Konträre Analysen, Forderungen bis zum Rücktritt der Regierung Mehrheit im Nationalrat
für EU-Asylquote – Misstrauensantrag der Grünen gegen Mikl-Leitner abgelehnt
Wien (pk) - "400.000 Arbeitslose, Sozialsystem nicht finanzierbar – Schutz für Verfolgte, aber
kein Platz für Wirtschaftsflüchtlinge" – unter diesem – in der Debatte heftig umstrittenen - Titel
hielt der Nationalrat eingangs seiner Sitzung vom 17.06. auf Vorschlag des Team Stronach eine Aktuelle Stunde ab.
In einer teilweise emotionalen Debatte wurden die Probleme diskutiert, die der stark steigende Flüchtlingsstrom
aus Kriegs- und Krisengebieten im Nahen Osten und in Afrika in Österreich und in Europa auslösen. Diskutiert
wurde über die Unterscheidung zwischen Asylwerbern und Wirtschaftsflüchtlingen, über Maßnahmen
gegen Schlepperei und illegale Zuwanderung, über die Unterbringung der Menschen, ihren Zugang zum Arbeitsmarkt
und über die Rückführung von Menschen, die kein Asylrecht in Österreich haben.
Dietrich: Asylrecht erhalten, Asylmissbrauch bekämpfen
Einleitend stellte Klubobfrau Waltraud Dietrich (T) fest, dass die ÖsterreicherInnen Menschen in Not gerne
helfen, sie wollten aber nicht ausgenützt werden und hätten kein Verständnis dafür, dass Personen
das Recht verfolgter Menschen auf Schutz und Asyl als Freibrief missbrauchten, sich das Land mit den besten wirtschaftlichen
Bedingungen auszusuchen. 400.000 Menschen in Österreich haben keine Arbeit und viele kämen mit ihrem
Einkommen nicht aus. Statt Maßnahmen gegen den Missbrauch des Asylrechts zu setzen, kriminalisiere die Bundesregierung
Unternehmen und BürgerInnen und stelle ÖsterreicherInnen generell unter Betrugsverdacht.
Bei den Flüchtlingen sei tatsächlich nur ein kleiner Teil asylberechtigt, beim Großteil handle
es sich um Wirtschaftsflüchtlinge, die nicht ihr Leben retten, sondern in Österreich ein besseres Leben
suchen. Auf dieses Problem habe die Innenministerin zu spät reagiert, sagte Dietrich. "Wer das Asylrecht
erhalten will, muss den Asylmissbrauch bekämpfen und gegen die Schleppermafia vorgehen", verlangte die
Rednerin und schlug vor, die Grenzen dicht zu machen, strenge Kontrollen einzuführen und Zeltstädte für
Kriegsflüchtlinge nicht in Österreich, sondern im Umfeld der Kriegsgebiete zu errichten.
Mikl-Leitner: Europa ist im Asylwesen auf einem guten, aber langen Weg
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erteilte allen Versuchen eine Absage, die Themen Arbeitslosigkeit und Flüchtlinge
miteinander zu vermischen, um damit aus politischen Gründen Angst und Vorurteile zu schüren. Der Arbeitsmarkt
für Flüchtlinge wird nicht weiter geöffnet, hielt sie fest. "Wirtschaftsflüchtlinge sind
kein Problem auf dem Arbeitsmarkt", sagte Mikl-Leitner und erläuterte erfolgreiche Maßnahmen bei
der Rückführung von Wirtschaftsflüchtlingen aus dem Kosovo. Die Schnellverfahren, die es ermöglichen,
täglich 10 Kosovaren zurückzuschicken, gelten in der EU als Best-Practice-Modell.
