Von 19. Juni bis 13. September 2015 im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Innsbruck (tlm) - Michael Strasser wurde 2014 mit dem Kunstpreis der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG ausgezeichnet.
Der Preis wird alle zwei Jahre an Tiroler KünstlerInnen vergeben. Damit verbunden ist jeweils eine Ausstellung
im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Für seine Schau „Die Freiheit“ hat sich Strasser intensiv mit der außergewöhnlichen
Malerin Angelika Kauffmann auseinandergesetzt. Er bedient sich am Werk der Künstlerin und berührt damit
wesentliche Genderfragen in der Kunstgeschichte. Darüber hinaus beschäftigt sich Strasser mit den architektonischen
Begebenheiten des Ferdinandeum. Die Ausstellung eröffnet einen spannenden Diskurs zu Fragen wie künstlerische
Freiheit, Original und Fälschung.
„Michael Strasser gehört zu den herausragenden jungen Tiroler Künstlern unserer Zeit. Ich freue mich
sehr, dass er als Träger des Kunstpreises der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG mit einer Ausstellung im Ferdinandeum
präsent ist“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. Und fährt fort:
„Michael Strasser markiert mit seinen Interventionen Fehlstellen und blinde Flecken in der Kunstgeschichte und
hält uns dazu an, uns mit diesen auseinanderzusetzen.“ Strasser bespielt im Ferdinandeum zwei Ausstellungsräume,
die sich über zwei Ebenen erstrecken. Beim Wechsel vom unteren Raum in den oberen eröffnet sich für
die BesucherInnen der Blick auf die Barock-Sammlung des Museums. Strasser reagiert auf diese architektonische Situation
mit einer weißen, vertikal eingezogenen Mauer. Wie ein Keil greift sie in die bestehende Architektur ein
und fungiert als Zitat des klassischen White Cube. Außerdem funktioniert die temporäre, räumliche
Intervention als Klammer zwischen der zeitgenössischen Kunst und früheren kunstgeschichtlichen Epochen.
Die beiden Ausstellungsräume taucht Strasser, in Anlehnung an die gängige Museumspraxis, in klassische
Blau- und Grüntöne.
Angelika Kauffmann – Wegweisende Künstlerin des 18. Jahrhunderts
Angelika Kauffmann verfügte für eine Frau im 18. Jahrhundert über außergewöhnlich
viel Selbstbewusstsein. 1741 in Chur geboren wurde Kauffmann von ihrem Vater bereits früh gefördert und
zu einer Karriere als Malerin ermutigt. Sie lebte mitunter in Rom, ihr Haus und Atelier waren angesehene Treffpunkte
für Künstler und Schriftsteller. Zahlreiche namhafte Kunstschaffende, u. a. Johann Wolfgang von Goethe,
zählten zum Freundeskreis der Malerin. In ihren Selbstportraits zeigte sie sich u. a. mit der Partitur eines
von ihr komponierten Stücks und setzte sich damit erfolgreich gegen ein männerdominiertes Rollenbild
zur Wehr.
Die Freiheit
Der Titel der Ausstellung „Die Freiheit“ bezieht sich indirekt auf Angelika Kauffmann. Er geht auf den von Iphigenie
gesprochenen Satz „Gefährlich ist die Freiheit, die ich gebe“ in Johann Wolfgang von Goethes Schauspiel „Iphigenie
auf Tauris“ zurück. Goethe las daraus 1787 im Haus von Angelika Kauffmann in Rom. Aus Begeisterung für
das Stück fertigte Kauffmann Illustrationen dazu an. „Der Titel der Schau markiert aber auch die künstlerische
Freiheit, die sich Strasser in der Auseinandersetzung mit Werken aus den kunsthistorischen Sammlungen der Tiroler
Landesmuseen genommen hat“, betont Dr. Günther Dankl, Kurator der Ausstellung und Kustos der Kunstgeschichtlichen
Sammlungen ab 1900 & Graphischen Sammlungen der Tiroler Landesmuseen. Das Zitat findet sich in der Ausstellung
wieder. In einer an Vandalismus grenzenden Geste hat Strasser den Satz in weißen Lettern direkt auf die Kopie
eines Selbstportraits von Angelika Kauffmann „geschmiert“ und lässt ihn auf der Museumswand weiterlaufen.
Angelica redux
Strasser ließ mehrere Kopien der Selbstportraits von Angelika Kauffmann anfertigen, die ihm als Material
für sein Spiel zwischen Original und Fälschung dienen. Für seine Serie „Angelica redux“ hat der
Künstler Plakatdrucke partiell mit weißer Ölfarbe übermalt. An den übermalten Stellen
wird das Portrait der Künstlerin ausgelöscht, auf der Rückseite, wo das Papier das Öl der Farbe
aufgesogen hat, kommt es allerdings wieder zum Vorschein. Die Malerei als Technik ist dem aus der Fotografie kommenden
Künstler fremd. In seinem Video „Angelica and I“ dokumentiert Strasser sein Spiel mit dem Scheitern am Gemalten
und fordert die Grenzen seiner eigenen künstlerischen Praxis heraus. Er kritisiert mit diesem Übermalen
von Angelika Kauffmann die männerdominierte Kunstgeschichtsschreibung und lässt Genderfragen in seine
Schau einfließen.
Staged und Offstage
Die Fotoarbeiten „Staged“ und „Offstage“ geben einen Einblick in die Kernaufgaben des Museums – nämlich das
Sammeln, Bewahren und Ausstellen. Strasser hat Kauffmanns Ölgemälde in den Ausstellungsräumen, im
Depot und der Restaurierungswerkstatt fotografisch dokumentiert und die Fotos anschließend mit zahlreichen
Irritationsmomenten versehen. Er kombiniert Farb- und Schwarzweißfotografie. Mithilfe handkolorierter Markierungen,
wie zum Beispiel einer rosa Masche auf Kauffmanns Dekolletee, lenkt er den Blick auf Details in den Bildern. Er
verdeutlicht so auch das Zusammentreffen unterschiedlicher kunsthistorischer Epochen.
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