Klagseinbringung gegen AKW Hinkley Point

 

erstellt am
07. 07. 15
11.00 MEZ

 Faymann: Atomkraft ist keine innovative Technologie und daher nicht subventionswürdig
Heute Klagseinbringung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes gegen AKW Hinkley Point beim Europäischen Gericht
Wien (bpd) - Am 06.07. wurde vom Verfassungsdienst Klage beim Europäischen Gericht (EuG) gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 08.10.2014, wonach die britische Regierung den Ausbau des AKWs Hinkley Point subventionieren darf, eingebracht. "Beihilfen sind dazu da, neue und moderne Technologien zu unterstützen, die im allgemeinen Interesse aller EU-Staaten liegen. Das trifft bei Atomkraft in keiner Weise zu", unterstrich Bundeskanzler Werner Faymann die österreichische Position.

Österreich bestreitet besonders die Argumentation der Europäischen Kommission, wonach die Beihilfe einen Beitrag zur Förderung eines Wirtschaftszweiges leisten würde. "Der staatlich garantierte Abnahmepreis über eine Laufzeit von 35 Jahren, die staatliche Kreditgarantie Großbritanniens von bis zu 17 Milliarden Britischen Pfund und die Ausgleichszahlung bei einer vorzeitigen Schließung der Anlage widersprechen unserer Ansicht nach den Erfordernissen für eine beihilferechtliche Genehmigung", unterstrich Faymann.

Selbst wenn Nuklearenergie einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten sollte, sei es unbestritten, dass die Gesamtumweltbilanz von Kernkraftwerken negativ ausfällt. Daher sei die Erzeugung von Atomstrom bis dato im Gegensatz zu den Erneuerbaren Energieträgern auch nicht von den Umwelt- und Energiebeihilfe-Leitlinien der Europäischen Kommission umfasst gewesen. "AKWs sind gefährlich, teuer, und verglichen mit Zukunftstechnologien wie Wind-, Wasser-oder Solarenergie weder ökonomisch noch ökologisch konkurrenzfähig", unterstrich der Bundeskanzler.

Am 8. Oktober 2014 hatte die Europäische Kommission die Fördermaßnahmen für das britische Kernkraftwerk Hinkley Point C als beihilferechtlich vereinbar mit dem Binnenmarkt erklärt. Am 28. April 2015 wurde der Beihilfebeschluss im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Der heute eingebrachten Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Europäischen Kommission liegen auch ein Beschluss des österreichischen Parlaments, der von allen Parteien mitgetragen wurde, und ein Beschluss des Ministerrats vom 22. Juni 2015 zugrunde.


 

 Rupprechter: Hinkley Point-Klage notwendig für Europas Energiezukunft
Richtungsweisender Prozess für nachhaltige Energiepolitik
Wien (bmlfuw) - Die österreichische Bundesregierung hat am 06.07. beim Europäischen Gerichtshof die Klage gegen die Genehmigung staatlicher Beihilfen für den Bau des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C eingebracht. "Das ist ein wichtiger Schritt für eine zukunftsorientiere Energiepolitik Europas", betont Umweltminister Andrä Rupprechter.

Die Subvention für Hinkley Point C stehe im Widerspruch zum Beihilfenrecht der Union, sei ein Präzedenzfall für weitere AKW-Neubauprojekte und könne einen Subventionswettlauf im gesamten europäischen Stromsektor bewirken.

Rupprechter: "Die Klage ist ein mutiger Schritt und bringt einen richtungsweisenden Prozess für eine nachhaltige Energiezukunft. Statt unsichere und unwirtschaftliche Energieformen von gestern zu fördern, müssen wir in Europa die Energiewende mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie und mehr Energieeffizienz unterstützen."

Die mangelnde Wirtschaftlichkeit neuer Kernkraftwerke sei seit längerer Zeit evident. "Obwohl die Kernenergie bereits jahrzehntelang hoch subventioniert wurde, ist diese Technologie wirtschaftlich nicht auf Dauer überlebensfähig. Sie darf nicht durch staatliche Beihilfen künstlich wiederbelebt werden", betont der Minister.


 

  Anschober: Klage leitet historische Weichenstellung für europäischen Atomausstieg ein
Tatsächliche Subventionskosten laut deutscher Studie dreimal höher als bisher geschätzt
Linz (grüne oö) -"Mit der Einreichung der Klage setzt die Bundesregierung eine wichtige Forderung meines OÖ.Umweltressorts vollinhaltlich um. Die Chancen für diese Klage stehen sehr gut - wenn es zu keiner politischen, sondern zu einer unbeeinflussten, rechtlichen Entscheidung des EuGH kommt, gehe ich von einer 90 prozentigen Erfolgschance aus", so Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober.

Die Argumente der EU-Kommission für die Subvention sind von der Bundesregierung entkräftet: Es liegt kein Marktversagen vor, sondern Atomkraftwerke sind schlichtweg unwirtschaftlich; ebensowenig liegt ein Versorgungsnotstand vor, da Erneuerbare Quellen dieselben Strommengen rascher und preisgünstiger erzeugen könnten. Anschober: "Die Entscheidung über Hinkley Point ist die historische Weichenstellung über die Atomenergie. Wenn ein Minimum an wirtschaftlicher Vernunft und Akzeptanz der Wettbewerbsregeln sich durchsetzt, dann schaffen wir einen historischen Einstieg in den schrittweisen gesamteuropäischen Atomausstieg und stoppen damit u.a. auch die Atomausbaupläne für das AKW Temelin. Denn ohne Subvention hat kein AKW-Neubau in der EU eine Chance. Schaffen wir es, die Subvention für Hinkley Point zu stoppen, dann hat der Ausbau von Temelin keine Chance!"

Weitere Unterstützung für die Rechtsschritte liefert auch eine neue Studie des deutschen Instituts Energy Brainpool im Auftrag des deutschen Energieversorgers Greenpeace Energy, der gegen die Subvention klagt. Die Studie kommt zum Schluss, dass sich durch die hohen garantierten Abnahmepreise und die zusätzliche Indexsicherung auf 35 Jahre die gesamte Subventionsmenge für diesen Zeitraum auf bis zu 108 Milliarden Euro verdreifachen würde. Dies führe am Strommarkt in Europa zu deutlichen Verzerrungen. Konkret rechnen die Autoren mit Förderkosten im Fall einer Inbetriebnahme 2022 bis zum Jahr 2057 von 53,7 Milliarden Euro. Bei Einrechnung einer Inflationsrate von 2,43 Prozent ergibt sich ein Ansteigen der jährlichen Förderung von 2,3 auf 4 Mrd. Euro und insgesamt bis 2057 auf 108,6 Milliarden Euro.

     

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