Hauptausschuss zieht Bilanz über Entschädigungen für
NS-Opfer
Wien (pk) – Im Hauptausschuss des Nationalrats standen am 24.06. die Geschäftsberichte des Nationalfonds,
des Allgemeinen Entschädigungsfonds und des Fonds zur Instandsetzung jüdischer Friedhöfe 2014 auf
der Tagesordnung. Sie wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.
Jüdische Friedhöfe: Förderrichtlinien werden entbürokratisiert
Abgeordneter Harald Walser (G) sprach die Restituierung von Büchern aus der Parlamentsbibliothek, die Fortschritte
bei der Neugestaltung des Österreich-Pavillons in Auschwitz und den hohen bürokratischen Aufwand für
Vereine zur Erlangung von Fördermittel für die Sanierung jüdischer Friedhöfe an. Sowohl er
als auch Nationalratspräsidentin Doris Bures dankten überdies den MitarbeiterInnen des Nationalfonds
für ihre wertvolle Arbeit.
Generalsekräterin Hannah Lessing hob hervor, dass der Nationalfonds heuer sein zwanzigjähriges Bestehen
feiere und in diesen Jahren viel erreicht habe. Anhand der Rückstellung eines Buches aus der Parlamentsbibliothek
an eine 92-jährige Frau in New York veranschaulichte sie, dass auch kleine Schritte hohen Symbolcharakter
haben. Grundsätzlich sei es schwer, die Erben von Büchern zu finden, schilderte Lessing, in diesem Fall
sei es aufgrund eines Exlibris aber gelungen.
Was die Neugestaltung des Österreich-Pavillon in Auschwitz betrifft, berichtete Lessing, dass es nach langen
Verhandlungen gelungen sei, den Sanierungsvertrag zu unterschreiben. Die Umsetzung des inhaltlichen Konzepts wird
ihr zufolge aber noch eine Weile dauern, da sich die Gedenkstätte vorbehalte, nicht nur das Ausstellungsszenario,
sondern jeden einzelnen Text und jeden Punkt zu genehmigen. Lessing hofft auf eine Eröffnung Ende 2017.
In Bezug auf die Förderung der Sanierung jüdischer Friedhöfe stellte Lessing neue, weniger bürokratische
Richtlinien in Aussicht. Sie hofft, dass es dann auch zu mehr Anträgen als bisher kommen wird.
Nationalfonds bearbeitet umfangreiches Aufgabengebiet
Der Nationalfonds hat ein umfangreiches Aufgabengebiet zu bewältigen. So zählen die sogenannten Gestezahlungen
an Opfer des Nationalsozialismus in der Höhe von jeweils 5.087,10 € zu seinem Aufgabengebiet. Bislang sind
rund 33.000 Anträge eingelangt. Zudem gibt es eine so genannte Mietrechtsentschädigung im Ausmaß
von jeweils 7.630 € sowie Nachzahlungen von jeweils 1.000 € pro berechtigter Person. Sie dient der Abgeltung von
Vermögensverlusten für den Entzug von Bestandsrechten an Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten,
Hausrat und persönlichen Wertgegenständen. In diesem Bereich hatte der Fonds insgesamt 23.000 Anträge
zu bearbeiten.
Seit dem Jahr 2000 besteht der Härteausgleichsfonds, aus dem Zahlungen an jene erfolgen, die die Voraussetzungen
für die Zuerkennung nach dem Nationalfondsgesetz zwar weitgehend, jedoch nicht zur Gänze erfüllen.
Daraus wurden 91 Auszahlungen zu je 5.087,10 € vorgenommen, in Summe also rund 462.926 €. Mit Jahresende 2014 verblieben
somit im Härteausgleichsfonds 45.783 €.
Ein Hauptaugenmerk des Nationalfonds liegt auch auf der Projektförderung, wobei insbesondere soziale, medizinische
und psychotherapeutische Projekte zugunsten von überlebenden Opfern, aber auch Forschungen unterstützt
werden.
Zudem hat der Fonds Aufgaben aus dem Kunstrestitutionsgesetz übernommen und betreut etwa die 2006 eingerichtete
Online-Kunstdatenbank, die Informationen zu über 9.100 Objekten enthält. Der Fonds ist auch weiterhin
mit der Neugestaltung der österreichischen Ausstellung im ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager
Auschwitz-Birkenau befasst und im Rahmen der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA international bildungspolitisch
tätig.
Instandsetzung jüdischer Friedhöfe geht voran
Zu den Aufgaben des Nationalfonds zählt überdies die administrative Unterstützung des Fonds
zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich und des Allgemeinen Entschädigungsfonds.
Für die jüdischen Friedhöfe steht jährlich ein Betrag von einer Million Euro zur Verfügung,
und zwar bis 2030, beginnend mit dem Jahr 2011. Insgesamt sind in Österreich 91 jüdische Friedhöfe
bekannt, die meisten in Niederösterreich (28), gefolgt vom Burgenland (14). In Wien gibt es 5 jüdische
Friedhöfe.
2014 hat die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) Förderanträge zu drei Projekten eingereicht. Sie
betreffen den jüdischen Friedhof in Graz sowie jene in Lackenbach und Kobersdorf (Burgenland). Bereits im
Laufen befinden sich Projekte in Deutschkreuz (Burgenland) und in Stockerau (Niederösterreich). Auf dem jüdischen
Friedhof Hohenems (Vorarlberg) wurden in den vergangenen Jahren durch den Verein zur Erhaltung des Friedhofs wichtige
Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt, nun soll ein Gesamtkonzept erarbeitet werden.
Allgemeiner Entschädigungsfonds läuft noch drei Jahre
Der Entschädigungsfonds läuft mit 2018 aus. Alle 20.702 eingegangenen Anträge konnten fertig recherchiert
und elektronisch erfasst werden. Insgesamt standen 210 Mio. US-Dollar zur Verfügung. Zusätzliche Geldmittel
stellte die Republik Österreich für alle bis 2009 noch nicht entschiedenen Fälle bereit. Der Fonds
entschädigt für insgesamt zehn verschiedene Kategorien, wobei die Höhe der Verluste individuell
berechnet wird.
Der Fonds wurde zur umfassenden Lösung noch offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus
für Verluste und Schäden, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen
Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, eingerichtet. Grundlage
dafür bildet das Washingtoner Abkommen vom Jänner 2001.
|