Die Europäischen InnenministerInnen vertreten eine klare gemeinsame Position und wollen zwischen Verfolgten
und Kriegsflüchtlingen einerseits sowie Wirtschaftsflüchtlingen andererseits klar unterscheiden, um die
Akzeptanz der Bevölkerung für das Asylwesen zu erhalten, berichtete die Ministerin von einer jüngsten
EU-Innenminister-Tagung in Luxemburg. Da das Europäische Asylsystem ohne Rückführungen nicht funktioniere,
sollen an den EU-Außengrenzen Anlaufstellen geschaffen werden, wo beurteilt werden soll, wer schutzbedürftig
sei und wer zurückgeführt werden müsse. Bereits in den Drittstaaten soll mit Hilfe der UNHCR Klarheit
darüber geschaffen werden, wer schutzwürdig ist. Darüber hinaus sollen faire Quoten für alle
28 EU-Länder bei der Unterbringung der Asylanten vereinbart werden. Es gehe darum, legale Wege für Flüchtlinge
nach Europa zu schaffen und damit den Schleppern die Geschäftsgrundlagen zu entziehen. "Europa ist auf
gutem Weg, aber er wird lang", räumte Mikl-Leitner ein.
Nicht Angst schüren, sondern konsequent für Stabilität und Frieden in Europa zu sorgen, laute das
Ziel. Das brauche Solidarität und Verantwortung aller Mitgliedstaaten und jedes Einzelnen. An dieser Stelle
zeigte sich Mikl-Leitner für den Schulterschluss mit Bundeskanzler Werner Faymann, der sich des Flüchtlingsproblems
persönlich annehme, dankbar. "Wir werden diese Herausforderung gemeinsam bewältigen", sagte
die Innenministerin.
Pendl: Hilfe für Hilfsbedürftige, andere sollen zu Hause bleiben
Auch Otto Pendl (S) verlangte eine ernsthaft Diskussion über die Flüchtlingsproblematik und wies jede
Vermischung politischer Materien, die nichts miteinander zu tun haben, als unseriös zurück. Die Politik
muss den Menschen Sicherheit garantieren. "Wir aber leiden derzeit unter einer verfehlten Außen- und
Wirtschaftspolitik", sagte Pendl und verlangte, für Stabilität in den Ländern zu sorgen, aus
denen die Flüchtlinge kommen. Darüber hinaus sah er Europa aufgerufen, gegen mafiöse Schlepperstrukturen
vorzugehen. Damit seien Nationalstaaten überfordert, sagte Pendl und verlangte eine Einigung auf EU-Ebene.
Pendl will zwischen Asylsuchenden und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden und forderte vor allem aus der
Sicht Traiskirchens solidarische Hilfe des Gesamtstaates ein. "Wir brauchen eine Lösung in der EU und
in den Bundesländern, damit jene Hilfe bekommen, die Hilfe brauchen und alle anderen zu Hause bleiben",
schloss Pendl.
Wöginger: Arbeitsmarkt wird nicht weiter geöffnet
An die lange Tradition Österreichs bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen erinnerte August Wöginger
(V). Bei der Analyse der aktuellen Situation machte er darauf aufmerksam, dass die Zahl der Asylanträge bereits
im Mai 2015 20.000 erreicht habe. 39.000 Menschen befinden sich in Grundversorgung, 15.000 Plätze mussten
in den letzten 12 Monaten neu geschaffen werden, darunter auch – als Notmaßnahme – in Zeltstädten. Österreich
wird weiterhin Kriegsflüchtlinge aufnehmen, sagte Wöginger. Dabei sei es aber wichtig, zwischen Kriegsflüchtlingen
und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden und Wirtschaftsflüchtlinge aus sicheren Ländern zurückzubringen.
Konkret drängte Wöginger auf eine Quotenlösung bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Europa
sowie für Anlaufstellen für Flüchtlinge aus Nordafrika. Wir brauchen mehr Solidarität in der
EU und mehr Solidarität in Österreich, wobei er kritisch anmerkte, dass es unverständlich sei, leerstehende
Kasernen nicht für Flüchtlinge zu öffnen. Nicht weiter geöffnet werde der Arbeitsmarkt für
Asylwerber, bekräftigte er, man sollte darauf verzichten, an dieser Stelle Ängste zu schüren, schloss
Wöginger.
