Bundespräsident Heinz Fischer
 in der ORF-"Pressestunde

 

erstellt am
13. 07. 15
11.00 MEZ

Was die griechische Regierung bisher an Vorschlägen vorgebracht habe, werde man so nicht annehmen können, sagte Heinz Fischer in der TV-"Pressestunde". Viel wertvolle Zeit sei verstrichen. "Jetzt steht es Spitz auf Knopf"
Wien (hofburg) - Bundespräsident Heinz Fischer hat sich am 12.07. nicht unbedingt zuversichtlich gezeigt, was einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone angeht: "Die Chancen sind aus meiner Sicht nicht über 50 Prozent", so Heinz Fischer in der ORF-"Pressestunde". Das, was die griechische Regierung bisher an Vorschlägen vorgebracht habe, werde man so nicht annehmen können.*)

Der Bundespräsident kritisierte die griechische Führung für ihre "unglückseligen Manöver" wie die "überfallsartige Volksbefragung". Man habe in der Vergangenheit unnötig viel Zeit verstreichen lassen: "Jetzt steht es Spitz auf Knopf." Jede Stunde für Verhandlungen sei kostbar.

Heinz Fischer warnte indirekt aber auch vor einem Image-Verlust für die Europäische Union für den Fall eines "Grexit": "Es wäre für das europäische Projekt ein Erfolg, wenn das nicht schief geht und Europa nicht gespalten da steht."

Von zwei Gruppen, einer um Deutschland und einer um Frankreich, wollte Bundespräsident Heinz Fischer nicht sprechen. Es gebe bei 28 EU-Staaten, davon zwei Drittel in der Eurozone, eben sehr viele Meinungen. Richtig sei, dass Deutschland einen Finanzminister (Wolfgang Schäuble) habe, der sehr rigoros gegenüber den griechischen Positionen sei. Er glaube aber, dass die Position der Bundeskanzlerin (Angela Merkel) "ein bisschen europäischer" sei.

Die österreichische Position schätze er so ein, dass man es begrüßen würde, wenn Griechenland in der Eurozone bleibe, so das Staatsoberhaupt auch auf ein morgendliches Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) Bezug nehmend. Einen Kompromiss zu finden, sei aber aus einer Vielzahl an Gründen schwierig.

In Sachen Schuldenschnitt meinte Heinz Fischer, dass das Wort offenbar tabu sei. Es gebe aber Flexibilität, was die Zeit der Rückzahlung und die Zinsen betreffe. Das heißt, man stehe vor keiner Betonmauer, sondern habe eine Bandbreite an Möglichkeiten.

Thema Flüchtlingspolitik
Bundespräsident Heinz Fischer hätte den Vorschlag von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), zur Flüchtlingsbetreuung Bezirksquoten einzuführen, goutiert. Er sei der Meinung, dass Quoten bei der Lösung des Problems "unterstützend" sein könnten. Ob die über Bezirke oder Gemeinden gingen, sei "nicht primär", Bezirke hätten aber wohl den Vorteil, dass sie mehr Flexibilität böten.

Zurückgewiesen wurde von Bundespräsident Heinz Fischer in der ORF-"Pressestunde" Kritik an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), weil diese in der Slowakei Platz für 500 Asylwerber schaffen hat lassen. Wenn jemand aus Syrien flüchte, sei es für ihn nicht entscheidend, ob er 30 Kilometer westlich oder östlich von der Grenze untergebracht werde: "Er will ein Dach über dem Kopf haben." Heinz Fischer wird sich jedenfalls bei seinem bevorstehenden Slowakei-Besuch für die Übernahme der Flüchtlinge bedanken.

Thema Traiskirchen
Klar gestellt wurde vom Bundespräsidenten, dass die derzeitigen Zustände in der Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen unzumutbar seien: "Das geht gar nicht, dass Leute im Freien übernachten müssen." Auch Zelte hält der Bundespräsident für keine adäquate Unterbringungsmöglichkeit.

Kritik übte Heinz Fischer an Streitigkeiten in der Regierung, auch rund um die Asylkrise. Es sei unnötig gewesen, wie bei der Parlamentsdebatte diese Woche ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka den Bundeskanzler angegangen sei, aber genauso wie SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder gestern in Zeitungs-Interviews offenbar als Revanche Innenministerin Mikl-Leitner attackiert habe. So etwas mache man untereinander abseits der Öffentlichkeit aus.

Mahnung an die Regierung
Die Regierung mahnte Bundespräsident Heinz Fischer, ihre Kraft zur Problemlösung zu nutzen: "Sonst wird sie bei der nächsten Wahl nicht reüssieren." Mit Neuwahlen rechnet der Bundespräsident im letzten Jahr seiner Amtszeit nicht. Er glaube, dass sich das Regierungsteam "zusammenrauft". Personelle Wechsel erwartet der Bundespräsident ebenfalls nicht.

Auch wenn Heinz Fischer dazu steht, noch als SPÖ-Politiker Skepsis gegenüber einer Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen geäußert zu haben, hat er kein Problem damit, in seiner heutigen Rolle als Staatsoberhaupt Hans Niessl (SPÖ) neuerlich als burgenländischen Landeshauptmann anzugeloben, auch wenn der nun auf Rot-Blau setzt. Er traue Niessl zu, das Land wie bisher zu lenken.

Überzeugt ist Heinz Fischer, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP bei der nächsten Bundespräsidenten-Wahl einen Kandidaten aufstellen werden. Dies sei seit 1945 immer so gewesen, wenn ein Staatsoberhaupt neu gewählt worden sei. Eine Wahlempfehlung plant der Bundespräsident nicht: "Ich werde mich da nicht einmischen."

     

Anmerkung: In der Nacht auf den 13.07. war es in Brüssel zu einer Einigung gekommen

 

 

 

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