Negative Auftrags- und Umsatzentwicklung, großer Pessimismus für die Zukunft – Creditreform
KMU-Umfrage zum Geschäftsklima in Österreich
Wien (creditreform) - Die europäische Konjunktur kommt langsam wieder in Fahrt, die Prognosen der EU-Kommission
für Europas Wirtschaft sind günstig. Der konjunkturelle Aufschwung in Österreich lässt indes
weiter auf sich warten, die österreichische Wirtschaft hat sich noch nicht von ihrer Talfahrt erholt. Auch
im Frühjahr 2015 verlief die Entwicklung schleppend, das aktuelle und künftige Wirtschaftswachstum ist
gering. Ursachen hierfür sind unter anderem eine zu geringe Investitionsbereitschaft der Unternehmen gepaart
mit mangelnder Konsumfreude der Verbraucher.
Das schwache konjunkturelle Umfeld lässt sich auch an den Bewertungen der österreichischen mittelständischen
Unternehmen zu Geschäftslage und -erwartungen, die beim Creditreform Klimabarometer in einem Index (siehe
Grafiken) vereint werden, ablesen. Dieser Index spiegelt als einziger in Österreich sowohl die Ist-Situation
als auch die Zukunftserwartungen der 1.500 befragten Unternehmen zum eigenen Betrieb, der eigenen Branche als auch
zur Gesamtwirtschaft wieder. Das Klimabarometer zielt somit in erster Linie auf die Stimmung im Mittelstand ab.
Lage-, Erwartungs- und Klimabarometer auf dem schlechtesten Stand seit 2009
Anhand der beiliegenden Grafik lässt sich deutlich die Konjunkturschwäche der österreichischen
Wirtschaft ablesen. Die Konjunkturindikatoren haben sich verschlechtert, auch für die kommenden Monate ist
der Trend nicht aufwärtsgerichtet.
Der Lageindex aus positiven und negativen Äußerungen des Mittelstands zur Geschäftslage ist in
allen Branchen gesunken und liegt mit minus 1,7 Punkten deutlich unter dem Vorjahresergebnis von plus 5,0 Punkten.
Den deutlichsten Einbruch gab es beim Baugewerbe (minus 7,0 Punkte; Vorjahr: plus 1,1 Punkte) und beim Handel (minus
1,4 Punkte; Vorjahr: plus 6,5 Punkte). Spürbar schlechtere Bewertungen erscheinen auch im Dienstleistungsgewerbe
(plus 0,8 Punkte; Vorjahr: plus 5,6 Punkte), während das Verarbeitende Gewerbe (plus 5,6 Punkte; Vorjahr:
plus 5,9 Punkte) sein Vor-jahresergebnis nahezu halten konnte.
Bau am skeptischsten, Industrie am zuversichtlichsten
Schaute man im österreichischen Mittelstand vor Jahresfrist insgesamt noch recht zuversichtlich auf die
anstehende konjunkturelle Entwicklung, so haben nun die Pessimisten das Ruder übernommen - der Erwartungsindex
beträgt 2015 minus 3,1 Punkte (Vorjahr: plus 4,7 Punkte). Die meisten Skeptiker finden sich derzeit beim Baugewerbe
(minus 12,2 Punkte), das bereits als einzige Branche schon im Jahr zuvor einen negativen Erwartungsindex aufwies
(minus 4,7 Punkte). Auch bei den Dienstleistern (minus 1,2 Punkte; Vorjahr: plus 6,3 Punkte) sowie beim Handel
(minus 2,5 Punkte; Vorjahr: plus 6,2 Punkte) sind die Konjunkturoptimisten in der Minderheit. Lediglich das Verarbeitende
Gewerbe zeigt einen positiven Erwartungssaldo (plus 3,7 Punkte; Vorjahr: plus 10,0 Punkte).
Klimabarometer Hauptwirtschaftsbereiche
Am Kurvenverlauf lässt sich ablesen, dass die konjunkturelle Talfahrt im Baugewerbe noch nicht beendet
ist. Das Verarbeitende Gewerbe scheint sich wieder zu erholen und erzielt insgesamt die besten Ergebnisse, während
sich die Konjunkturkurve beim Dienstleistungsgewerbe abwärts neigt. Beim Handel deutet sich ein zarter Aufwärtstrend
an.
