Vizepräsident der Europäischen Kommission diskutiert mit österreichischen Abgeordneten
über Juncker-Plan
Wien (pk) - Ohne eine Forcierung seiner Investitionen wird Europa im internationalen Wettbewerb weiter zurückfallen.
Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerb zuständige Vizepräsident der
Europäischen Kommission (EK) Jyrki Katainen warnte am 16.06. in einem Meinungsaustausch mit österreichischen
Abgeordneten vor den Auswirkungen der bestehenden Wachstumslücke zwischen der Union und ihren Mitbewerbern
in Amerika und Asien und sah im sogenannten Juncker-Plan ein wirksames Instrument der Gegensteuerung. Von österreichischer
Seite wurde der EU-Vertreter vor allem mit Bedenken bezüglich der Auswirkungen der Sparpolitik auf die Arbeitslosigkeit,
aber auch mit Kritik am europäischen Regelungskorsett konfrontiert. Den Plan des Kommissionspräsidenten
bezeichneten die heimischen Mandatare überwiegend als "interessant".
Als eines der wesentlichen Elemente des Plans nannte Katainen die Einrichtung eines Risikofonds für europäische
strategische Projekte und erklärte, die dafür dotierten 21 Mrd. € werden es der Europäischen Investitionsbank
(EIB) ermöglichen, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren in Projekte mit einem Volumen von 60 Mrd. € zu
investieren. Konkret könnte dies u.a. über eine nationale Investitionsplattform umgesetzt werden – einen
Weg, den etwa die Niederlande gewählt haben. Wichtig ist für Katainen dabei, dass es gelingt, private
Gelder für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren. Große Bedeutung maß der EK-Vizepräsident
auch dem geplanten Projektportal bei, auf das öffentliche und private Projektbetreiber ihre Investitionen
stellen können.
Neben einer forcierten Investitionspolitik sei aber auch die Vertiefung und Erweiterung des europäischen Binnenmarkts
unabdingbar, gab Katainen zu bedenken, wobei er großen Handlungsbedarf vor allem im digitalen Bereich, beim
Datenschutz und beim Schutz des geistigen Eigentums ortete. Von einer Harmonisierung des Energiemarkts wiederum
erwartet sich Katainen Impulse in Richtung Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz. Spielraum gibt es
nach Meinung des EK-Vizepräsidenten aber auch noch bei der Weiterentwicklung des europäischen Kapitalmarkts.
SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer, der das Gespräch leitete, drückte seine Skepsis gegenüber einer
reinen Wettbewerbslogik aus und meinte grundsätzlich, die Union sollte ihr Augenmerk stärker auf die
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und auf die Etablierung eines gerechteren Steuersystems lenken. Sein Fraktionskollege
Christoph Matznetter nannte den Plan einen ersten kleinen Schritt, zumal es vorrangig darum gehe, die EU wieder
auf den Wachstumspfad zu bringen. Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann forderte unter Hinweis auf das derzeit
niedrige Zinsniveau mehr öffentliche Investitionen und übte heftige Kritik an der Sparpolitik.
Der Juncker-Plan sei interessant, lautete das Urteil von ÖVP-Abgeordnetem Nikolaus Berlakovich, das auch Hermann
Schultes (V) teilte. Auf dem Energiesektor sollten jedenfalls Energieeffizienz und die Entwicklung erneuerbarer
Energien im Vordergrund stehen, betonte der ehemalige Umweltminister und bekräftigte Katainen gegenüber
das österreichische Nein zur Atomenergie. Österreich habe kein Interesse an einer Öffnung des europäischen
Energiemarkts, wenn es dann gleichzeitig Atomenergie fördern muss, brachte Hermann Schultes die heimische
Position auf den Punkt. Der ÖVP-Agrarpolitiker bekannte sich überdies zur Unterstützung der Investitionsfähigkeit
der Wirtschaft, warnte in diesem Zusammenhang aber vor Behinderungen der Unternehmen durch überbordende Regulierungen
seitens der Union. Werner Groiß von der Volkspartei brachte seinerseits die klein- und mittelständische
Wirtschaft zur Sprache und rief zur Stärkung der Eigenkapitalsbasis der KMU auf.
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