48 Sitzungen, 123 Gesetzesbeschlüsse, 3.850 schriftliche Anfragen
Wien (pk) – Der Nationalrat ist im abgelaufenen Parlamentsjahr zu 48 Sitzungen mit einer Gesamtdauer von
303 Stunden und 13 Minuten zusammengetreten und hat dabei 123 Gesetze beschlossen. Dazu kommen 32 genehmigte Staatsverträge
und 2 Vereinbarungen mit den Bundesländern. Das geht aus der Bilanz der Tagung 2014/15 hervor, die am 13.07.
zu Ende geht. 30,9% der Gesetzesbeschlüsse fielen einstimmig. Damit bleibt der Wert etwas unter dem Durchschnitt
der letzten Gesetzgebungsperioden. Auch in anderen Belangen macht sich bemerkbar, dass nunmehr sechs gewählte
Parteien im Nationalrat sitzen: Die Zahl der schriftlichen Anfragen hat mit 3.850 absolutes Rekordniveau erreicht,
gleiches gilt für die Anträge von Abgeordneten. Mehr als 700 Mal haben die MandatarInnen ihre Forderungen
in selbständige Gesetzes- und Entschließungsanträge gegossen.
Zu den Plenarsitzungen kommen 138 Ausschusssitzungen, 24 Unterausschusssitzungen, 20 Sitzungen des Hypo-Untersuchungsausschusses
und 16 Sitzungen der beiden Enquete-Kommissionen zur Stärkung der Demokratie in Österreich und zur Würde
am Ende des Lebens. Sechs der Nationalratssitzungen waren Sondersitzungen außerhalb des regulären Arbeitsplans,
die, mit einer Ausnahme, stets auf Initiative einer oder mehrerer Oppositionsparteien einberufen wurden.
10 Dringliche Anfragen, 11 Aktuelle Stunden, 3 Misstrauensanträge
Im Rahmen der 48 Plenarsitzungen nahmen die Abgeordneten auch 33 Berichte der Regierung, des Rechnungshofs und
der Volksanwaltschaft in Verhandlung. Zudem hielten sie 11 Aktuelle Stunden, 4 Aktuelle Europastunden und 9 Fragestunden
mit 108 Fragen und 81 Zusatzfragen ab. Dazu kommen 7 Erklärungen von Regierungsmitgliedern. 17 Gesetzesanträge,
darunter das Bundesfinanzrahmengesetz 2016-2019, wurden in Erste Lesung genommen. In 69 Entschließungen erhielt
die Regierung Arbeitsaufträge vom Nationalrat.
Auf Verlangen der Opposition diskutierte der Nationalrat über 10 Dringliche Anfragen sowie 4 Dringliche Anträge
und hielt 17 Kurze Debatten zu schriftlichen Anfragebeantwortungen einzelner Regierungsmitglieder und Fristsetzungsanträgen
ab. Insgesamt drei Mal versuchten FPÖ und Grüne mit einem Misstrauensvotum den Rücktritt eines Regierungsmitglieds
bzw. der Bundesregierung zu erzwingen, jeweils ohne Erfolg. Zuletzt wies der Nationalrat einen Misstrauensantrag
der Grünen gegen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mehrheitlich zurück.
Doris Bures seit September an der Spitze des Hohen Hauses
Für Nationalratspräsidentin Doris Bures war es das erste Jahr an der Spitze des Hohen Hauses. Sie wurde
nach dem Tod von Barbara Prammer am 2. August 2014 von den Abgeordneten in einer außerplanmäßig
einberufenen Sitzung am 2. September mit 117 Stimmen zur Präsidentin gewählt. Bures kündigte eine
faire, objektive und überparteiliche Vorsitzführung an. Mit den neuen Untersuchungsausschuss-Regeln hat
die Nationalratspräsidentin eine zusätzliche Aufgabe bekommen, sie steht dem Gremium Kraft ihres Amtes
vor.
Bures ist nach diesem ersten Jahr an der Spitze des Nationalrats sehr zufrieden: "In den vergangenen Monaten
wurde nicht nur bei der Gesetzgebung viel geleistet, mit dem Untersuchungsausschuss Neu oder der Enquete zur Demokratiereform
wurden auch wichtige neue Akzente gesetzt. Letztlich ist es immer gelungen, soweit Konsens unter allen sechs Fraktionen
herzustellen, um richtungsweisende Vorhaben auf den Weg zu bringen. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken.
