EU-Ausschuss der Länderkammer beschließt Mitteilung an die EU-Kommission
Wien (pk) – Die EU-Kommission muss bei der Vorbereitung von delegierten Rechtsakten Expertenausschüsse
mit VertreterInnen der Mitgliedstaaten vorsehen, welchen dann eine entsprechende innerstaatliche Koordinierung
folgen kann, bekräftigte der EU-Ausschuss des Bundesrats am 11.06. in einer von ÖVP, SPÖ und Grünen
mehrheitlich angenommenen Mitteilung an die EU-Kommission seine Meinung zu dieser Frage.
Bereits im Jahr 2013 haben die LändervertreterInnen in einer Mitteilung ihre schwerwiegenden Bedenken gegenüber
der diesbezüglichen Praxis geäußert, weil diese die Mitwirkungsrechte der Mitgliedstaaten an der
europäischen Gesetzgebung aushöhlen. Delegierte Rechtsakte werden aufgrund von europäischen Gesetzen
von der EU-Kommission erlassen, wobei es in vielen Fällen nicht nur um (verwaltungs-)technische Fragen geht,
die rascher und flexibler geändert können werden sollen, sondern in zunehmendem Ausmaß auch inhaltliche
Vorschriften davon betroffen sind, wo ExpertInnen der Mitgliedstaaten erforderlich scheinen, weil sich so manche
Aspekte sehr unterschiedlich auswirken können. Außerdem nahm diese Art der Gesetzgebung in den letzten
Jahren überhand. Das stieß bei den Mitgliedstaaten zunehmend auf Kritik.
Nachdem nun die Kommission Entgegenkommen signalisiert und konkrete Vorschläge für eine Änderung
der Vorgangsweise unterbreitet hat, wollte der Ausschuss seine Positionen nochmals darlegen und hat daher die Beratungen
vom 6. Mai zu diesem Thema wieder aufgenommen.
Neuer Umgang mit delegierten Rechtsakten
Laut vorliegendem EU-Dokument ist die EU-Kommission nun bereit, in die Ausarbeitung von delegierten Rechtsakten
nationale ExpertInnen systematisch einzubinden, die Entwürfe zu veröffentlichen und öffentliche
Konsultationen bei breiter Betroffenheit der Öffentlichkeit durchzuführen. In der inzwischen überarbeitete
Fassung des "Common Understanding" hinsichtlich der delegierten Rechtsakte, die am 19. Mai vorgelegt
wurde, ist diese Zusage auch verankert. Es fehlt im Entwurf allerdings die Selbstverpflichtung der Kommission zur
Einrichtung eines öffentlichen Registers für delegierte Rechtsakte, obwohl dies im Interesse des Rats
liegt und auch vom Europäischen Parlament gefordert wird. Neu in der genannten vorgeschlagenen Vereinbarung
ist ein Abschnitt mit Kriterien zur Abgrenzung der delegierten Rechtsakte von den Durchführungsrechtsakten.
Wie die Expertin des Außenministeriums erläuterte, soll laut neuestem Stand die Einbindung der Mitgliedstaaten
in vier Schritten erfolgen. In der vorbereitenden Phase sind Gespräche mit InteressensvertreterInnen und ExpertInnen
sowie eine Folgenabschätzung geplant. Danach sollen die ExpertInnen aller Mitgliedstaaten in die konkrete
Ausarbeitung des Rechtsakts einbezogen werden und über diese Beratungen soll auch ein Sitzungsbericht erfolgen.
Sollte sich der Entwurf ändern, ist vorgesehen, die ExpertInnen nochmals zu hören. In einem dritten Schritt
erfolgt dann die öffentliche Konsultation, die für vier Wochen angesetzt ist. Schließlich legt
das Papier fest, dass Rat und Europäisches Parlament rechtzeitig und gleichzeitig alle Dokumente erhalten,
die somit auch an die nationalen Parlamente gehen.