Belakowitsch-Jenewein für Abschiebung mit Bundesheer-Transportern
Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) wies darauf hin, dass 70% der Asylwerber Wirtschaftsflüchtlinge seien und
nur 30% tatsächlich anerkennenswerte Aufenthaltsgründe in Österreich haben. Mangels brauchbarer
Statistiken könne man die Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge, die im Untergrund leben, nur schätzen.
Das jahrelangen Verlangen der FPÖ nach Grenzkontrollen werden nun von Bayern bestätigt, das kürzlich
seine Grenze zu Österreich dicht gemacht habe, um die Einreise von Kriminellen und Flüchtlingen zu unterbinden,
wie die Rednerin sagte. "Wir sollten die Grenzen dicht machen", lautet der Apell Belakowitsch-Jeneweins,
die nachdrücklich auch für die Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen plädierte. Angesichts
der praktischen Probleme bei Abschiebungen schlug die Abgeordnete vor, den Lufttransporter C-130 Hercules des Bundesheeres
einzusetzen.
Korun: Österreich ist reich genug, um seinen Sozialstaat zu erhalten
Erschüttert zeigte sich Abgeordnete Alev Korun (G) darüber, wie in der Debatte arbeitslose Menschen gegen
andere, noch schwächere Menschen in Stellung gebracht werden. Es helfe keinem Arbeitslosen, wenn es anderen
Menschen noch schlechter gehe. Mit den Milliardenbeträgen, die bei der HYPO verwirtschaftete wurden, könnte
man Arbeitsplätze für hunderttausende Menschen schaffen, rechnete Korun vor und zeigte sich verwundert,
dass niemand über die Umverteilung von unten nach oben und über die Steuerprivilegien von Millionären
und Milliardären rede. "Der Sozialstaat ist finanzierbar. Es gibt genügend Reichtum in Österreich",
sagte Korun. Nur neoliberale Demagogen stellten den Abbau des Sozialstaates als ein Naturgesetz dar. "Erhalten
wird das Bildungssystem, das Gesundheitswesen und die Pensionen", lautete der Appell Koruns. Es sei nicht
notwendig, arbeitslose Menschen gegen Kriegsflüchtlinge aus Eritrea, Somalia oder aus den Gebieten des IS-Terrors
auszuspielen. "Schützen wir unseren Sozialstaat, bauen wir ihn aus und sorgen wir gemeinsam dafür,
allen Menschen eine menschenwürdige Existenz zu sichern", schloss Alev Korun.
Scherak: Innenministerin versagt, Regierung ist rücktrittsreif
Auch Nikolaus Scherak (N) registrierte ein Totalversagen der Innenministerin und der gesamten Bundesregierung angesichts
der aktuellen Flüchtlingsprobleme. Seine Rücktrittsforderung begründete Scherak mit den Hinweis
darauf, dass Mikl-Leitner beim Stopp der Asylverfahren ohne jede Rechtsgrundlage entschieden habe und die Weigerung,
Asylwerbern Zugang zum Arbeitsmarkt zu geben, Europäischem Recht widerspreche. Er sei froh, dass engagierte
Mitglieder der Zivilgesellschaft und AUA-Crews immer wieder Abschiebungen verhinderten. Die Innenministerin habe
keine Lösungsvorschläge für die Unterbringung von Flüchtlingen. Zeltlager und die Art der Unterbringung
tausender unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge bezeichnete Scherak als skandalös und schloss:
"Diese Bundesregierung ist rücktrittsreif".
