident des Bundesrats mit Juli die Niederösterreicherin Sonja Zwazl
ab.
Aufgrund der Ergebnisse der Landtagswahl im Burgenland und in der Steiermark am 31. Mai 2015 ergeben sich Änderungen
in der Zusammensetzung des Bundesrates: Die Steiermark entsendet jeweils drei Mitglieder von SPÖ, ÖVP
und FPÖ (bisher SPÖ 4, ÖVP 4 und FPÖ 2). Damit ergibt sich eine Änderung der Verteilung
der derzeit insgesamt 61 Mandate: ÖVP 24, SPÖ 21, FPÖ 11, Grüne 4, Team Stronach 1.
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