Innsbruck/Bozen (lpa) - Kann die direkte Demokratie die Europaregion weiterbringen und welche rechtlichen Möglichkeiten
demokratischer Innovation und Partizipation gibt es? Über diese Fragen debattierten im Bozner Palais Widmann
am 19.06. Politik- und Rechtswissenschaftler der Universitäten Innsbruck und Trient sowie der EURAC im Rahmen
einer Euregio-Rechtstagung.
Aktive Bürgerbeteiligung und Partizipation in politischen Entscheidungsprozessen stärken und beleben
Demokratien in Zeiten abnehmender Wahlbeteiligung. Welche Formen der Zusammenarbeit aus rechtlicher Sicht möglich
sind, das haben der EVTZ "Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino", die Euroregionale Vereinigung für
Vergleichendes Öffentliches Recht und Europarecht sowie das Innsbrucker Institut für Föderalismus
heute auf einer Fachtagung im Palais Widmann im Beisein von Landeshauptmann Arno Kompatscher und dem Trentiner
Landesrat Carlo Daldoss ausgelotet.
Landeshauptmann Kompatscher bekannte sich zum Auftakt der Veranstaltung klar zu Bürgerbeteiligung und Partizipation:
"Wenn wir eine glaubwürdige Bürgerbeteiligung wollen, dürfen wir keine Angst vor der Bürgermeinung
haben." Auch für die Europaregion sei die Beteiligung der Bürger grundlegend. Der rechtliche Rahmen
sei mit der EVTZ geschaffen worden, nun müsse er ausgefüllt werden. "Die Europaregion Tirol lebt,
indem wir sie leben. Deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen
mitgestalten, um so den Nährboden für eine starke Gemeinschaft zu schaffen", so der Landeshauptmann,
"Entscheidungen die man gemeinsam getroffen hat, entfalten schließlich die verbindlichste Wirkung."
Am Vormittag verglichen Experten - darunter Peter Bußjäger, Anna Gamper, Esther Happacher und Günther
Pallaver von der Universität Innsbruck sowie Fulvio Cortese und Marco Brunazzo von der Universität Trient
- das bestehende Instrumentarium unmittelbarer Bürgerbeteiligung in Tirol, Südtirol und dem Trentino
mit dem Ergebnis: Trotz mancher Unterschiede im Detail gibt es große Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern
und es gibt auch neue Chancen.
"Grenzüberschreitende Bürgerbeteiligung ist einerseits dort möglich, wo Instrumente der direkten
Demokratie nicht an eine bestimmte Staatsbürgerschaft geknüpft sind und allen EU-Bürgern offenstehen.
Andererseits besteht die Möglichkeit, den Bürgern der einzelnen Teilregionen gemeinsame Themen in parallel
organisierten Plebisziten vorzulegen", fasste Anna Gamper von der Uni Innsbruck und Präsidentin der Euroregionalen
Vereinigung für vergleichendes öffentliches Recht und Europarecht die Ergebnisse des Vormittages zusammen.
Der Nachmittag gehört den Nachwuchsforschern aus der Europaregion. Sie nehmen die Potentiale der direkten
Demokratie unter die Lupe. Beim abschließenden Runden-Tisch-Gespräch werden der Trentiner Landesrat
Carlo Daldoss, Bozens Generaldirektor Helmuth Moroder und Josef Hörmandinger von der Landtagsdirektion Salzburg
die Rolle der Gemeinden im Bereich der partizipativen Demokratie durchleuchten.
"Die Instrumente direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung sind vielfältig und eröffnen neue
Zugänge im Verhältnis zwischen Politik und Bürgern. Vor allem die Länder und Gemeinden können
davon profitieren. Wenn die Instrumente in der Praxis gelebt werden können sie zur Identitätsbildung
in der Europaregion Wesentliches beitragen", resümiert Peter Bußjäger von der Universität
Innsbruck und Direktor des Instituts für Föderalismus die Ergebnisse des Round Table.
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