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Parteien in Frage Migration tief gespalten
Jessi Lintl (T) warf der Innenministerin Versäumnisse vor. Daher biete Österreich Schlepperorganisationen
nach wie vor ideale Voraussetzungen für deren kriminelle Tätigkeit. Schlepper arbeiten wie Reisebüros,
erklärte Lintl. Die Bevölkerung habe aber kein Verständnis mehr dafür, dass unser Asylsystem
von illegalen Wirtschaftsflüchtlingen missbraucht werde. Der Schengen-Vertrag könne nur funktionieren,
wenn die EU für sichere Außengrenzen sorge, was nicht gewährleistet sei. Die EU diskutiere über
Flüchtlingsquoten, fasse aber keine Beschlüsse. Die illegale Migration müsse verhindert werden,
um die Voraussetzungen für die Unterstützung von Kriegsflüchtlingen zu erhalten, so Lintl.
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) wandte sich entschieden dagegen, Menschen gegen Menschen auszuspielen und die
soziale Kluft zu vergrößern. Wer ein Wirtschaftsflüchtling sei und wer nicht, könne nur in
einem ordentlichen Asylverfahren festgestellt werden. Europa müsse menschenwürdige Lösungen für
jene 600.000 Menschen finden, die in Europa Schutz suchen. Unwürdig sei es, sie in Zeltstädten unterzubringen
- die Bilder über die Verhältnisse in diesen Unterkünften schüre Angst bei den Menschen. Wir
brauchen rasche Asylverfahren sowie rechtsstaatliche und menschliche Lösungen für Flüchtlinge, so
die Rednerin. Zur Diskussion um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates merkte sie an, die Einführung einer
Wertschöpfungsabgabe sei ein Gebot der Stunde.
Damit stieß sie auf entschiedenen Widerstand bei Maria Theresia Fekter (V), die ein klares Nein zu neuen
Steuern sagte. Dann kritisierte Fekter Medien, die es ignorierten, dass Österreich für das Zurückführen
von Wirtschaftsflüchtlingen aus dem Kosovo eine europaweit anerkannte Vorgangsweise gefunden habe. In der
Flüchtlingspolitik sei die Aufnahmefähigkeit des Landes im Auge zu behalten, sagte Fekter und stellte
fest, dass in Gemeinden wie Traiskirchen und Thalham die Aufnahmekapazität überschritten sei. Es sei
verständlich, wenn die Menschen dort politische Maßnahmen forderten. Fekter schlug kleinere Unterbringungseinheiten
und den Abbau der Zeltstädte vor. Für Fekter besteht das Problem in der ungleichen Verteilung der Flüchtlinge
in Europa, in Österreich und in den einzelnen Bezirken.
Es gibt kein Recht auf illegale Einwanderung, hielt Roman Haider (F) fest und machte darauf aufmerksam, dass 80%
der Flüchtlinge laut Gerichtsentscheidungen abgeschoben werden müssten. Tatsächlich werde nur ein
kleiner Teil von ihnen tatsächlich in die Herkunftsländer zurückgeführt. Das aktuelle Problem
bestehe im Missbrauch des Asylsystems durch Menschen, die aus wirtschaftlichem Interesse nach Österreich kommen.
Haider schätzte die Zahl der Menschen, die allein aus Afrika nach Europa kommen wollen, auf 100 Millionen
bis 200 Millionen und sagte im Namen seiner Partei dazu: No Way. Nach dem Vorbild Australiens müsse auch Österreich
jede illegale Zuwanderung unterbinden. Sofortige Einführung von Grenzkontrollen, kein Platz für Wirtschaftsflüchtlinge,
fordert Roman Haider.
Diese Debatte ist ein Tiefpunkt des österreichischen Parlamentarismus, replizierte Abgeordnete Judith Schwentner
(G) auf die Diskussion. Schon der Titel der Aktuellen Stunde drücke politische Hilflosigkeit aus. Statt auf
Herausforderungen zu reagieren und gemeinsame Lösungen zu suchen, werde alles in einen Topf geworden, sagte
Schwentner und appellierte an die ÖVP, sich von der FPÖ nicht nach rechts treiben zu lassen.
Asylanten rutschten wegen ihrer Sprachprobleme immer häufiger in die Mindestsicherung ab, sagte Christoph
Hagen (T) und erinnerte seine Vorrednerin daran, dass dies auch die Grünen in Vorarlberg problematisch sähen.