Auftragseingänge und -erwartungen unter dem Krisenniveau von 2008/2009
Die Auftragseingänge beim österreichischen Mittelstand sind weiterhin rückläufig. Mit einem
Saldo von minus 17,9 Prozentpunkten wurde im Frühjahr dieses Jahres ein Tiefpunkt erreicht (Vorjahr: minus
5,8 Prozentpunkte). So berichteten 18,9 Prozent (Vorjahr: 22,6 Prozent) der mittelständischen Unternehmen
von einem Auftragsplus und 36,8 Prozent (Vorjahr: 28,4 Prozent) von einem Auftragsminus. Gut ein Viertel der Betriebe
des Verarbeitenden Gewerbes (27,6 Prozent; Vorjahr: 29,5 Prozent) konnte sich über vollere Auftragsbücher
freuen, ebenso mehr als jedes fünfte Handelsunternehmen (22,1 Prozent; Vorjahr: 28,7 Prozent). Bei den Dienstleistern
berichteten 16,8 Prozent der Befragten (Vorjahr: 19,2 Prozent) und beim Baugewerbe 9,6 Prozent (Vorjahr: 13,7 Prozent)
über Auftragssteigerungen. Der Auftragssaldo aus gestiegen und gesunken liegt in allen Branchen im Minusbereich.
Am meisten hatte die Baubranche mit Auftragseinbußen zu kämpfen (50,9 Prozent; Vorjahr: 36,8 Prozent)
- bei Handel (35,3 Prozent; Vorjahr: 25,2 Prozent) und Dienstleistungen (32,8 Prozent; Vorjahr: 26,7 Prozent) war
das geringere Auftragsaufkommen ebenfalls deutlich spürbar. Am wenigsten hatte das Verarbeitende Gewerbe (28,6
Prozent; Vorjahr: 26,3 Prozent) unter Auftragseinbußen zu leiden.
Im Gegensatz zum Frühjahr 2014 schauen die Mittelständler nicht sehr zuversichtlich in die Zukunft. Der
Erwartungssaldo aus steigenden und sinkenden Aufträgen beträgt 2015 minus 3,1 Prozentpunkte (Vorjahr:
plus 6,2 Prozentpunkte). So rechnet derzeit jeder fünfte Betrieb (20,6 Prozent; Vorjahr: 23,1 Prozent) mit
steigenden Auftragseingängen, während fast jeder vierte (23,7 Prozent; Vorjahr: 16,9 Prozent) mit einem
sinkenden Auftragsaufkommen kalkuliert. Die meisten Optimisten finden sich beim Dienstleistungsgewerbe (26,0 Prozent;
Vorjahr: 24,7 Prozent) sowie beim Handel (21,3 Prozent; Vorjahr: 23,5 Prozent). Beim Verarbeitenden Gewerbe prognostizieren
17,1 Prozent der Befragten (Vorjahr: 26,3 Prozent) ein Auftragsplus und 16,7 Prozent (Vorjahr: 16,8 Prozent) beim
Baugewerbe. Auftragsrückgänge befürchten 29,8 Prozent (Vorjahr: 28,4 Prozent) der befragten Baufirmen
und 26,5 Prozent (Vorjahr: 18,3 Prozent) der mittelständischen Handelsunternehmen. Bei den Dienstleistern
sind es 21,4 Prozent der Befragten (Vorjahr: 13,7 Prozent) und beim Verarbeitenden Gewerbe 16,2 Prozent (Vorjahr:
8,4 Prozent), die mit einer Verringerung ihres Auftragsaufkommens rechnen. Damit erzielen nur die Branchen Verarbeitendes
Gewerbe und Dienstleistungen einen positiven Erwartungssaldo.
