Nationalrat: SteuerzahlerInnen sollen bei Bankenpleiten keine Kosten mehr tragen
Wien (pk) – Die Steuerreform war am 07.07. im Nationalrat nur der Auftakt für eine Reihe weiterer finanzpolitischer
Themen von aktueller Bedeutung: Einlagensicherung, Anlegerschutz, Verwaltungsvereinfachungen für Kleinunternehmen
und – einmal mehr - das Vorgehen gegen Steuerbetrug. Mehrheitlich verabschiedet wurden dazu diverse EU-Anpassungen
im Finanzrecht. Ein Abkommen mit Mauritius über Informationsaustausch zu Steuersachen passierte das Plenum
einstimmig.
Staatliche Einlagensicherung fällt
Mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit folgte der Nationalrat der Empfehlung des Finanzausschusses, die Einlagensicherung
und Anlegerentschädigung für bestimmte Einlagen bei Kreditinstituten in einem eigenen Gesetz gemäß
EU-Vorgaben neu zu regeln. Demnach haben künftig alle Banken eines EU-Mitgliedsstaats einer Einlagensicherungseinrichtung
anzugehören, die bis zu 100.000 € pro Kunde und Bank sicherstellt. Geschützt sind Guthaben auf Bankkonten,
Sparbüchern und Bauspareinlagen, nicht gesichert sind hingegen Einlagen von öffentlichen Institutionen,
Kreditinstituten oder Versicherungen. Die bisherigen Regelungen zur Anlegerentschädigung bleiben weitgehend
unverändert, die Erstattungsfrist wird allerdings von derzeit maximal 30 Tagen auf höchstens sieben Tage
nach Eintritt des Sicherungsfalls verkürzt. Forderungen aus Wertpapierdienstleistungen bis zu 20.000 € werden
im Falle einer Bankinsolvenz weiterhin sichergestellt. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) erhält zusätzliche
Aufsichtszuständigkeiten in Bezug auf die Sicherungseinrichtungen.
Die direkte Zahlungspflicht bzw. Haftungsübernahme des Bundes für Ansprüche zwischen 50.000 € und
100.000 € soll durch einen Einlagensicherungsfonds ersetzt werden, der mittels Beiträge der Banken bis 2024
schrittweise aufgebaut wird. Das Fondsvolumen wird dann 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen der Kreditinstitute
betragen, so der Plan. SPÖ und ÖVP beantragten zum Gesetzesentwurf Anpassungen im Gesetzestext, die mehrheitlichen
Zuspruch fanden. So werden Bundeshaftungen für Kreditoptionen ermöglicht, wenn nicht ausreichend Fondsmittel
zur Einlagensicherung vorhanden sind, beschrieb Hermann Lipitsch (S) eine der zahlreichen Adaptierungen. Sicherstellt
wurde im Zuge der parlamentarischen Behandlung des Gesetzes zudem, dass Banken bis Ende 2018 in die Sicherheitseinrichtung
eines anderen Fachverbands wechseln können, auch wenn sie selbst keinen Fachverbandswechsel vornehmen.
In der Minderheit blieben dagegen die Abänderungwünsche der Freiheitlichen. Kernforderung der FPÖ
ist, dass der Staat "in letzter Instanz" bei einer Bankenpleite mit Überbrückungsfinanzierungen
die Sparguthaben sicherstellen kann. Die Regierung wolle sich mit dem Wegfall der staatlichen Einlagensicherung
"aus der Verantwortung stehlen", den SparerInnen Sicherheit zu bieten, zeigte sich FPÖ-Finanzsprecher
Hubert Fuchs (F) erbost, dabei übernehme Österreich horrende Haftungen für Krisenländer wie
Griechenland.
Kritisiert wird von Fuchs zudem, laut Gesetzesvorlage würden institutsbezogene Sicherheitssysteme erst ab
2019 als Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungssystem anerkannt; Kreditinstitute seien dadurch gezwungen,
teure Parallelstrukturen aufzubauen, obwohl bereits klar sei, dass diese Strukturen in vier Jahren wieder obsolet
sein werden. Laut Vorlage will man 2019 die Einlagensicherungsfonds der Sicherungseinrichtungen von Fachverbänden
in einen einheitlichen Einlagensicherungsfonds übertragen. Wenngleich Werner Kogler durchaus begrüßte,
dass der Finanzsektor selbst mit dem Fonds einen "Puffer" zum Schutz der SteuerzahlerInnen vor möglichen
Bankenpleiten aufbauen muss, bedauerte auch er den Entfall der staatlichen Haftung für Sparguthaben bis zu
100.000 €. Seiner Ansicht nach sollte das Staatsbudget als ultimative Sicherung hier nicht aufgegeben werden.
Die einheitliche Verwaltung der Einlagensicherung, die ab 2019 zentral in der Wirtschaftskammer (WKO) verankert
wird, beschrieb wiederum Andreas Zakostelsky (V) als wichtige Maßnahme, Kreditinstituten planbare und praktikable
Rahmenbedingungen zu geben, um die Wirtschaft zu unterstützen. Waren bislang Spareinlagen bis 100.000 jeweils
zur Hälfte von Banken und Staat gesichert, würden die Kreditinstitute künftig die komplette Haftung
übernehmen – auf die SteuerzahlerInnen entfielen dadurch keine Kosten mehr. Als generelle Ziele des neuen
Einlagensicherungsmodells nannte der Vorsitzende des Finanzausschusses die zeitgerechte Bedeckung von Ansprüchen
finanziert aus Bankenmitteln, die Errichtung eines EU-weiten Sicherungssystems und folglich gestärktes Vertrauen
der BankkundInnen. An die Finanzkrise von 2008, ausgelöst durch die Pleite der US-amerikanischen Bank Lehman
Brothers, erinnerte in diesem Zusammenhang Christoph Matznetter (S): staatliche Garantien für Sparguthaben
seien damals als "Notfallmaßnahme" unabdingbar gewesen, meinte er. In weiterer Folge habe aber
das System der Einlagensicherung einer Modernisierung bedurft, sodass Haftungen der SteuerzahlerInnen unnötig
werden.