Hagen kritisierte auch die NGOs, die vielfach das Geschäft der Schlepperbanden unterstützten und sah
die Bereitschaft der Menschen abnehmen, den Missbrauch des Asylsystems durch Wirtschaftsflüchtlinge weiter
zu akzeptieren.
Auch Gerald Loacker (N) konzentrierte sich schließlich auf Probleme, die seiner Meinung nach daraus resultierten,
dass Asylwerber in Österreich nicht arbeiten dürfen. Er verlangte, diesen Menschen Zugang zur Arbeit
zu geben und sie mit Sprachkursen zu unterstützen. Einen Zusammenhang zwischen dem Asylwesen und der Finanzierbarkeit
des Sozialsystems sah Loacker nicht. Österreich gebe 96 Mrd. € für sein Sozialsystem aus, die Grundversorgung
von Asylwerbern mache 200 Mio. € aus, merkte Loacker an.
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Die Argumente könnten konträrer nicht sein, geht es um das Thema Asylpolitik im Nationalrat. Während
die Grünen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner aufgrund des jüngst ausgesprochenen Stopps von neuen
Asylverfahren und Familiennachzügen ihr Misstrauen aussprechen und zum Rücktritt auffordern, will die
FPÖ die heimischen Grenzen aufgrund "der unkontrollierten Migration von Flüchtlingen" wieder
dicht machen. SPÖ und ÖVP sehen eine Lösung der Flüchtlingsproblematik in einem gesamtösterreichischen
Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Auch wenn sich die EU-InnenministerInnen am 17.06. nicht
auf eine verbindliche Flüchtlingsquote geeinigt haben, sprechen sich die Koalitionsparteien und Mikl-Leitner
nach wie vor dafür aus. Daneben hat die Innenministerin angekündigt, sich auf europäischer Ebene
auch weiterhin für verpflichtende Asylquoten einzusetzen. Aufgabe sei es nämlich, die Schieflage in Europa
zu beseitigen. Es gehe nicht an, dass 10 EU-Mitgliedsstaaten, und allen voran Österreich, 90% der Asylantrage
bearbeiten, wie sie sagte.
Mehrheitlich angenommen im Plenum wurde so eine Initiative der Regierungsfraktionen, wonach sich die Innenministerin
für eine gemeinsame humanitäre Asylpolitik in der Europäischen Union, eine quotenmäßige
Verteilung von Asylwerbern auf die einzelnen Mitgliedsländer, die weitere Teilnahme an humanitären Aufnahmeprogrammen
wie etwa Resettlement, die Umsetzung des Pilotprojekts "Save Lives" sowie für flankierende Maßnahmen
einsetzen soll, um die illegale Migration und Schleppertätigkeit einzudämmen. Die damit einhergehenden
Anträge der FPÖ auf Durchführung von temporären Grenzkontrollen, vom Team Stronach auf legistische
Mindeststrafen für den Tatbestand der Schlepperei sowie der NEOS auf einen Nationalen Aktionsplan Asyl wurden
abgelehnt.
Abgelehnt wurde zudem eine der vielen menschenrechtsrelevanten Bemühungen im Bereich des Asylwesens der NEOS.
Sie forderten von der Bundesregierung, EU-weit Druck für eine effektive und finanziell gut ausgestattete Such-
und Seenotrettungsmission im Mittelmeer, nach dem Vorbild der 2014 eingestellten Operation Mare Nostrum, zu machen.