Das Hohe Haus hat einmal mehr gezeigt, dass es ein offenes und lebendiges Haus des Volkes und das Zentrum der parlamentarischen
Demokratie ist, in dem Kompromissbereitschaft und Fairness Regie führen." Auch über neue Angebote
für junge Menschen, besonders das Lehrlingsparlament, ist die Präsidentin sehr erfreut.
Sesselrücken in der Regierung und im Nationalrat
Unmittelbar vor Tagungsbeginn kam es in der Regierung zu einem umfangreicheren Sesselrücken. Wirtschafts-
und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) löste Vizekanzler Michael Spindelegger ab und holte den
früheren Manager und Vorsitzenden des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger
Hans Jörg Schelling als Finanzminister in die Regierung. Gleichzeitig folgte Gesundheitsminister Alois Stöger
Nationalratspräsidentin Bures als Verkehrsminister nach. Sein bisheriges Ressort wurde von der Ärztin
und ÖGB-Spitzenfunktionärin Sabine Oberhauser übernommen. Änderungen gab es auch bei den StaatssekretärInnen:
Finanzstaatssekretär Jochen Danninger musste für einen neuen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium,
Harald Mahrer, Platz machen, Sonja Steßl wechselte vom Finanzministerium ins Bundeskanzleramt.
Nach den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland Ende Mai sorgten zwei Abgeordnete des Team Stronach
mit einem Fraktionswechsel für öffentliche Aufmerksamkeit. Georg Vetter und Marcus Franz traten auf Einladung
von Klubchef Reinhold Lopatka dem ÖVP-Klub bei. Damit ist die ÖVP im Nationalrat bis auf drei Mandate
an die SPÖ herangerückt. Nur kurze Zeit später schloss die FPÖ mit Rupert Doppler und Gerhard
Schmid zwei Mandatare aus ihrer Fraktion aus, weil sich diese im Zuge eines Machtkampfs innerhalb der Salzburger
FPÖ auf die Seite des Parteirebellen Karl Schnell stellten. Die beiden sitzen nun als "wilde" Abgeordnete
im Hohen Haus. Die aktuelle Mandatsverteilung im Nationalrat lautet damit: SPÖ 52, ÖVP 49, FPÖ 38,
Grüne 24, Team Stronach 9, NEOS 9, ohne Fraktion 2.
Gesetzesbeschlüsse: Von der Steuerreform bis zum Anti-Terror-Paket
Politisch war die vergangene Tagung vor allem vom Ringen um die Steuerreform, der Notwendigkeit zusätzlicher
Budgeteinsparungen durch die anhaltende Konjunkturflaute, die weiter steigende Arbeitslosenrate in Österreich,
mögliche Gefahren durch islamistische Dschihadisten und die Debatte um die Unterbringung von AsylwerberInnen
geprägt. Außerdem sorgten das geplante Freihandelsabkommen TTIP, das die EU derzeit mit den USA verhandelt,
die anhaltende Griechenland-Krise, der Ukraine-Russland-Konflikt und Spionagevorwürfe gegenüber den USA,
Großbritannien und Deutschland für intensive Debatten im Hohen Haus. Auch die Hypo Alpe Adria blieb
weiter in den Schlagzeilen, nicht nur wegen des verhängten einjährigen Zahlungsstopps der Hypo-Abbaugesellschaft
Heta und der nach wie vor unabwägbaren Kosten für die österreichischen SteuerzahlerInnen, sondern
auch aufgrund der Arbeit des am 25. Februar eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Vom Nationalrat beschlossen wurde neben der Steuerreform und den zugehörigen Begleitgesetzen unter anderem
auch eine umfangreiche Reform des Strafrechts, ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018, neue Arbeitszeitregelungen
für SpitalsärztInnen, umfassende Änderungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin, erste Schritte
zu einem Bürokratieabbau für Unternehmen, eine Neuordnung der Einlagensicherung, weitreichende Befugnisse
der Finanzmarktaufsicht bei der Sanierung und Abwicklung von Banken, eine Stärkung der Versicherungsaufsicht,
Änderungen im Bilanzrecht und im Erbrecht, ein Crowdfunding-Gesetz zur Erleichterung alternativer Unternehmensfinanzierung,
ein neues Islamgesetz und ausführende Bestimmungen zum seit Jahresbeginn geltenden Recht auf "Gesetzesbeschwerde"
für Parteien in Gerichtsverfahren.
