Frauen & Porzellan – von 8. Juni - 17. Oktober im Porzellan Museum Augarten
Frauenbilder aus Porzellan, Frauen als Sammlerinnen von Porzellan und Porzellankünstlerinnen stehen im Mittelpunkt
der Sommerausstellung des Porzellan Museum Augarten.
Wien (augarten) - In der Frühzeit des Wiener Porzellans waren es vor allem Monarchinnen, die in Form
von Büsten, Medaillons oder figürlichen Plastiken dargestellt wurden. Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel,
die Gemahlin Kaiser Karls VI., ziert programmatisch eine ganze Reihe von Vasen und Flaschen aus der ersten Wiener
Manufaktur Du Paquier. Kaufrufe, Heilige oder Zwerginnen ergänzten das Repertoire. Mit Maria Theresia trat
die erste Besitzerin einer Porzellanmanufaktur auch stilbildend auf. Der style rocailfe mit seinen schwungvollen,
in Purpur staffierten plastischen Formen und die bunte Blumenmalerei gehen auf den vorherrschenden Geschmack der
junqen Landesf ürstin zurück. Ihre Liebe zu Maskeraden inspirierte die Tafelaufsätze mit Kauf rufen,
jenen Straßenverkäufer und Tandlerinnen aus dem Volk, die sich bei genauer Betrachtung als höfische
Gestalten in volkstümlicher Kleidung herausstellen, wie sie sich auf den "Wirtschaften" und anderen
Festlichkeiten des Kaiserhauses amüsierten.
Maria Theresia war entzückt, als sie 1744 die Porzellanmanufaktur des privaten Unternehmers Claudius lnnocentius
du Paquier übernahm. Umgehend stattete sie der Fabrique einen Besuch ab. in Begleitung ihres engsten Hofstaates.
Stoffmuster als Porzellandekor, Ohrtropfen und Objekte für den Toilettetisch zielten wohl vor allem auf weibliches
Publikum. wenngleich gerade das verspielte und farbenprächtige 18. Jahrhundert f lorale Motive, zierliche
Tabatieren, Bonbonnieren und Flakons selbstverständlich auch für Kavaliere vorsah. Nicht zuletzt waren
es vor allem Herren, die ihr Vermögen, oft auch das gesamte, aber auch Hab und Gut bis hin zu ihren besten
Soldaten für Porzellan hingaben, wie im Fall Auqusts des Starken, der 1717 mit König Friedrich Wilhelm
1. in Preußen 600 Kavaleristen gegen 151 chinesische Vasen tauschte. So weit wäre das Haus Habsburg
unter Kaiser Karl VI. nicht gegangen, doch fuhren zur gleichen Zeit Schiffe unter Habsburger Flagge nach China,
um Luxuswaren, darunter Porzellan, nach Europa zu bringen.
Im Klassizismus widmen sich die figuralen Tafelaufsätze den erhabenen Motiven der Mythologie. Nun sind es
Göttinnen und Nymphen, die das Weibliche vertreten, Venus und Psyche gehören zu den beliebtesten Vertreterinnen
des Olymp. Durch das reine Weiß des Biscuitporzellans erscheinen die Darstellungen entrückt und verklärt.
wenn auch dieseInterpretation antiker Vorbilder nicht auf gef ühlsbetonten Liebreiz verzichtet.
Genreszenen auf Bildtellern oder Tassen zeigen junge Mädchen oder Mütter im Zeitalter der Empfindsamkeit.
In den Salons des frühen 19. Jahrhunderts stehen Porzellanservice im Licht der Kunstsammlungen ihrer Besitzerinnen.
Porträts als Liebes- und Erinnerungsgaben, von der Biscuitbüste Kaiserin Elisabeths bis hin zum Handpor
trät der Tänzerin Fanny Elßler, bleiben bis zum Ende der Kaiserlichen Manufaktur im Jahr 1864 beliebt.
Mit dem Neubeginn des Wiener Porzellans, der Gründung der Manufaktur im Augarten im Jahr 1923, war ein neues
Zeitalter angebrochen. Wie zuvor, spiegeln auch jetzt Frauendarstellungen in Porzellan das Frauenbild der bestehenden
Gesellsc haft. Mit der Wiener Werkstätte und den Ausbildungsklassen an der Kunstgewerbeschule waren Frauen
nun in die Position der Gestalterinnen gerückt, wenn auch zunächst als "Keramikweiber" belächelt,
und veränderten somit die Wahrnehmung des Weiblichen: Eitel oder frech, sanft oder sportlich, mädchenhaft
oder verrucht. Ein neues Selbstbewusstsein setzt sich gegen die noch immer - auch in den Künsten - dominierende
Männergesellschaft langsam durch. Von Künstlerinnen entworfene und oft auch selbst ausgeführte Porzellane
nehmen an der legendären f xposition des arts decoratifs von 1925 in Paris teil und gewinnen Preise. DieMehrzahl
der figürlichen Objekte der Manufaktur Augarten stammen von weiblichen Entwerferinnen. Neben ihren Lehrern
wie Josef Hoffmann oder Michael Powolny erreichen beispielsweise Vally Wieselthier oder Ena Rottenberg bemerkenswerte
Erfolge, wenn auch in den folgenden Jahrzehnten nur wenige Künstlerinnen dem Vergessen entkommen konnten.
Die Kunstgewerbeschule war weiterhin ein Ort, an dem Frauen ausgebildet wurden. Bei Oswald Haerdtl studierte
Ursula Klasmann, die das Porzellan der 1950er Jahre prägte, ebenso Margarethe Rader Soulek. Der Bogen der
Porzellankünstlerinnen spannt sich bis ins Heute, Gundi Dietz schöpf t mit ihren charaktervollen Frauendarstellungen
aus der Fülle der subtil expressiven Möglichkeiten des Materials Porzellan.
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