Grüne: Mikl-Leitner ist in Sachen Asylpolitik gescheitert
Die Innenministerin behandle seit jeher das Thema Asyl unter dem Schlaglicht der Abwehrpolitik und sei mit
diesem grundrechtssensiblen Thema schlicht überfordert. Das endgültige Zeichen eines kompletten Versagens
von Mikl-Leitner sei nach den Zeltstädten der Asylverfahrenstopp gewesen, der wiederum eine endgültige
Abkehr vom rechtsstaatlichen Umgang mit Schutzsuchenden bedeutet, so die Kritik und gleichzeitige Argumentation
für die Rücktrittsaufforderung von Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Den Krieg in Syrien
gebe es seit über vier Jahren, die Innenministerin hätte davon ausgehen müssen, dass die Flüchtlingszahlen
auch in Österreich steigen. Die mehrfachen Versuche Mikl-Leitners, den Rechtsstaat im Asylwesen mit Füßen
zu treten, zeige einmal mehr, dass die Innenministerin überfordert sei, sagte Korun. Kritik, die auch Albert
Steinhauser (G) teilte. Geht es nach ihm, verbreitet die Innenministerin nur Chaos. Mikl-Leitners Scheitern sei
etwa in Traiskirchen zu sehen, wo es völlige Überfüllung, keine geregelte Betreuungs- und Tagesstruktur,
fehlende Sanitäranlagen sowie Situationen gebe, wo Flüchtlinge am Boden schlafen müssten. Laut Steinhauser
ist zudem der Ausdruck "Völkerwanderung" maßlos übertrieben, es würden noch lange
nicht so viele Menschen nach Österreich kommen, wie während des Afghanistan-Krieges oder der Jugoslawien-Krise.
FPÖ: Grenzen dicht machen
Die Freiheitlichen sprachen sich einmal mehr für die Wiedereinführung von Kontrollen an den heimischen
Grenzen aus. "Das Boot ist in Österreich voll", sagte etwa Josef A. Riemer, der zudem EU-Flüchtlingsquoten
als wenig sinnvoll erachtete. Bei "dieser Völkerwanderung", bei "1,2 Mrd. Afrikanern",
wie Riemer sagte, brauche es klare Verhaltensmaßregeln und Richtlinien in Österreich. Wenn die EU versagt,
sollten die Nationalstaaten einschreiten können, lautet die Ansicht des FPÖ-Abgeordneten. "Wir werden
nämlich untergehen", so auch eines der verbalisierten Bilder von Philipp Schrangl (F) in der Flüchtlingsdebatte,
der zudem darauf hinwies, dass die EU bisweilen gemeinsame Asylquoten ablehnt. Österreich könne nicht
dabei zusehen und weiterhin auf gemeinsame EU-Quoten hoffen, während alle anderen Länder ihre Außengrenzen
schließen.
Einen weiteren freiheitlichen Standpunkt, wie er sagte, machte Walter Rosenkranz (F) geltend. Asyl sei ein Menschenrecht,
Wirtschaftsflucht aber nicht, so der Freiheitliche. Zeltstädte für Asylwerber seien bestimmt nicht positiv,
wenn aber Menschen mit ihrem nackten Leben davonkommen, seien diese zumindest aber für eine Zeit zumutbar.
Wenn österreichische SchülerInnen in Containern unterrichtet werden, würde auch keine große
Aufregung herrschen, verglich Rosenkranz. Gernot Darmann (F) bemängelte fehlende Rücksichtnahme der heimischen
Bevölkerung durch die übrigen Parlamentsfraktionen. "Von den Sorgen der ÖsterreicherInnen redet
hier niemand", sagte er. Auch Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) kritisierte teilweise die Positionen der anderen
Parteien, wonach sich diese ihrer Meinung nach nur "mit Mitgefühl überbieten" wollten. Zudem
warf sie der Innenministern vor, "ein Asyllager nach dem anderen" zu öffnen, gleichzeitig aber Polizeiposten
zu schließen.
NEOS für europaweite Asyl-Quoten und Abkehr von Dublin-Abkommen
Die NEOS stimmten auch für einen Rücktritt der Innenministerin. Sie selbst fordern eine faire Verteilung
auf europäischer Ebene, eine Abkehr vom Dublin-Abkommen, ein dauerhaftes und reguläres Resettlement-Programm
sowie eine sinnvolle Such- und Seenotrettungsmission im Mittelmeer. Frontex etwa sei nur eine Grenzschutzagentur,
ihre primäre Aufgabe bestehe aber nicht darin, Flüchtlinge in Seenot zu retten, sagte Nikolaus Scherak.
