LH Pröll: "Europa braucht wieder mehr Zuversicht"

 

erstellt am
15. 06. 15
11.00 MEZ

20. Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig eröffnet
Göttweig/St. Pölten (nlk) - "Stößt Europa an seine Grenzen? Zur Rolle Europas in der Welt" lautet das Thema des diesjährigen Europa-Forums Wachau, das am 13.06. im Stift Göttweig zum bereits 20. Mal eröffnet wurde. Im Zuge der Plenarveranstaltung kamen dabei im Anschluss an die Begrüßung durch Abt Mag. Columban Luser und durch die Präsidentin des Europa-Forums Wachau, Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Dr. Péter Szijjártó, Minister für Außenwirtschaft und auswärtige Angelegenheiten von Ungarn, Armin Thurnher, Herausgeber der Wochenzeitung Falter, DI Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Ing. Andrej Babis, Erster stellvertretender Premierminister und Minister für Finanzen der Tschechischen Republik, sowie Außenminister Sebastian Kurz zu Wort. Kurz übernahm außerdem die Verleihung des Europa-Staatspreises 2015. Moderiert wurde die Plenarveranstaltung auch heuer wieder von Prof. Paul Lendvai.

Landeshauptmann Pröll sagte, dass man seit 20 Jahren auf dem Göttweiger Berg zusammenkomme, "um am Dialog im Zusammenhang mit der Entwicklung unseres Europas teilzunehmen". Von diesem Ort, "eingebettet in die schönste Landschaft", gehe eine große Inspiration aus. Aus einer Idee sei eine Innovation geworden. So sei das Europa-Forum Wachau heute eine Tradition, wo man sich jährlich damit auseinandersetze "Wo steht unser heutiges Europa, wohin kann es am Weg nach vorne gehen?", so Pröll. "In diesen 20 Jahren hat sich unglaublich viel getan in Europa", sprach der Landeshauptmann von "großen Einschnitten in die europäische Entwicklung, einschneidenden Veränderungen und krisenhaften Erscheinungen". Mit dem Europa-Forum Wachau habe man das "Schritt für Schritt begleitet."

"Das Gesicht Europas hat sich verändert", erinnerte Pröll daran, dass sich die Zahl der Mitgliedsstaaten von 15 auf 28 erhöht habe. Für Niederösterreich habe das eine besondere Bedeutung, denn diese Region in Europa sei unmittelbar von der Erweiterung betroffen gewesen.

"Europäische Werte werden zunehmend auf dem Prüfstand zu überprüfen sein", so Pröll. Daher habe man das heurige Generalthema so gewählt, wo die Rolle Europas in der Welt liege. "Ob Europa tatsächlich an und wann es an seine Grenzen stößt, bestimmen wir gemeinsam. Wir müssen uns dazu zwingen, dass es uns gelingt, uns an das Wesentliche zu erinnern", so der Landeshauptmann.

"Europa muss die Flüchtlingsfrage klären", so Pröll. Österreich und Niederösterreich seien davon massiv betroffen. Es könne aber nicht gut gehen, wenn einige wenige Länder die komplette Last tragen müssten. "Europa hat nach wie vor einen wichtigen Friedensauftrag. Auch nach 70 Jahren ist dieser Frieden keine Selbstverständlichkeit", sprach Pröll davon, dass Nordafrika nicht zur Ruhe komme oder auch über den Ukraine-Konflikt. Es braucht ein "starkes und solidarisches Miteinander der Staaten". "Nur wenn Europa als Gesamtes an Sicherheit gewinnen kann, bedeutet das auch Sicherheit für die einzelnen Staaten", so Pröll. Europa müsse auf die Überholspur zurückfinden, im Bereich der Wirtschaftlichkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung.

"Europa braucht wieder mehr Zuversicht", so Pröll. Zu vieles sei auf Angst begründet, etwa Angst den Wohlstand zu verlieren, der über Jahrzehnte erarbeitet worden sei. Mit Angst sei die Zukunft aber nicht zu gewinnen und auch das Vertrauen der Menschen nicht zu gewinnen. "Europa hat die Aufgabe, Ängste zu nehmen und Zuversicht zu geben", so der Landeshauptmann, der betonte: "Das beste Mittel gegen Angst ist Mut zur kleinen Einheit. Geborgenheit im Kleinen erzeugt Solidarität im Großen." Europa müsse zulassen, regionale Identität zu erleben und zu forcieren. "Der Mensch braucht Halt, Heimat und Geborgenheit". Die Regionen sind am besten geeignet die Sehnsüchte der Menschen zu erfüllen", so Pröll. Die Regionen müssten aber auch in europäischen Dimensionen denken und sich voll und ganz einbringen, Niederösterreich beherzige diesen Grundsatz. "Für uns war und ist Europa eine Frage des Nehmens und Gebens", so Pröll. Niederösterreich habe durch die Europäische Union, den Fall des Eisernen Vorhangs und die Erweiterung eine vollkommen neue Ausgangssituation erreicht und seine Chancen genutzt.

Pröll sagte "Danke", auch an Alois Mock, mit dem er damals das Europa-Forum Wachau initiiert habe, an alle Außenminister, die gemeinsam daran gearbeitet hätten, an Paul Lendvai "für die umsichtige Begleitung" und an alle, die "im Laufe der 20 Jahre hergekommen sind, sich eingebracht haben und die europäische Idee durch ihre Diskussionsteilnahme hochgehalten und gestärkt haben. Der Landeshauptmann wünschte für das diesjährige Europa-Forum Wachau alles Gute und, "dass wir damit unser gemeinsames Europa um ein Stückchen weiter bringen".