Außerdem wurden etliche Umweltgesetze adaptiert, das Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen in
Österreich gesetzlich abgesichert, E-Zigaretten in das Verkaufsmonopol von Trafiken einbezogen, der Zugang
zu den Pflegstufen 1 und 2 erschwert, eine zentrale Schlichtungsstelle für Fahrgäste von Flugzeugen,
Schiffen, Eisenbahnen und Busse eingerichtet, die Meldepflichten der Unternehmen im Bereich der Sozialversicherung
geändert, eine Teilpension eingeführt, das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber der Staatsanwaltschaft
neu gestaltet, die Zusammenlegung von Bezirksgerichten erleichtert, eine verpflichtende tägliche Bewegungseinheit
an Ganztagsschulen normiert, das Besoldungsschema für öffentlich Bedienstete auf neue Beine gestellt
und ein Anti-Terror-Paket zur Unterbindung der Anwerbung von ÖsterreicherInnen für islamistische Terrororganisationen
verabschiedet. Um der Politik wieder mehr Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensstrategie zu geben, haben
sich die Regierungsparteien dazu entschlossen, die Industrieholding ÖIAG in die staatliche Beteiligungsgesellschaft
ÖBIB umzuwandeln. Mit einer Novellierung des Urheberrechtsgesetzes wurde ein Schlussstrich unter die jahrelange
Diskussion um die Einführung einer Festplattenabgabe gezogen. Ein neuer Bundesfinanzrahmen für die Jahre
2016 bis 2019 soll sicherstellen, dass der Budgetkonsolidierungskurs fortgesetzt wird.
Gleich mehrere Beschlüsse des Nationalrats in der zu Ende gehenden Tagung betrafen die Bekämpfung von
Steuer- und Abgabenbetrug. So stimmten die Abgeordneten einer engeren Zusammenarbeit der EU-Staaten im Kampf gegen
Steuersünder zu, genehmigten ein Abkommen mit den USA über den Austausch von Bankdaten und beschlossen
begleitend zur Steuerreform die Einrichtung eines zentralen Kontoregisters, erweiterte Befugnisse der Finanzbehörden
bei Steuerprüfungen sowie eine Registrierkassenpflicht für Unternehmen. Überdies verabschiedeten
sie ein eigenes Gesetz, um Scheinfirmen schneller auf die Schliche zu kommen. Auch der Kampf gegen Sozialbetrug
und gegen Lohn- und Sozialdumping wurde verschärft. KonsumentInnen sind in Hinkunft verpflichtet, einen Rechnungsbeleg
zu verlangen.
Zu einem Beschluss kam es auch in Sachen Euro-Schutzschirm: Finanzminister Schelling wurde von den Abgeordneten
ausdrücklich dazu ermächtigt, einer Ausweitung der Finanzierungshilfeinstrumente des Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM) zuzustimmen. Auch der EU-Ratsbeschluss über das Eigenmittelsystem der Europäischen
Union wurde von den MandatarInnen genehmigt.
Mit den Ländern wurde eine Verlängerung des Finanzausgleichs sowie die Verlängerung der Förderung
der 24-Stunden-Betreuung und des kostenlosen Nachholens von Pflichtschulabschlüssen bis 2017 vereinbart. In
eigener Sache einigten sich die Fraktionen mehrheitlich darauf, EU-Abgeordneten bei Nationalratssitzungen künftig
ein Rederecht, eingeschränkt auf bestimmte Debatten, einzuräumen. Verzögert hat sich hingegen die
geplante Abschaffung des Amtsgeheimnisses, auch die Beratungen über das neue Staatsschutzgesetz wurden in
den Herbst verschoben.