Was es aus seiner Sicht zudem braucht, ist eine lang angelegte Strategie, ein Masterplan auf europäischer
Ebene, der die Schutzsuchenden nicht aus den Augen verliert.
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Team Stronach will Kampf gegen Schlepperbanden intensivieren
Das Team Stronach schoss sich in der Asyldebatte auf die Schlepperbanden ein, die aus Sicht der Oppositionspartei
eine Schlüsselrolle in den Flüchtlingsdramen einnehmen. Es gelte, den "verbrecherischen Schleppern"
den Kampf anzusagen, diese würden marode Boote nämlich gezielt zum Sinken bringen und mitschuldig sein
am Tod tausender Flüchtlinge, sagte Jessi Lintl und forderte Mindeststrafen für den Tatbestand der Schlepperei.
Dass der "Riegel vorgeschoben werden muss" befand ihr Fraktionskollege Christoph Hagen (T). Menschen,
die hier im Asylwesen arbeiten, seien nämlich an der Belastungsgrenze angelangt. Kurze Asylverfahren hätten
zudem dazu geführt, dass Österreich für Schlepperbanden attraktiv geworden ist.
SPÖ: Zeltstädte sind keine Lösung
Die SPÖ forderte wie in ihrem Antrag mit dem Koalitionspartner eine humanitäre gemeinsame EU-Asylpolitik,
bemängelt wurden polemische Aussagen und "Hetze" von Seiten der FPÖ. Den Sozialdemokraten gehe
es um tatsächliche Lösungen, nicht aber um Polemik, sagte etwa Franz Kirchgatterer (S), der außerdem
eine sensiblere Wortwahl einforderte. Zeltstädte seien keine Lösung, gefragt sei Dialogfähigkeit.
Harry Buchmayr (S) vertrat die Meinung, dass sich das "Problem in dieser Dimension" national nicht lösen
lässt, zumal die Flüchtlingsströme für längere Zeit nicht abreißen werden, wie er
meinte. In Österreich werde zur Zeit aber anstelle von verantwortungsvoller Politik mit Ressentiments und
der Angst vor dem Fremden gespielt, sagte Buchmayr in Richtung FPÖ. Kritik an den Aussagen der Freiheitlichen
übte auch sein Fraktionskollege Kai Jan Krainer (S).
Man sei zwar in Angesicht des gestrigen EU-Innenministerrats noch weit von einer gemeinsamen europäischen
Lösung entfernt, umso wichtiger sei deswegen auch das Signal Österreichs für gemeinsame EU-Asylquoten,
sagte Nurten Yilmaz (S). Besonders freue sie, dass Bundeskanzler Werner Faymann die Asylproblematik nun zur "Chefsache"
macht. Sie selbst erhofft sich durch die geplanten Asyl-Gipfel mit den NGOs rasche Entscheidungen. Von einer gesamtpolitischen
Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über Parteigrenzen hinweg sprach Ulrike Königsberger-Ludwig
(S). Außerdem sei es wichtig, in den sozialen Netzwerken gegen Unwahrheiten und Hetze aufzutreten. "Asyl
ist ein Menschenrecht und kein Gnadenakt", sagte Andrea Gessl-Ranftl (S), jeder habe das Recht, in anderen
Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen. Deswegen müsse auch das Ziel der Asylpolitik
sein, eine einheitliche und humanitäre Asyl- und Flüchtlingspolitik innerhalb der EU zu verwirklichen.
Sie sei geschockt gewesen, dass Mikl-Leitner öffentlich über den Stopp von neuen Asylanträgen und
Familienzusammenkünften gesprochen hat, sagte Petra Bayr (S). Geht es nach ihr, ist es verwerflich, auf Kosten
von geflüchteten Menschen Druck auf andere EU-Länder ausüben zu wollen. Zudem sei es ein unwürdiges
Spiel, dass sich Bund, Länder und Gemeinden bislang gegenseitig die Verantwortung zugeschoben haben.