Die zur Umsetzung des neuen Einlagensicherungssystems notwendige Änderung im Alternativen Investmentfonds
Manager-Gesetzes (AIFMG) rief die NEOS auf den Plan. In einem eigens eingebrachten Entschließungsantrag plädierte
Nikolaus Alm (N) dafür, die Mindestinvestitionssumme von PrivatanlegerInnen von derzeit 100.000 € auf 30.000
€ abzusenken, um so Unternehmensfinanzierungen zu erleichtern. Der Forderung schlossen sich jedoch nur die Oppositionsparteien
an, weswegen der Antrag auf mehrheitliche Ablehnung stieß.
Mehr Transparenz für Anleger angestrebt
Gemeinsam mit den Grünen stimmten die Regierungsfraktionen für Änderungen im Börsegesetz, im
Kapitalmarktgesetz und im Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, die den Anlegerschutz verbessern sollen und Verwaltungsvereinfachungen
für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorsehen – beispielsweise durch den Wegfall der bisher vorgeschriebenen
Quartalsberichte bei nicht am Prime Market tätigen KMU, wie Markus Vogl (S) ausführte. Weiters würden
Aufsichtslücken geschlossen: habe sich bislang eine börsennotierte Gesellschaft der Aufsicht entziehen
können, indem sie kein Herkunftsland angibt, werde ihr nun in einem solchen Fall ein Herkunftsstaat zugewiesen.
Betriebe im Öl-, Gas-, Bergbau-, und Holzgeschäft hätten überdies staatliche Zuwendungen öffentlich
auszuweisen, freute sich Vogl. Strafen bei Gesetzesverstößen würden verschärft. Insgesamt
schaffe die Sammelnovelle basierend auf EU-Bestimmungen mehr Transparenz und Sicherheit für AnlegerInnen.
Auf vermehrten Anlegerschutz nach EU-Maßgaben betreffend Depotbanken, die das Vermögen von Investmentfonds
verwahren, zielt auch eine mehrheitlich beschlossene Novelle zum Investmentfondsgesetz und zum Immobilienfondsgesetz
ab. Aufgaben und Pflichten von Depotbanken werden im Interesse der Anleger präzisiert, vereinheitlicht und
ausgeweitet. So soll die Festsetzung von Vergütungen risikoadäquat und transparent erfolgen. Wird die
Verwahrung des Fondsvermögens delegiert, gelten bei Auswahl und Beauftragung von Subverwahrern künftig
spezielle Sorgfaltspflichten. Ein Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen zur Novelle präzisiert den
Gesetzestext, unter anderem hinsichtlich Alternative Investmentfonds (AIF), Grunderwerbssteuer und Wertpapierleihgeschäfte.
Die FPÖ drängte in einem eigenen Abänderungsantrag "im Sinne der Praktikabilität"
des Gesetzes auf eine Vereinfachung der Regelung für Einkünfte aus Spekulationsgeschäften, die nicht
missbrauchsanfällig sind. Weiters rät Antragsteller Herbert Fuchs (F), bei Spezialfonds sowie AIF bis
150 AnteilinhaberInnen das Vorliegen von Spekulationseinkünften bzw. das Erfüllen der Spekulationsfrist
bei jedem/r einzelnen AnteilinhaberIn gesondert zu ermitteln, um eine missbräuchliche Nutzung dieser Fonds
zu verhindern. Der FPÖ-Antrag erhielt aber nicht ausreichend Zustimmung im Plenum. Um zu vermeiden, dass das
Vorliegen von Spekulationseinkünften in sämtlichen Fällen bei jedem Anteilinhaber gesondert geprüft
werden muss, schreibt die Regierungsvorlage eine Fiktionsverpflichtung für Fonds mit über 50 AnteilsinhaberInnen
vor. Demnach gelten 30% der Veräußerungsgewinne, die der Fonds erzielt, als Spekulationseinkünfte,
wenn die Anteile im Privatvermögen gehalten werden.
Informationsaustausch in Steuersachen mit Mauritius
Mauritius gilt landläufig als Steueroase, weswegen Österreich über kein Doppelbesteuerungsabkommen
mit dem Inselstaat im Indischen Ozean verfügt. Der Erfüllung internationaler Standards in Sachen steuerlicher
Transparenz und Amtshilfebereitschaft soll nun ein einstimmig angenommenes Informationsaustauschabkommen mit Mauritius
zu Steuerangelegenheiten dienen, das entsprechende OECD-Regelungen aufgreift. "Steuerhinterziehung und Steuerflucht
sind Verbrechen an der Gesellschaft", betonte Maximilian Unterrainer (S), denn ohne Steuereinnahmen könne
ein Staat beispielsweise keine sozialen Leistungen ausbezahlen. Hierzulande gingen dem Fiskus jährlich 9,7%
der Steuereinnahmen durch Steuerflucht verloren, erboste er sich. "Multinationale Großkonzerne"
trügen mit ihrer Praxis der Verschiebung von zu versteuernden Gewinnen viel zur Problematik bei.
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