EU-Ausschuss drängt einmal mehr auf mehr Transparenz und Mitsprache
In der heute beschlossenen Mitteilung begrüßt der Ausschuss die Diskussion und Bemühungen in Richtung
Transparenz und verstärkter Legitimation von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten, weist
aber erneut darauf hin, dass die Häufigkeit der Anwendung überdacht und vor allem begründet werden
muss. In diesem Zusammenhang fordern die Bundesrätinnen und Bundesräte nicht nur die Einrichtung eines
öffentlichen Registers für delegierte Rechtsakte, sondern auch den frühen Zugang der nationalen
Parlamente zu Entwürfen, um dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung zu tragen.
Vorsichtig positive Beurteilung
Stefan Schennach (S/W) und Marco Schreuder (G/W) äußerten sich zu den Vorschlägen der Kommission
vorsichtig positiv. "Wir müssen weiter wachsam sein", sagte etwa Schennach, denn die delegierten
Rechtsakte stellen eine Form der Rechtsetzung dar, die so nicht gedacht war. Auch Schreuder zeigte sich skeptisch,
ob das tatsächlich so funktionieren wird. Sollte sich nichts verbessern, werde man die Rechtsgrundlagen ändern
müssen, hielt er fest. Beide räumten ein, dass man derzeit nicht sagen könne, ob sich die Häufigkeit
der delegierten Rechtsakte reduzieren wird.
Dennoch stelle der Entwurf der Kommission einen positiven Schritt mit kleinen Absicherungen dar, reagierte Schennach
auf die negative Stellungnahme seitens des Vertreters der Kärntner Landesregierung. Dieser hatte kritisiert,
dass es beim bloßen Anhörungsrecht bleibe und der Entwurf für die neue Vereinbarung so angelegt
sei, dass die Kommission möglichst viele delegierte Rechtsakte erlassen kann. "Dabei geht es um die demokratische
Legitimation", warnte er. Dieser kritischen Sicht schloss sich Christoph Längle (F/V) vollinhaltlich
an, weshalb er die Mitteilung des Ausschusses auch nicht mittrug.
Keine guten Vorzeichen für die Energieunion und TTIP
Am Beginn der Sitzung berichtete Stefan Schennach (S/W) von der letzten Sitzung der COSAC (Konferenz der EU-Ausschüsse
der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments), wobei er große Sorge zu zwei Punkten äußerte.
Wie schon vielfach evident wurde, stellte sich auch bei dieser Sitzung heraus, dass Österreich mit seiner
Ablehnung der Atomenergie ziemlich alleine dasteht. Die Europäische Energieunion werde ein schwerer politischer
Brocken, formulierte Schennach, es finde sich zwar nie das Wort "Atom" in den Dokumenten, diese werde
aber immer als Bestandteil der CO2-armen Energie gesehen. Kostenwahrheit werde einzig und allein bei den erneuerbaren
Energieformen eingefordert, nicht aber bei Atom, Kohle und anderen fossilen Energieträgern. Damit wäre
das österreichische Fördersystem ruiniert, gab er mit Sorge zu bedenken und wies darauf hin, dass die
Kommission dafür wenig Verständnis zeige.
Harte Kritik übte Schennach auch an Kommissarin Cecilia Malmström, die die Forderung der Mitgliedstaaten,
das fertige TTIP-Abkommen als gemischtes Abkommen anzusehen und es in den nationalen Parlamenten zu ratifizieren,
mit der Bemerkung entgegentrat, wenn TTIP fertig ist, würden diese Frage die Juristen entscheiden. Malmström
ignoriere offensichtlich, dass es sich dabei um eine politische Entscheidung handelt, sagte Schennach, daher werde
es letztendlich auf den Rat der EU ankommen.
Der SPÖ-Bundesrat konnte aber auch Positives berichten. Die Mitwirkung der nationalen Parlamente bei der EU-Gesetzgebung
soll ausgeweitet werden. Angedacht ist, diesen durch die Einführung einer sogenannten Grünen Karte eine
aktivere Rolle einzuräumen.
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