ÖVP verteidigt Innenministerin und fordert EU-weite Quotenregelung
Das Vorgehen der Innenministerin in Sachen Asylpolitik wurde von den Abgeordneten der ÖVP uneingeschränkt
verteidigt. Reinhold Lopatka (V) warf den Grünen vor, mit dem Misstrauensantrag nur politisches Kleingeld
schlagen zu wollen. Bei Asylfragen gebe es in Österreich klare Zuständigkeiten, die Bundesländer
seien aber in den letzten Monaten nicht imstande gewesen, ihre Aufgaben laut 15a-Vereinbarung zu erfüllen.
Auch nicht jene, in denen Grüne LandesrätInnen mit dieser Frage betraut seien, sagte Lopatka und sprach
sich für eine gemeinsame Lösung aus. Von einer gesamtstaatlichen Verantwortung, der in den Bundesländern
zur Zeit auch die Grünen nicht nachkommen, sprach außerdem Elisabeth Pfurtscheller (V). Es brauche den
Zusammenschluss von Bund, Ländern und Gemeinden, Mikl-Leitner sei auf deren Unterkünfte angewiesen, wie
sie meinte. Zudem müsste den Menschen vermittelt werden, dass es sich um keine Krise, sondern um eine Herausforderung
handelt, die durch einen nationalen Schulterschluss gelöst werden muss.
Dafür sprachen sich auch Friedrich Ofenauer (V) und Franz-Joseph Huainigg (V) aus. "Wir müssen zwischen
Ansagen der linken Träumer und rechten Hetzer Lösungen finden", sagte Ofenauer. Auch er verwies
wie seine Fraktionskollegen Leonhard Eßl und Werner Amon darauf, dass sich die Suche in Bundesländern,
in denen Grüne LandesrätInnen für Unterkünfte zuständig sind, nicht einfacher gestalte.
Eßl unterstützte zudem den Vorschlag, Flüchtlinge in leerstehende, nicht aber besetzte Kasernen
unterzubringen.
Mikl-Leitner setzt weiterhin auf verpflichtenden EU-Asylquoten
Geht es nach der Innenministerin, braucht es nach wie vor einen gesamteuropäischen Ansatz und gemeinsame EU-Asylquoten.
Europa könnte aus ihrer Sicht an der Flüchtlingsfrage scheitern, wenn es keine richtigen Antworten parat
hat. Angesichts dessen, dass zur Zeit 10 Mitgliedstaaten, allen voran Österreich, 90 % der Asylanträge
bearbeiten, werde sie, Mikl-Leitner, zudem nicht müde werden, die Schieflage in Europa zu beseitigen und sich
weiterhin auf europäischer Ebene für verpflichtende Quoten einzusetzen. Außerdem hofft die Innenministern
in Sachen österreichische Asylpolitik auf einen nationalen Schulterschluss zwischen Bund, Ländern und
Gemeinden unter der Federführung von Bundeskanzler Werner Faymann.
In Österreich würden Asylverfahren durchschnittlich nur vier Monate dauern, in Frankreich etwa zwei Jahre,
zudem mussten die Zelte unter anderem auch deswegen aufgestellt werden, da auch Grüne LändesrätInnen
mit der Schaffung von Quartieren nicht nachgekommen seien, wie Mikl-Leitner außerdem meinte.
Die sogenannte Managemententscheidung in Sachen Asylverfahrensstopps habe sie gemeinsam mit dem Bundesamt für
Fremdenwesen und Asyl getroffen, da es bisher 6260 Asylanträge, das sind drei Mal so viele wie im selben Zeitraum
2014, gibt. Natürlich würden neue Asylanträge angenommen und registriert werden, bei einem permanenten
Anstieg müssten Anträge aber gestoppt werden, da sie aus organisatorischen Gründen nicht mehr bearbeitet
werden könnten, sagte Mikl-Leitner.
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