Untersuchungsausschuss Neu: Gelungener Start mit Hindernissen
Ein wenig turbulent gestaltete sich der Start des ersten Untersuchungsausschusses nach den neuen U-Ausschuss-Regeln,
die vergangenen Dezember vom Nationalrat beschlossen wurden und Anfang Jänner in Kraft traten. Seither kann
eine Minderheit von Abgeordneten, konkret ein Viertel der MandatarInnen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
erzwingen, wobei das Hohe Haus auch bei den Verfahrensregeln teilweise Neuland betrat. Folge waren unter anderem
Unstimmigkeiten rund um die Bestellung des Verfahrensrichters für den von FPÖ, Grünen und NEOS gemeinsam
initiierten Hypo-Untersuchungsausschuss, Diskussionen über geheime Ladungslisten sowie Ärger über
nicht gelieferte bzw. geschwärzte Akten.
Inzwischen hat der Hypo-U-Ausschuss aber deutlich an Fahrt gewonnen und sorgt für anhaltendes Medieninteresse.
Bis dato wurden in insgesamt rund 165 Sitzungsstunden 36 Auskunftspersonen befragt. Auch eine Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs zur Frage der Aktenschwärzungen liegt bereits vor. Würde man alle elektronisch
an den U-Ausschuss gelieferten Akten ausdrucken, käme man auf einen Aktenberg von mehr als 3,5 Millionen A4-Seiten.
Einbindung von BürgerInnen in Enquete-Kommissionen
Neue Wege beschritt der Nationalrat auch mit einer im Herbst eingerichteten Enquete-Kommission, die den Auftrag
erhielt, darüber zu beraten, wie die Demokratie in Österreich gestärkt werden kann, wobei es insbesondere
auch um den Ausbau der direkten Demokratie ging. Per Los wurden acht BürgerInnen ermittelt, die an allen Sitzungen
der Enquete-Kommission mit Rederecht teilnehmen konnten und diese Möglichkeit auch rege nutzten. Außerdem
wurde die Bevölkerung eingeladen, via Twitter mitzudiskutieren und schriftliche Stellungnahmen an das Parlament
zu schicken. Der Endbericht der Enquete-Kommission soll im September vorliegen, ob es einen Konsens geben wird,
ist angesichts der relativ weit auseinanderklaffenden Vorstellungen der Fraktionen allerdings fraglich.
Eine zweite Enquete-Kommission befasste sich mit dem Thema Würde am Ende des Lebens. Sie schloss ihre Arbeit
im März nach zehn Sitzungen, davon neun in dieser Tagungsperiode, mit 51 Feststellungen und Empfehlungen ab.
Vom großen öffentlichen Interesse an diesem Thema zeugen nicht zuletzt mehr als 700 im Parlament eingelangte
Stellungnahmen. Anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der UN-Kinderrechtskonvention fand eine Enquete zum
Thema Kinderrechte statt.
Zuletzt eingeschlafen ist die in der vergangenen Tagung intensiv geführte Diskussion über Benimmregeln
und Ordnungsstrafen für Abgeordnete, um überschießenden "Taferlaktionen", beleidigenden
Wortmeldungen und untergriffigen Zwischenrufen entgegenzuwirken und damit das Bild des Parlaments in der Öffentlichkeit
zu verbessern. Anlass dafür war zunehmende Kritik von BürgerInnen.
138 Ausschusssitzungen und 24 Unterausschusssitzungen
Zu den Plenarsitzungen kommen 138 Ausschusssitzungen und 24 Sitzungen von Unterausschüssen. Dabei befassten
sich die Abgeordneten auch mit 63 Berichten der Regierung und nahmen diese zur Kenntnis. Der Untersuchungsausschuss
zur Hypo Alpe Adria trat zu bislang 20 Sitzungen zusammen und wird auch im Sommer tagen.
Neben dem Hypo-Untersuchungsausschuss und dem Rechnungshofausschuss hatten insbesondere auch die beiden EU-Ausschüsse
und der Budgetausschuss wieder ein enormes Arbeitspensum zu bewältigen. Letztgenannter ist nicht nur für
Budgetbeschlüsse verantwortlich, sondern nimmt seit der Einführung des neuen Haushaltsrechts auch verstärkt
Aufgaben der Budgetkontrolle wahr. Die beiden EU-Ausschüsse befassen sich in einem regelmäßigen
Sitzungsrhythmus mit aktuellen EU-Vorhaben, wobei sie in der Tagung 2014/15 eine offizielle Mitteilung an die EU-Kommission
richteten und ein weiteres Mal von der Möglichkeit Gebrauch machten, der Regierung einen konkreten Verhandlungsauftrag
zu erteilen.
