Kurz:
"Müssen Systeme ändern"
Außenminister kritisiert in der "Krone" Familienbeihilfe-Zahlungen ins
Ausland – Es geht nicht um Sozialmissbrauch
Wien (bmeia/apa) - Außenminister Sebastian Kurz hat im Gespräch mit der APA betont, dass es bei
seinem Vorstoß nach britischem Vorbild nicht um Sozialmissbrauch gehe, sondern eine Änderung der Sozialsysteme.
Hier brauche es Nachschärfungen. "Die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU ist ein wichtiges Gut und
muss unbedingt bewahrt werden. Niederlassungsfreiheit heißt aber nicht, sich das beste Sozialsystem auszusuchen",
so Kurz. Eines der Probleme, das Großbritannien hier angesprochen habe und auch in Österreich bestehe,
sei die Auszahlung der Familienbeihilfe ins Ausland. Österreich überweise jährlich 150 Mio. Euro
an Familienbeihilfe ins Ausland. So würden zum Beispiel für zwei Kinder eines Rumänen, der in Österreich
arbeitet, dessen Kinder aber in Rumänien leben, rund 300 Euro monatlich überwiesen. "Das entspricht
fast dem rumänischen Durchschnittseinkommen."
Hier seien die Sozialsysteme und Einkommensverhältnisse in der EU höchst unterschiedlich. Das sei nicht
nur eine Herausforderung für unsere Systeme, sondern führe zu einer "massiven Verzerrung in vielen
Ländern, in denen diese Beihilfen fließen". "Ich halte daher sehr viel von den britischen
Vorschlägen, dieses System zu überdenken und zum Beispiel die Familienbeihilfe zu valorisieren und an
das ortsübliche Niveau in den jeweiligen Staaten anzugleichen."
Anspruch auf die Familienbeihilfe hat jemand, der mindestens die Hälfte des Jahres in einem anderen EU-Land
arbeitet und Kinder in seinem Herkunftsland hat. Kurz betonte aber, dass es hier nicht um Sozialmissbrauch durch
EU-Bürger gehe, man habe in Gegenteil Systeme geschaffen, die von den EU-Bürgern legal genutzt werden.
"Insofern braucht es eine Änderung der Systeme", sagte der Minister.
Nach der Mindestsicherung nimmt er nun in der "Krone" (Sonntagausgabe) die Familienbeihilfe ins Visier.
"Die EU ist gefordert, bei der Familienbeihilfe sofort Reformen umzusetzen", so Kurz.
Basis für diese Forderung ist eine parlamentarische Anfrage an das Finanzministerium über Familienbeihilfe,
die Österreich in andere EU-Länder verschickt hat, weil Elternteile in Österreich arbeiten oder
bei uns gearbeitet haben. Demnach gingen allein 2013 mehr als 65 Millionen Euro nach Ungarn, weitere 13,2 Millionen
nach Slowenien, 48 Millionen in die Slowakei und 31 Millionen nach Polen. Nach Rumänien flossen 11,3 Millionen
Euro, das ist eine Steigerung um 260 Prozent gegenüber 2010. "Österreich überweist für
zwei Kinder unter zehn Jahren 300 Euro. Die rumänische Familienbeihilfe macht nur 30 Euro aus", will
Kurz Sofortmaßnahmen: "Wir sehen das wie die Briten: Großbritannien will Reformen innerhalb der
EU, und das muss jetzt rasch gelingen."
Bei der Steigerung der Familienbeihilfe-Zahlungen ins Ausland von 150 Millionen (2010) auf 206 Millionen Euro (2013)
sei auch anzunehmen, dass viele Betrugsfälle bisher unentdeckt geblieben sind. Enorme Steigerungen bei Überweisungen
in bestimmte Länder können diesen Verdacht jedenfalls nicht entkräften: So explodierten die Zahlungen
von Österreich nach Bulgarien in nur drei Jahren um 365 Prozent auf jetzt 530.000 Euro.
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Frauenberger: Umfassende Integrationsstrategie statt billigem Populismus
Wien (spw) - "Gute Integrationsarbeit darf Wahlkampf nicht zum Opfer fallen", zeigte sich die
Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger über die Aussagen der beiden ÖVP-Politiker Kurz
und Juraczka enttäuscht. "Entgegen anderer Parteien begegnet die Wiener SPÖ dem Thema Integration
stets ohne Populismus und versucht offensichtlich als einzige Partei die Versachlichung voranzutreiben." In
Wien, so Frauenberger weiter, sei man sich bewusst, dass man sich in Sachen Integration nicht von rechter Seite
hetzen lassen dürfe, sondern auf die gemeinsame Zukunft aller setzen müsse. Aus diesem Grund arbeite
man unter anderem im Forum wien.welt.offen gemeinsam mit ÖVP Wien und Grünen zum Thema.
"Wien verfolgt eine ganzheitliche Strategie, denn gute Integrationsarbeit muss von Wohnen bis Bildung reichen.
Bisher dachte ich, dass sich dessen auch Minister Kurz bewusst ist", so Frauenberger in einer kurzen Replik.
