Die Schlepperrouten haben sich vom Mittelmeer auf den Balkan verlagert.
Wien (bmi) - "Die Schlepperrouten haben sich vom Mittelmeer auf den Balkan verlagert", sagte Gerald
Tatzgern, Leiter der Zentralstelle im Bundeskriminalamt zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität, bei
einem Pressegespräch mit Journalisten am 01.07. in Wien. "Die neue Hauptroute führt über die
Türkei nach Griechenland und weiter nach Mazedonien oder Bulgarien." Allein in Griechenland werden 200
Schleppergruppierungen vermutet. Nach wie vor versuchen Schlepper aber auch Boote zu chartern und die Flüchtlinge
über das Meer nach Italien zu bringen. Allerdings greifen die EU-Maßnahmen im Mittelmeer und die Landwege
werden für Schlepper interessanter.
Im Jahr 2014 kamen 54 Prozent der Flüchtlinge über Italien nach Österreich und 27 Prozent über
Ungarn. In den ersten fünf Monaten diesen Jahres verlagerte sich das: Über Italien kamen 36 Prozent,
über Ungarn 53 Prozent.
Profit auf Kosten der Flüchtlinge
Für die Route Syrien-Europa beträgt der derzeitige Schlepperpreis pro Flüchtling 8.000 bis 12.000
Euro, für eine Familie von zwei Erwachsenen und zwei Kindern 30.000 bis 40.000 Euro. Für die Route Serbien-Europa
werden mindestens 1.000 Euro verlangt. Größtenteils bezahlen Flüchtlinge diesen Geldbetrag im Vorhinein.
Um zu verhindern, dass Familien ihren Weg auch ohne die Schlepper finden, werden sie meist voneinander getrennt.
Erst im Zielland treffen sie wieder aufeinander.
Erfolgreiche Maßnahmen zur Schlepperbekämpfung waren die Operationen "Blue Amber", bei
der allein in Zusammenhang mit Schleppereien nach Österreich 16 Personen verhaftet wurden, und auch die Operation
"Limax", bei der 75 Personen festgenommen wurden. Hinzu kommen Anstrengungen zum verbesserten Datenaustausch
zwischen den Staaten entlang der Schlepperrouten. "Wir ermitteln jetzt, während die Schlepperbanden ihre
Aktivitäten setzen, nicht erst im Nachhinein", sagte Tatzgern.
Neuer Höchststand bei Asylanträgen
"Die größte Gruppe der Flüchtlinge in Österreich stellen derzeit Kriegsflüchtlinge
aus Syrien, Afghanistan und dem Irak", sagte Hilbert Karl, Leiter der Abteilung für Asyl und Fremdenwesen.
Im Mai 2015 hat die Zahl der Asylanträge in Österreich mit 6.240 einen Höchststand erreicht. Im
ersten Halbjahr 2015 wurden in Österreich rund 28.000 Asylanträge gestellt – so viele wie im gesamten
Vorjahr.
Bei der Asylwerber-pro-Kopf-Quote belegte Österreich 2014 mit 334 Asylwerbern pro 100.000 Einwohner den dritten
Platz in der EU. Auf Platz eins liegt Schweden mit 844, gefolgt von Ungarn mit 432. Allerdings ziehen 80 Prozent
der Asylantragssteller aus Ungarn in andere EU-Staaten weiter. Im Mai 2015 wurden 64 Prozent aller Asylanträge
in vier Mitgliedstaaten gestellt, nämlich in Deutschland, Ungarn, Österreich und Schweden.
Bekämpfung der Schlepperbanden
Um Schlepperbanden weiterhin effektiv zu bekämpfen, gibt es verstärkte grenzpolizeiliche Maßnahmen,
in einem vierstufigen Modell. Seit 2003 entsendet die österreichische Polizei Dokumentenberater (Polizisten
mit spezieller Ausbildung, um ge- und verfälschte Dokumente leichter und rascher zu erkennen) in Drittstaaten,
wie Russland, Indien und Thailand. Innerhalb der EU beteiligen sich österreichische Polizisten an Grenzeinsätzen
der EU-Agentur "Frontex". In bi- und multilateralen Streifen arbeiten österreichische Polizisten
mit den Polizisten der Nachbarländer im Grenzraum zusammen. Im Februar 2015 wurden trilaterale Zugstreifen
auf der Strecke Budapest-Gyor eingeführt. "Am Anfang haben die Kollegen bis zu 250 Menschen pro Zug gefasst",
sagte Günter Schnittler, Leiter des unter anderem für Grenzdienst zuständigen Referats im Innenministerium.
Die vierte Stufe grenzpolizeilicher Maßnahmen sind Ausgleichsmaßnahmen (AGM) im Bundesgebiet. In
36 AGM-Dienststellen sind 1.350 Polizistinnen und Polizisten beschäftigt. Die Zahl der Schlepperaufgriffe
durch AGM-Beamte stieg im Vergleich zu den Monaten Jänner bis Mai 2014 um fast 40 Prozent.
|