EU-Hauptausschuss diskutiert Griechenlandfrage und Ukraine-Russland Konflikt
Wien (pk) - Er sei überzeugt davon, dass die FinanzministerInnen der Eurozone eine Lösung in der
Griechenlandfrage finden, sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 24,06, im EU-Hauptausschuss, der vor dem kommenden
Gipfel am 25. und 26. Juni einberufen worden war. Eine Lösung hält Faymann deshalb für möglich,
weil sowohl die griechische Regierung als auch die EU-Institutionen deutliche Schritte aufeinander zugegangen seien.
Als einen wesentlichen Punkt für eine nachhaltige Lösung bezeichnete der Bundeskanzler die Schuldentragfähigkeit.
Er erwartet sich daher intensive Diskussionen im Rat über einen entsprechenden Plan, der auch für alle
leistbar ist. Das sei die Voraussetzung für zukünftige Investitionen. Für den griechischen Premierminister
werde es nicht einfach sein, das durchzusetzen, warb Faymann um Verständnis für die Situation der griechischen
Regierung, denn gerade bei Krankenversicherung und Pensionen seien immer die Schwächsten der Gesellschaft
betroffen.
In der intensiv geführten Debatte im Ausschuss waren sich alle einig darüber, dass Griechenland seine
Hausaufgaben erfüllen müsse. So meinte etwa Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (V), im
Interesse der Menschen in Griechenland und einer Zukunft, die ihnen Wohlstand und Würde ermöglicht, führe
kein Weg an notwendigen Reformen vorbei, auch wenn sie hart und schmerzhaft seien. Frühere Regierungen hätten
sich an der Zukunft ihrer Landsleute versündigt, Strukturen nicht bereinigt und sich am Staat bedient. Kopf
ortet nun eine starke Bewegung, die er als positives Zeichen wertete. Ebenso zuversichtlich zeigte sich Christine
Muttonen (S), die vor allem den Umgangston in den letzten Monaten als "erschreckend" empfand und in diesem
Sinne die Reise des Bundeskanzlers nach Griechenland ein wichtiges Signal nannte, da hier Gespräche auf gleicher
Augenhöhe geführt worden seien. Muttonen begrüßte vor allem die geplanten Kürzungen bei
den Militärausgaben. Aber auch sie forderte wie Werner Kogler (G) Reformen in Griechenland ein.
Das dortige Steuersystem bezeichnete Kogler als ein fortdauerndes Ärgernis. Die Reichen hätten Milliarden
aus dem Land geschafft und die Regierung hätte nichts unternommen, hier die nötige Steuerpflicht nachzufordern.
Für Kogler ist es zudem ein großes Versäumnis, dass es noch immer keinen Grundstück-Kataster
gibt. Er zeigte auch kein Verständnis dafür, dass Griechenland so viele Lebensmittel und Energie importiert,
obwohl die Voraussetzungen im eigenen Land für die Produktion dieser Güter gut sind.
Griechenland muss wieder auf den Wachstumspfad geführt werden – wichtig ist Schuldentragfähigkeit
Kogler hält nicht alles für falsch, was die EU Griechenland an Maßnahmen vorgeschlagen hat. Er
gab aber zu bedenken, dass die bisherige EU-Politik zu Fehlentwicklungen geführt hat, die man eingestehen
müsse und aus denen auch die Konsequenzen zu ziehen seien. Der Grün-Mandatar unterstrich in diesem Zusammenhang
besonders die Bedeutung der Investitionen in Griechenland und gab, wie sein Klubkollege Bruno Rossmann, dem Bundeskanzler
recht, dass die Schuldentragfähigkeit eine zentrale Frage darstelle. Rossmann geißelte einmal mehr die
bisherige Austeritätspolitik der EU, die die Krise verschärft habe und weiter verschärfen werde,
und plädierte für einen Schuldenschnitt. Langfristig brauche man eine Lösung, die Griechenland auf
den Wachstumspfad führt, sagte er.
Dem pflichtete Josef Cap bei, indem er meinte, es sei notwendig, Wachstum zu lukrieren, denn nur so bekäme
man das Steuergeld auch wieder zurück. Die Griechinnen und Griechen bräuchten eben Geld in der Tasche,
damit es zu einem Wachstumsprozess kommt. Auch wenn Cap wie seine Vorredner Reformen für unumgänglich
hält, wandte er seinen Blick auf die soziale Situation der Menschen und unterstrich, Reformen müssten
auf die Gewährleistung würdiger sozialer Bedingungen Bedacht nehmen.