Umsätze weiterhin stark rückläufig - Fast 40% mit Umsatzminus
Die verhaltene Auftragslage verringert auch die Umsätze des österreichischen Mittelstands. So be-trägt
der Umsatzsaldo aus gestiegen und gesunken 2015 im Frühjahr minus 20,2 Prozentpunkte und setzt damit den Negativtrend
des Vorjahres fort (minus 2,7 Prozent). Insgesamt berichteten 18,3 Prozent der befragten Unternehmen (Vorjahr:
26,6 Prozent) von einem Umsatzplus und 38,5 Prozent (Vorjahr: 29,3 Prozent) von einem Umsatzminus. Den größten
Umsatzzuwachs verzeichne-ten die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes, wo sich rund ein Viertel der Befragten (25,7
Prozent Vorjahr: 30,5 Prozent) über Mehreinnahmen freuen konnte. Auch beim Dienstleistungsgewerbe (22,1 Prozent
Vorjahr: 24,7 Prozent) und beim Handel (19,1 Prozent Vorjahr: 33,0 Prozent) konnten recht viele Unternehmen Umsatzsteigerungen
verbuchen, während es beim Baugewerbe lediglich 6,1 Prozent waren (Vorjahr: 17,9 Prozent). Alle Hauptwirtschaftsbereiche
verzeichnen jedoch einen negativen Umsatzsaldo. Am wenigsten hatten die Betriebe des Verarbeitenden Ge-werbes (28,6
Prozent; Vorjahr: 30,5 Prozent) und der Dienstleistungsbranche (29,8 Prozent; Vorjahr: 27,4 Prozent) Umsatzrückgänge
hinnehmen müssen.
Beim Baugewerbe hingegen klagt die Hälfte der befragten Unternehmen (50,0 Prozent; Vorjahr: 35,8 Prozent)
und beim Handel immerhin noch 44,9 Prozent (Vorjahr: 25,2 Prozent) über ein geringeres Umsatzaufkommen.
Weniger Betriebe des österreichischen Mittelstandes als noch vor Jahresfrist prognostizieren eine Verbesserung
ihrer Umsatzlage. Der Saldo aus steigenden und sinkenden Umsätzen liegt daher aktuell bei minus 4,2 Prozentpunkten
(Vorjahr: plus 6,8 Prozentpunkte). So gehen 22,8 Prozent der Befragten (Vorjahr: 25,9 Prozent) von steigenden Umsätzen
aus und 27,0 Prozent (Vorjahr: 19,1 Prozent) von sinkenden. Die positivsten Umsatzerwartungen haben die Branchen
Dienstleistungen (25,2 Prozent; Vorjahr: 22,6 Prozent) und Handel (25,0 Prozent; Vorjahr: 29,6 Prozent), wo gut
jedes vierte Unternehmen optimistisch in die Zukunft blickt. Im Verarbeitenden Gewerbe beträgt der Anteil
der Optimisten immerhin noch 23,8 Prozent (Vorjahr: 33,7 Prozent), während es beim Bau 16,7 Prozent der Befragten
sind. Bei Bau (36,0 Prozent; Vorjahr: 28,4 Prozent) und Handel (26,5 Prozent; Vorjahr: 17,4 Prozent) gibt es mehr
Pessimisten als Optimisten, sodass beide Branchen einen negativen Erwartungssaldo haben. Bei der Dienstleistungsbranche
ist es allerdings auch noch fast jeder vierte Betrieb (24,4 Prozent; Vorjahr: 19,2 Prozent), der mit einem Umsatzminus
rechnet, während es beim Verarbeitenden Gewerbe mehr als jedes fünfte Unternehmen ist (21,0 Prozent;
Vorjahr: 11,6 Prozent).
Conclusio: Der Druck auf die Unternehmen wächst
Auf der einen Seite sinken die Firmeninsolvenzen um rund 13% auf ein historisches Tief, auf der anderen Seite
zeigen die Umsatz- und Auftragszahlen der Unternehmen steil nach unten. Man befindet sich wieder auf dem Niveau
zur Zeit der Subprime- und Lehman-Brothers-Krise. Das Vertrauen sinkt, der Pessimismus nimmt zu. Personal wird
abgebaut, Investitionen zurückgefahren oder ausgesetzt. Trotz der EZB-Geldschwemme (an die Banken), günstigem
Euro-Kurs und billigem Öl verliert Österreichs Wirtschaft immer mehr an Fahrt und Anschluss an die anderen
Länder. Somit wächst der Druck auf die Unternehmen. Mit einer Insolvenzwelle wird daher alsbald zu rech-nen
sein.
Die Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung befragt seit 1996 zweimal jährlich an die 1.500 österreichische
KMU zur aktuellen als auch zur zukünftigen Wirtschaftslage.
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