In Form von 31 Bürgerinitiativen und 29 Petitionen wurden Bürgeranliegen an das Parlament herangetragen.
Besonders viele elektronische Unterstützungserklärungen auf der Parlaments-Website konnten dabei Initiativen
für die Herausnahme von Cannabis aus dem österreichischen Suchtmittelgesetz (32.381) und gegen das neue
Islamgesetz (21.014) sammeln.
Die Präsidialkonferenz trat in der Tagung 2014/2015 zu 16 Sitzungen zusammen.
Zahl der Anträge und schriftlichen Anfragen auf Rekordniveau
Die Zahl der schriftlichen Anfragen hat absolutes Rekordniveau erreicht und damit auch den bisherigen Spitzenreiter,
die Tagung 2007/08, übertroffen. Damals sorgte eine Anfragenserie der FPÖ an den damaligen Innenminister
Günther Platter zum baulichen Zustand und zur Bewirtschaftung sämtlicher Polizeiinspektionen und anderer
Polizeidienststellen in Österreich, die 940 Anfragen mit 18.800 Einzelfragen umfasste, für einen statistischen
Ausreißer. Mittlerweile sind Serienanfragen, wenn auch in deutlich kleinerem Umfang, ein beliebtes Instrument
bei den MandatarInnen. Seit 2013 ist es möglich, auch in der tagungsfreien Zeit im Sommer schriftliche Anfragen
an die Regierung zu richten.
Insgesamt haben die Abgeordneten seit September vergangenen Jahres 3.850 Anfragen eingebracht, vorwiegend an Regierungsmitglieder.
Die mit Abstand meisten Anfragen gehen dabei erneut auf das Konto der FPÖ (2.496), gefolgt von den NEOS (418),
vom Team Stronach (393) und von den Grünen (366). Von Seiten der SPÖ wurden insgesamt 114 Anfragen gestellt,
von der ÖVP 50. Dazu kommen 13 Anfragen von fraktionslosen Abgeordneten.
An der Spitze der befragten Ressorts liegt heuer das Innenministerium (500), gefolgt vom vereinten Wirtschafts-
und Wissenschaftsministerium (454). An Nationalratspräsidentin Doris Bures richteten die Abgeordneten in dieser
Tagung 10 schriftliche Anfragen, an Rechnungshofpräsident Josef Moser 3.
Beachtlich ist auch die Zahl der Anträge von Abgeordneten. Die sechs Fraktionen haben in dieser Tagung rund
700 konkrete Gesetzesinitiativen und Resolutionsentwürfe eingebracht, die den zuständigen Ausschüssen
zugewiesen wurden. Hier haben die NEOS mit 251 selbständigen Anträgen und Entschließungsanträgen
die Nase vorn, wobei einige von ihnen gemeinsam mit anderen Fraktionen vorgelegt wurden.
ParlamentarierInnen und das Projekt der Demokratie
In der zu Ende gehenden Tagung des Nationalrats nahmen die Abgeordneten – und BundesrätInnen – nicht nur
ihre Kernaufgaben als GesetzgeberInnen des Bundes und als KontrolleurInnen der Regierung wahr. Die MandatarInnen
knüpften auch das globale Netz ihrer internationalen Beziehungen enger, suchten zugleich das Gespräch
mit den BürgerInnen, vor allem auch über Zukunftsthemen und immer öfter auch mit jungen Menschen.
In der "Demokratiewerkstatt" machten sich künftige StaatsbürgerInnen mit den Ideen des Parlamentarismus
vertraut und bereiteten sich auf ihre Rolle als aktive StaatsbürgerInnen vor. Im "Jugendparlament"
und erstmals auch in einem "Lehrlingsparlament" vertraten Jugendliche ihre Interessen im Plenum und in
der Rolle von MandatarInnen in den Formen des parlamentarischen Diskurses. Die Jugendlichen erwiesen sich als streitbar
und engagiert, zeigten Respekt vor Andersdenkenden und ernteten politischen Erfolg – Nationalrat und Bundesrat
griffen Beschlüsse des Lehrlingsparlaments in einer Novelle zum Berufsausbildungsgesetz auf.