Seitens des Team Stronach merkte Rouven Ertlschweiger an, Griechenland dürfe man nicht aus seiner Verantwortung
entlassen. Das Land sei der EU lange auf der Nase herumgetanzt, weshalb er sich frage, warum die Union nicht schon
längst strengere Regeln einfordert. Als großes Problem sieht er die Arbeitslosigkeit, die eine enorme
Gefahr der Radikalisierung in sich berge.
Gegen eine Scheinlösung in der Griechenlandfrage wandte sich Christoph Vavrik (N). Eeine politische Lösung,
die wirtschaftlich keinen Sinne mache und nur dazu diene, das Gesicht der Akteure zu wahren, ist seiner Ansicht
nach nicht akzeptabel. Seine Hoffnung war auch insofern gedämpft, als er die Genehmigung der Maßnahmen
durch das Griechische Parlament als unsicher beurteilte. Griechenland werde aber nicht darum herumkommen, das Problem
an der Wurzel anzupacken, und dieses sei wesentlich komplexer als in Irland oder in Spanien. In Griechenland gehe
es um die Herstellung einer funktionierenden Verwaltung, eines funktionierenden Steuersystems und einer funktionierenden
Justiz sowie um die Abstellung von Pfründen, umschrieb Vavrik die Gesamtproblematik.
Eine Scheinlösung wäre in der Tat gefährlich, reagierte Außenminister Sebastian Kurz, der
Verständnis für jene EU-Länder zeigte, in denen die Einkommen und Pensionen niedrig sind und für
die die griechischen Ansätze oft schwer nachvollziehbar seien. Wo daher klar ersichtlich ist, dass das System
nicht funktioniert, brauche es einen Veränderungswillen für eine nachhaltige Lösung, so Kurz.
Kurz zeigt Verständnis für Reformvorschläge Großbritanniens
Der Außenminister ging in seiner Stellungnahme auch auf die Forderungen Großbritanniens in Hinblick
auf die EU ein und begrüßte grundsätzlich die Diskussion. Es wäre falsch, alle Vorschläge
abzulehnen, denn Großbritannien mache sich für Ideen stark, die auch bereits von Österreich eingefordert
worden sind. Dazu zähle die stärkere Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, das in der Vergangenheit
in der praktischen Umsetzung nicht ernst genug genommen worden ist. Die neue Kommission habe aber diesen Ansatz
wieder aufgegriffen und wesentlich weniger Gesetzesvorschläge unterbreitet. Nun gehe es vor allem darum, auch
in den Dokumenten dem Subsidiaritätsprinzip zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Frage des Anspruchs von EU-Zuwandern auf Sozialleistungen wurde im Ausschuss nicht näher diskutiert. Lediglich
Reinhard Eugen Bösch (F) begrüßte den Vorstoß in Richtung Herkunftslandprinzip bei Sozialleistungen.
Pro und contra EU-Sanktionen gegen Russland
Eine kontroverse Debatte über den Ukraine-Russland-Konflikt und vor allem über die Sanktionen fand zwischen
dem Außenminister und den Freiheitlichen statt. Axel Kassegger (F) verurteilte einmal mehr seitens seiner
Fraktion die Sanktionen gegen Russland als falschen Ansatz, weil diese zur Eskalation beitrügen. Es seien
schon enorme wirtschaftliche Schäden sowohl für die EU als auch für Österreich zu verzeichnen,
warnte Kassegger und wies darauf hin, dass die österreichischen Exporte nach Russland, der zehntwichtigste
Exportpartner Österreichs, dramatisch eingebrochen seien. Der FPÖ-Mandatar erinnerte an die außenpolitische
Brückenfunktion Österreichs und forderte Gespräche auf Augenhöhe ein.
Demgegenüber verteidigte Außenminister Sebastian Kurz die Verlängerungen der Sanktionen gegen Russland
bis Jänner, denn sie signalisierten deutlich, dass die EU ein völkerrechtswidriges Verhalten nicht akzeptiere.
Die Sanktionen seien auch an dem in Minsk vereinbarten Friedensprozess gebunden, und das sei sinnvoll. Ob es zu
einer Verhaltensänderung Russlands dadurch komme, sei nicht vorhersehbar, sagte Kurz und gab zu bedenken,
dass sich Russland keinesfalls geändert hätte, wenn die EU keine Maßnahmen gesetzt hätte.
Kurz räumte ein, dass die Krise negative Auswirkungen auf die Wirtschaft habe, er machte das aber nicht allein
an den Sanktionen fest, sondern an den militärischen Auseinandersetzungen in dieser Region allgemein. Kurz
forderte aber auch Reformen von der Ukraine ein, insbesondere eine Verfassungsreform, da dies eine Chance auf Entspannung
wäre.
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