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Abstraktion in Österreich. 1960 bis heute. |
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Von 10. Juni bis 6. September 2015 in der Albertina Das Sammeln aktueller Kunst war bereits ein wesentliches Anliegen für den Albertina-Gründer Herzog
Albert von Sachsen-Teschen (1738-1822), der sich vor allem in den beiden letzten Jahrzehnten seines Lebens auf
den Ankauf zeitgenössischer Künstler und die Förderung junger Talente konzentrierte. Die sogenannten
Maîtres Modernes nahmen schließlich rund ein Drittel seiner Zeichnungssammlung ein. Dass dieses lebendige
Fortwachsen der Sammlung bis in die Gegenwart mit der großzügigen Schenkung der Sammlung Ploner weiteren
Antrieb erfährt, ist eine überaus erfreuliche und glückliche Fügung. Dementsprechend enthält die Sammlung von ein und denselben Künstlern wie beispielsweise Erwin Bohatsch,
Gunter Damisch oder Hubert Scheibl sowohl Gemälde als auch hochkarätige Arbeiten auf Papier. Ihnen gemein
– sowie ein wesentliches Interesse des Sammlers Heinz Ploner – ist das Ausloten der Möglichkeiten von Zeichnung
und Malerei lange nach deren viel beschworenem Ende. Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und dem weitgehenden Fehlen abstrakter Tendenzen in der österreichischen Kunst der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts – der Wiener Kinetismus bleibt eine Randerscheinung – steht die sukzessive Abstraktion der menschlichen Figur am Anfang jener radikalen Entwicklung, die von Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky, Arnulf Rainer und Josef Mikl mit der 1956 gegründeten Gruppe Galerie St. Stephan – benannt nach der Galerie Monsignore Otto Mauers (1907–1973), dem entscheidenden Förderer der neuen Kunst – eingeleitet wird. Josef Mikl untersucht in seinen Aktzeichnungen Form und Aufbau des menschlichen Körpers sowie das Verhältnis von Gewicht und Lasten, Körper und Raum. Die Übersetzung und Transformation des naturalistischen Abbilds ist ebenfalls Inhalt der Arbeit von Jürgen Messensee, der die Figur fragmentiert und dabei einprägsame Chiffren und Abbreviaturen findet. Markus Prachensky kommt hingegen schon früh mit dem französischen Informel sowie mit der Malerei von Pierre Soulage in Kontakt und schafft gestische, expressive Werke. Hans Staudacher untersucht mit seiner spontan-kritzelnden Handschrift das Spannungsfeld zwischen Formwerdung und Formauflösung. Mit seiner pastosen, bewegten Malweise nimmt der erst kürzlich verstorbene Künstler Franz Grabmayr eine Sonderposition in der Ausstellung ein und gilt zugleich in den Achtzigerjahren als Vorbild der Malerei der so genannten Neuen Wilden Gunter Damisch, Erwin Bohatsch, Hubert Scheibl und Herbert Brandl. Mit ihren intensiven Farb- und Materialexperimenten thematisieren sie sowohl den Wechsel von Fläche und Bildtiefe als auch den gestischen Akt und das Prozesshafte des Zeichnens und Malens selbst. Die „Gründerväter“ der Abstraktion: Mikl, Hollegha, Staudacher So radikal sich Josef Mikl (1929–2008) auch von der Gegenständlichkeit entfernt, sein Ausgangspunkt bleibt stets der Mensch. Mikls Aktzeichnungen sind blockhaft abstrahiert, sein Thema sind nicht Oberflächen und Details, sondern Form und Aufbau des Körpers, Gewicht und Lasten, Verhältnis und Bewegung der Gliedmaßen sowie die Spannung zwischen Fläche und Raum. Mikls Interesse für Struktur und Tektonik gleicht dem eines Bildhauers, in seiner kubischen Formensprache mit Fritz Wotruba oder Andreas Urteil vergleichbar. Die farbintensive Malerei Wolfgang Holleghas (*1929) geht zwar ebenfalls vom realen Gegenstand aus, doch löst sich dieser zugunsten der Abstraktion vollkommen auf. Frei schwebende transparente Farbflecken umtanzen einander in gleichsam musikalischer Bewegung. Sie werden von Hollegha nicht mit dem Pinsel gemalt, sondern die Farbe wird geschüttet und verwischt, was seinen Arbeiten ihren dynamischen Gestus verleiht. Hans Staudacher (*1923) kommt in den 1950er-Jahren in Paris mit der écriture automatique der Surrealisten sowie mit dem Tachismus und Informel von Georges Mathieu und Wols – der europäischen Entsprechung von Jackson Pollocks action painting – in Berührung. Tuschzeichnungen aus jener Zeit zeigen die für Staudacher typische expressive, kritzelnde Handschrift. Neben dem Eruptiv-Prozesshaften interessiert Staudacher das Spannungsfeld zwischen Formwerdung und Formauflösung: Seine locker skizzierten Akte sind in der Bildfläche verspannt, doch die Linien lösen sich von der Formbeschreibung, rahmen und umtanzen die Modelle… |
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