In ihren Begrüßungsworten sagte die Präsidentin des Europa-Forums Wachau, Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, dass die Tatsache, dass viele Schülerinnen und Schüler heute hier seien, ein "wichtiges Signal, dass sich junge Menschen mit der Europäischen Union auseinandersetzen", sei. "In den 20 Jahren haben wir immer wieder diskutiert. Wir sind immer wieder vor gesellschaftlichen Herausforderungen gestanden", so Schwarz. Diese habe die Europäische Union "mit Bravour" gelöst und sei wieder einen Schritt weitergegangen. "Im heurigen Jahr stehen wir vor vielen neuen Herausforderungen", sprach Schwarz das "endlose Verhandeln mit Griechenland" und die Flüchtlingsströme an. Bei all dem müsse man sich "an die Wurzeln der Europäischen Union erinnern, an die Idee und Vision der Gründungsväter", so Schwarz.

Außenminister Sebastian Kurz betonte, dass das Jahr 2015 ein Jahr der Jubiläen sei: "200 Jahre Wiener Kongress, 70 Jahre Kriegsende und 60 Jahre Staatsvertrag." Man könne ganz selbstbewusst sagen, dass man von der Entscheidung Europäische Union profitiert habe. "Es sind schwierige Zeiten", sprach der Außenminister "das Aufkeimen von Nationalen, Vetodrohungen und einen anderen Geist der Zusammenarbeit" an. Man müsse Innovationen zulassen, Regulierung dürfe nicht die einzige Antwort auf Innovation sein. Die Europäische Union sei "nur dann erfolgreich, wenn sie sich ständig weiter weiterentwickelt und Probleme löst", so Kurz. Dafür brauche es durchaus "pragmatische Lösungsansätze". "Ich bin überzeugt, dass dann Europa nicht an seine Grenzen stößt und auf die anstehenden Herausforderungen die passenden Lösungen findet", so Kurz.

Armin Thurnher, Herausgeber der Wochenzeitung Falter, sprach in seiner Rede zu den europäischen Medien und davon, dass die Menschen in mehreren Welten gleichzeitig lebten. "Medien schaffen Öffentlichkeit", so Thurnher, sie würden Emotionen wecken und eine Gesellschaft lenken. Das Medienproblem stelle sich neu. "Europa braucht eine eigene Position in Medienfragen", so der Journalist.

Dr. Péter Szijjártó, Minister für Außenwirtschaft und auswärtige Angelegenheiten von Ungarn, sagte, dass Ungarn letztes Jahr seit zehn Jahren in der Europäischen Union war. Es habe sich seither viel verändert - politisch, wirtschaftlich und verteidigungsmäßig. Man habe Ungarn in den vergangenen Jahren erneuert, beispielsweise ein neues Bildungs- und Sozialsystem eingeführt. Ungarn habe sehr viel Glück gehabt und sei nun ein Motor für die Europäische Union. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges sei Europa noch nie vor so vielen Herausforderungen wie jetzt gestanden. Was den Migrationsdruck betreffe seien drei Dinge notwendig: "Frieden, wirtschaftliche Stabilität und ein funktionsfähiger Staat Libyen". Es müsse dafür gesorgt werden, dass die Menschen dort nicht mehr gezwungen seien, ihre Heimat zu verlassen, so der ungarische Minister.

DI Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament sagte: "Ich bin die erste Generation, die auf einem kompletten Kontinent in Frieden und Freiheit lebt." Bei seinem Vater sei das noch nicht so gewesen, denn da sei der Kontinent durch den Eisernen Vorhang getrennt gewesen. Europa könne stolz darauf sein, was es erreicht habe. "Europa sollte sich mehr zutrauen", so Weber. Er betonte, dass Europa genug Herausforderungen habe, die gelöst werden müssten, bevor neue Mitgliedsstaaten aufgenommen werden könnten. "Mut haben, anpacken und uns Themen zuwenden. Wir müssen den Mut haben, europäisch zu denken", so Weber.

Ing. Andrej Babis, Erster stellvertretender Premierminister und Minister für Finanzen der Tschechischen Republik, betonte, dass er ein sehr starker Unterstützer der Europäischen Union sei. "Die Europäische Union ist für uns von großem Vorteil", so Babis. Er gab aber zu bedenken, dass diese ständig dabei sei, "etwas festzulegen und wieder neu zu beraten". "Die EU benimmt sich wie ein Feuerwehrmann, der schnell das Feuer löscht", so Babsi. Sie kümmere sich aber nicht um langfristige Vermeidung. "Es fehlt eine Mission, es fehlen klare globale Ziele", so Babis. Immer mehr Bürger würden nicht wissen, "in welche Richtung die EU steuert und was sie erreichen möchte".

Im Rahmen der Plenarveranstaltung wurde heuer erstmals in drei Kategorien der vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres initiierte Europa-Staatspreis für außergewöhnliches Engagement von Bürgerinnen und Bürgern sowie Organisationen zur Förderung des Europa-Bewusstseins und Europaverständnisses durch Außenminister Sebastian Kurz vergeben. Die Preise gingen in der Kategorie "Zivilgesellschaft" an das Projekt "Rückenwind" der Arbeiterkammer Tirol, in der Kategorie "Europaberichterstattung "an die Tageszeitung "Die Presse" für ihr EU-Ressort, mit dem sie seit 17 Jahren täglich über die EU berichtet, und in der Kategorie "Jugend" an die Initiative "eu2014.at".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.europaforum.at/

 

 

 

 

 

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