Brüssel/Wien (ec) - Die Europäische Kommission hat am 09.07. ihren Bericht zur Umsetzung des EU-Rechts
in den Mitgliedstaaten veröffentlicht. Mit insgesamt 53 Vertragsverletzungsverfahren im Jahr 2014 rangiert
Österreich im EU-Vergleich damit im Mittelfeld. 21 Verfahren führte die EU-Kommission wegen verspäteter
Umsetzung, 32 wegen mangelhafter Umsetzung oder fehlerhafter Anwendung des EU-Rechts. Die meisten Vertragsverletzungsverfahren
richteten sich gegen Griechenland und Italien (beide 89), dicht gefolgt von Spanien (86) und Belgien (80), die
wenigsten Verstöße verzeichneten Kroatien(10), Estland(16) und Malta(18). Insgesamt sind die Vertragsverletzungsverfahren
rückläufig, erklärte der Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Dies sei auf den strukturierten
Dialog mit den Mitgliedsstaaten zurückzuführen, den die Kommission bereits frühzeitig vor der Einleitung
eines Vertragsverletzungsverfahrens einleitet, so der Sprecher weiter.
Der 32. Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts gibt einen Überblick über
den Erfolg der Mitgliedstaaten in Bezug auf zentrale Aspekte der Anwendung des EU-Rechts und beleuchtet die wichtigsten
Entwicklungen bei der Durchsetzungspolitik im Jahr 2014.
Die Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren ein, wenn ein Mitgliedstaat eine mutmaßliche Verletzung
des Unionsrechts nicht abstellt. Sie eröffnet Vertragsverletzungsverfahren, wenn ein Mitgliedstaat nicht innerhalb
der vereinbarten Frist die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht mitgeteilt hat. Zudem
kann die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren auf der Grundlage von Beschwerden einzelner Bürgerinnen
und Bürger bzw. Unternehmen oder aufgrund einer Untersuchung der Kommission einleiten, wenn die Rechtsvorschriften
eines Landes nicht mit den Anforderungen des EU-Rechts im Einklang stehen oder das EU-Recht von den nationalen
Behörden nicht ordnungsgemäß angewendet wird.
Insgesamt ist die Zahl der formellen Vertragsverletzungsverfahren in den letzten fünf Jahren zurückgegangen.
Dies ist auf die Wirksamkeit des strukturierten Dialogs mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-Pilot-Verfahrens
zurückzuführen, der stattfindet, bevor ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird.
Darin zeigt sich, dass die Kommission bestrebt ist, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um von Anfang an
eine bessere Einhaltung der Vorschriften zu erreichen und bei potenziellen Verstößen im Interesse der
Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen schnell eine Lösung zu finden.
Bekämpfung der verspäteten Umsetzung von Richtlinien
Im Rahmen der Initiative für bessere Rechtsetzung wird die Kommission sich darauf konzentrieren, Klarheit,
Durchführbarkeit und Durchsetzbarkeit der EU-Rechtsvorschriften sicherzustellen. Der Umsetzung und Durchsetzung
wird größere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Kommission ist entschlossen, die verspätete Umsetzung
(d. h. die Umsetzung nach der festgelegten Frist) von Richtlinien durch die Mitgliedstaaten zu verhindern. Verzögerungen
bei der Umsetzung des Unionsrechts verhindern, dass Bürger, Bürgerinnen und Unternehmen in den Genuss
der Vorteile des EU-Rechts kommen; außerdem wird dadurch die Rechtssicherheit generell beeinträchtigt,
und die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt, die ja einheitlich sein sollen, werden verzerrt.
Die Richtlinien über die Eigenkapitalanforderungen, über die Rechte der Verbraucher, über die grenzüberschreitende
Gesundheitsversorgung oder über Elektro- und Elektronikaltgeräte sind nur einige Beispiele für Richtlinien,
bei denen die Mitgliedstaaten mit der Umsetzung in Verzug sind. Im Jahr 2014 ist die Zahl der Vertragsverletzungsverfahren
wegen verspäteter Umsetzung gegenüber 2013 um 22 % gestiegen.
Die Kommission unterstützt außerdem die Mitgliedstaaten durch ein breites Spektrum an Instrumenten (z.
B. Durchführungspläne, Leitfäden, Sitzungen von Sachverständigengruppen und spezielle Websites)
weiterhin bei der Durchführung des Unionsrechts.
In den Fällen der Nichtumsetzung einer Richtlinie innerhalb der festgelegten Frist nutzt die Kommission weiterhin
die ganze Bandbreite des mit dem Vertrag von Lissabon eingeführten Systems finanzieller Sanktionen. In vier
Fällen (gegen Belgien, Irland und Finnland), in denen der Gerichtshof der Europäischen Union angerufen
wurde, beantragte sie die Auferlegung von Zwangsgeldern.
Die Kommission reagiert auf Beschwerden der Bürger
Bürgerinnen und Bürger sowie sonstige betroffene Parteien können vermutete Verstöße gegen
das EU-Recht über ein Online-Beschwerdeformular auf dem Europa-Portal Ihre Rechte direkt melden.2014 betrafen
die meisten Beschwerden die Themen Beschäftigung, Binnenmarkt und Justiz.
Hintergrund
Infolge einer Aufforderung des Europäischen Parlaments erstellt die Kommission seit 1984 alljährlich
einen Bericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts im Vorjahr. Das Europäische Parlament nimmt
dann eine Entschließung zum Bericht der Kommission an.
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