Mit Ängsten und Sorgen dürfe nicht gespielt werden, im Gegenteil, sie müssen Ernst genommen werden:
"Hin und wieder ein Lerncafe eröffnen und Wien dafür kritisieren, seit Jahren wirkliche Integrationsarbeit
zu machen, bringt dabei aber niemanden etwas", verweist Frauenberger auf die Tatsache, dass die Stadt Wien
zum Beispiel mehr finanzielle Mittel für die Förderung von Deutschkenntnissen zur Verfügung stellt,
als Minister Kurz für das gesamte Bundesgebiet.
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Kitzmüller/Kickl: Kurz schwenkt in Familienbeihilfe-Frage auf FPÖ-Linie
um
Zieht die ÖVP im Parlament mit? – Österreichs Familien müssen Vorrang haben
Wien (fpd) - 206 Millionen Euro flossen im Jahr 2013 aus dem Topf der Familienbeihilfe ins Ausland. Das
ist eine Steigerung im Vergleich zum Jahr 2010 um 56 Millionen Euro. "Das ist ein unhaltbarer Zustand. Während
unzähligen österreichischen Familien das Wasser bis zum Hals steht, werden Abermillionen ins Ausland
überwiesen", fordert FPÖ- Familiensprecherin NAbg. Anneliese Kitzmüller einen sofortigen Stopp
der Transferleistungen ins Ausland und weist zugleich daraufhin, dass Anträge dieses Inhalts von der FPÖ
bereits seit fünf Jahren im Parlament gestellt wurden - und immer mit den Stimmen der ÖVP abgelehnt wurden.
"Wir werden diesen Antrag daher bei nächster Gelegenheit wieder einbringen und so die Probe aufs Exempel
machen, ob die Worte von Minister Kurz in der ÖVP Gewicht haben haben oder ob er von seiner Partei nur als
Showpolitiker akzeptiert wird", erklärt FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl mit Blick auf des
Integrationsministers gestrige Ankündigung. In typischer EU-Hörigkeit wolle sich Kurz mit dem Problem
nach Brüssel wenden. "Dort wird man eher keinen Handlungsbedarf erkennen, wenn Österreichs Regierungsparteien
im eigenen Parlament permanent gegen die Streichung der Überweisung von Familienbeihilfe ins Ausland stimmen",
so Kickl.
Österreichische Familien hätten vielfach mit finanziellen Herausforderungen zu kämpfen. Gleichzeitig
würden wir jährlich 206 Millionen Euro an Familienbeihilfe ins Ausland überweisen, für Kinder,
die Österreich noch nie gesehen haben. "Dieser Sozialtourismus muss abgeschafft werden. Österreich
hat für seine eigenen Familien zu sorgen", erinnert Kitzmüller daran, dass viele Familien vor erheblichen
finanziellen Herausforderungen stehen. Sie erwartet nun auch klare Worte von der zuständigen Familienministerin:
"Sophie Karmasin hätte längst auf diese Missstände hinweisen müssen. Offenkundig scheint
ihr nicht klar zu sein, dass sie in allererster Linie Österreichs Familien verpflichtet ist", kritisiert
Kitzmüller und fragt sich: "Was wird uns Österreichern noch alles aufgebürdet? Zigtausende
Asylanten und Familienbeihilfe für Fremde lassen den Eindruck entstehen, dass die Bundesregierung sich als
Sozialamt der Welt versteht."
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Lunacek: Hören Sie auf Cameron in die Hände zu arbeiten
EP-Vizepräsidentin warnt vor Einknicken gegenüber Großbritannien und kritisiert
Anti-EU Position der ÖVP
Wien (grüne) - "Kurz' Forderung hat einen doppelten bitteren Beigeschmack. Nicht nur, dass der
österreichische Außenminister mit solchen Anti-EU-Positionen die sowieso schon breite europaskeptische
bis europafeindliche Stimmung in unserem Land verschärft, spielt er auch noch den 'Extrawurst-Briten' mit
ihrem Dauererpressungsgehabe direkt in die Hände. Hören Sie auf den Briten in die Hände zu arbeiten",
fordert die Grüne Vizepräsidentin im EU-Parlament, Ulrike Lunacek, Kurz auf, seine Position zu revidieren.
Der österreichische Außenminister kündigte an, den Vorstoß der Briten zur Verschärfung
der Familienbeihilfe zu unterstützen - was eine der vier Errungenschaften des gemeinsamen Europa, die Personenfreizügigkeit,
völlig untergrabe. Geht es nach Kurz, sollen Sozialleistungen für Zuwanderer eingeschränkt werden,
obwohl diese im jeweiligen Land Steuern entrichten.
"Europa muss in Zeiten wie diesen weiter zusammenrücken und solidarisch zusammenstehen. Ein Auseinanderdriften
und Hochziehen von bereits abgebauten Grenzen sind eine Bedrohung für das gesamte Projekt. Von einer pro-europäischen
Partei, wie es die ÖVP immer suggeriert zu sein, erwarte ich mir hier eine deutlich andere Politik",
schließt Lunacek.
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