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Parlament international
Zahlreiche Staatsmänner und -frauen sowie führende ParlamentarierInnen aus aller Welt und VertreterInnen
internationaler Organisationen besuchten in den letzten Monaten wieder das Hohe Haus und führten mit den PräsidentInnen
von Nationalrat und Bundesrat Gespräche über bilaterale, europäische und globale Fragen. Unter den
Gästen befanden sich etwa der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, der Schweizer Nationalratspräsident
Ruedi Lustenberger und der Präsident der israelischen Knesset, Juli-Joel Edelstein
BürgerInnen im Gespräch mit ihren MandatarInnen
Nationalratsabgeordnete und BundesrätInnen registrierten auch im abgelaufenen Arbeitsjahr enormes Interesse
der Bevölkerung an der Arbeit ihrer Mandatare. Am Nationalfeiertag, dem 26. Oktober 2014, besuchten fast 11.000
BürgerInnen den Prachtbau am Ring und nutzten den "Tag der offenen Tür" zur Information über
die Bundesgesetzgebung. Das Hohe Haus zog aber nicht nur am Nationalfeiertag Menschen aus dem In- und Ausland an.
Bei insgesamt 5.000 Führungen und Hausbegehungen erhielten mehr als 90.000 BesucherInnen, unter ihnen viele
SchülerInnen, Informationen über die Arbeit der ParlamentarierInnen. Im April begrüßte Nationalratspräsidentin
Doris Bures den millionsten Besucher im Parlament seit 2005.
Viele BesucherInnen hatte auch die Website des Parlaments (www.parlament.gv.at). Rund 2,8 Millionen UserInnen sorgten
seit Tagungsbeginn für mehr als 250 Millionen Clicks. Gleichzeitig wurden soziale Medien wie Facebook und
Twitter von der Parlamentsverwaltung verstärkt als Informationskanäle genutzt. Die "Parlamentskorrespondenz"
berichtete in rund 1.300 Aussendungen über die parlamentarische Arbeit und aktuelle Ereignisse im Hohen Haus.
Interessierten BürgerInnen gibt auch das Bürgerservice des Parlaments Auskunft.
Parlamentssanierung auf gutem Weg
Großes Interesse in der Öffentlichkeit, bei den BürgerInnen, aber auch bei jungen ArchitektInnen
und BaumeisterInnen weckt weiterhin die geplante Parlamentssanierung, für die Nationalrat und Bundesrat im
Jahr 2014 einstimmig gesetzliche Grundlagen schufen. Alle Schäden am historischen Prachtbau Theophil Hansens
sollen beseitigt und das Gebäude in einen gesetzeskonformen Zustand gebracht werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit
sollen vorhandene Raumreserven genutzt und die Energieeffizienz verbessert werden. Mit der Planung des Baus, der
2017 starten soll, wurde Ende August 2014 das Generalplaner-Team Jabornegg&Palffy_AXIS betraut. Seit
Dezember 2014 steht außerdem endgültig fest, dass der Parlamentsbetrieb in die Hofburg sowie in Pavillons
im Bibliothekshof und auf dem Heldenplatz übersiedelt. Die Sitzungen von Nationalrat und Bundesrat finden
während der dreijährigen Bauphase im großen Redoutensaal der Hofburg statt.
Parlamentsveranstaltungen zwischen tagespolitischer Relevanz und historischer Reflexion
Zum modernen Parlamentarismus gehören auch die Erweiterung des demokratischen Diskurses in Richtung engagierte
BürgerInnen und der Austausch mit WissenschaftlerInnen und Kulturschaffenden. An den etwa 100 Symposien, Buch-
und Kunstpräsentationen sowie Fest-, Gedenk- und Diskussionsveranstaltungen im Hohen Haus und im Palais Epstein
nahmen im jüngst zu Ende gegangenen Parlamentsjahr wiederum tausende Menschen teil. Die Auswahl der Themen
für die Veranstaltungen des Parlaments signalisierte das Bemühen um Aktualität, politische Relevanz
und historische Reflexion.
"Nur wenn wir wissen, was war und nur, wenn wir wissen, warum es war, können wir verhindern, dass wieder
kommt, was niemals sein darf. Niemals vergessen – das ist unser Versprechen. Es entstand aus der Bürde der
Überlebenden, niemals vergessen zu können", sagte Nationalratspräsidentin Doris Bures am 5.
Mai, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes. Bundesratspräsidentin Sonja Zwazl schloss sich an:
"Der Auftrag bleibt stets gleich: Immer und immer wieder aufzustehen und ein klares Nein zu sagen, wenn die
Sprache und der Umgang der Menschen miteinander verrohen und Radikalismus ein friedliches Zusammenleben bedrohen".
Zur Sprache kamen beim Gedenktag 2015 die Erinnerungen geladener KZ-Überlebender und die aktuelle Warnung
Christine Nöstlingers vor dem Weiterleben des Rassismus in den Herzen und Köpfen von Menschen, die das
eigene Volk durch "Überfremdung" von Ausländern in Gefahr sehen. Die berühmte Kinderbuchautorin
nannte ein Rezept: "Bessere Bildung ist das einzige Mittel gegen rassistische Vorurteile".
Gelegenheit zur historischen Reflexion boten im Parlamentsjahr 2014/15 auch Veranstaltungen zum Gedenken an den
Ersten Weltkrieg. Diskutiert wurde über die Themen Friedenspolitik, Gewaltprävention und Europäische
Integration. Nachdenken über Europa war anlässlich der 20-jährigen EU-Mitgliedschaft Österreichs
angesagt. Veranstaltungen über Medien, Frauen-, Kinder- und Generationenfragen, Nachhaltigkeit, Minderheiten
und Behinderte, Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechte, neue Sicherheitsrisiken und immer wieder über
Detailaspekte von Demokratie und Rechtsstaat waren Schwerpunkte im Kalender des Parlaments der letzten Tagungsperiode.
Junge Menschen arbeiten an der Demokratie von morgen
Die "Demokratiewerkstatt" des Parlaments setzte ihre 2007 begonnene Erfolgsgeschichte fort. Die Zahl
der Kinder und Jugendlichen, die seither an den Workshops zur Vermittlung demokratischer Werte und politischer
Bildung teilgenommen haben, liegt bereits bei 76.500. Im abgelaufenen Schuljahr besuchten 9.500 SchülerInnen
450 Workshops. 4.300 Jugendliche konnten bislang für ihr besonderes Interesse mit dem Titel "Demokratiewerkstatt-Profi"
ausgezeichnet werden. Die "Demokratiewerkstatt" erfreut sich in ganz Österreich großer Beliebtheit
- der Anteil der SchülerInnen, die aus den Bundesländern zu den Workshops anreisen, lag zuletzt bei 51%.
Erstmals absolvierte im vergangenen Parlamentsjahr eine Schulklasse aus Budapest die Demokratiewerkstatt.
Die Themenschwerpunkte in der Demokratiewerkstatt waren "Europa 1989 und der Fall des Eisernen Vorhanges –
Vorgeschichte und Folgen", "Medienkompetenz im Web2.0", Genderthemen wie Rollenbilder in Medien,
Frauenwahlrecht, Grundrechte und Chancengleichheit, "Österreich 20 Jahre Mitglied der EU, "60 Jahre
Unterzeichnung des Staatsvertrages und 70 Jahre Kriegsende". Auch die eigens für Kinder eingerichtete
Website des Parlaments http://www.demokratiewebstatt.at
und die Aktivitäten der Kinder-Website auf Facebook fanden Anklang.
Fast 200 SchülerInnen kamen in der abgelaufenen Tagung in den beiden Sessionen des Jugendparlaments als "Abgeordnete"
zu Wort. Im November 2014 berieten 95 SchülerInnen aus Kärnten über "Verantwortung im Internet".
In der Frühjahrssitzung des Jugendparlaments im Mai 2015 diskutierten 85 SchülerInnen aus dem Burgenland
in der Rolle von Abgeordneten über das Thema "Schule und Eigenverantwortung".
Am 3. März 2015 berieten 95 Lehrlinge aus zehn Unternehmen als das erste Lehrlingsparlament in Österreich
über "Regelungen für die Lehrlingsausbildung im Betrieb". Regelmäßige Angebote für
die politische Bildung von Lehrlingen in der "Demokratiewerkstatt" sind in Planung.
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