Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Juli 2015
Wien (oenb) - Österreichs Wirtschaftsleistung zeigte im ersten Quartal mit einem Wachstum von +0,1
% (zum Vorquartal) genauso wie in den vorangegangenen Quartalen keinerlei Dynamik. Österreich war damit von
der positiven Entwicklung im Euroraum, der im gleichen Zeitraum um 0,4 % wuchs, weitgehend abgekoppelt. Die österreichischen
Unternehmer konnten die außenwirtschaftlichen Impulse bisher nicht nutzen. Das günstigere internationale
Konjunkturumfeld, der schwächere Wechselkurs des Euro und die niedrigen Energiepreise schlagen sich mittlerweile
jedoch in einer Verbesserung der Auftragslage nieder, die auf einen bevorstehenden moderaten Konjunkturaufschwung
in Österreich hoffen lässt. Die Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Juli signalisieren für
das zweite und dritte Quartal 2015 ein Wachstum des realen BIP von +0,2 % bzw. +0,3 % (saison- und arbeitstägig
bereinigt gegenüber dem Vorquartal). Dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass die zukünftigen
Entwicklungen in Griechenland zu keinen nennenswerten Verwerfungen im Euroraum führen.
Die Konjunktur im Euroraum entwickelt sich derzeit ungeachtet der Situation in Griechenland relativ robust.
Vorlaufindikatoren wie der Composite Leading Indicator der OECD deuten auf ein Anhalten der positiven Wachstumsdynamik
hin. In Deutschland dürfte das Wachstum aufgrund einer Belebung der Exporttätigkeit und eines kräftigen
privaten Konsums auch im zweiten Quartal stark ausgefallen sein. Damit halten die positiven wachstumsfördernden
Effekte – schwächerer Wechselkurs des Euro, niedrige Energiepreise und das erweiterte Programm zum Ankauf
von Vermögenswerten durch das Eurosystem – auf die Realwirtschaft im Euroraum auch über die Jahresmitte
2015 an.
Diese positiven Impulse haben sich zu Jahresbeginn 2015 jedoch aufgrund einer hohen allgemeinen Verunsicherung
nicht auf die österreichische Realwirtschaft übertragen. Der Russland-Ukraine-Konflikt, die Problematik
der Hypo-Alpe-Adria-Abbaugesellschaft Heta, Diskussionen im Zusammenhang mit der Steuerreform sowie über die
Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreichs dürften hauptverantwortlich für die Eintrübung
der Stimmung gewesen sein. Mittlerweile hat sich die Zuversicht der Unternehmen jedoch gebessert. Das Wirtschaftsbarometer
der WKÖ zeigt zwar eine Seitwärtsbewegung der Geschäftstätigkeit an, die Erwartungen betreffend
die Exportumsätze liegen jedoch bereits im positiven Bereich. Der Einkaufsmanagerindex der Bank Austria lag
im Juni zum dritten Mal in Folge über der 50-Punkte-Schwelle, die Wachstum signalisiert. Die Auftragslage
der heimischen Unternehmen hat sich in den letzten Monaten sowohl im Inland als auch im Ausland spürbar verbessert.
Die Güterexporte haben sich im April mit -1,0 % im Jahresabstand zwar enttäuschend entwickelt, die Ergebnisse
des OeNB-Exportindikators zeigen für die Monate Mai und Juni jedoch einen Aufwärtstrend an.
Die Inlandsnachfrage entwickelte sich im ersten Quartal weiterhin schwach. Die Investitionstätigkeit schrumpfte
weiter, lediglich bei den Nichtwohnbauten war ein leichtes Plus zu verzeichnen. Mit der verbesserten Auftragslage
und dem Anziehen der Exporte sollte die Investitionstätigkeit jedoch anspringen.
Die Lage am Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt. Die Beschäftigung wächst zwar seit mehreren Jahren
kräftig. Die Inländerbeschäftigung entwickelte sich aber in den letzten zweieinhalb Jahren rückläufig.
In den letzten Monaten kommt es jedoch wieder zu einem Aufbau der Inländerbeschäftigung, was gemeinsam
mit der im historischen Vergleich niedrigen Inflation positive Effekte auf die Kaufkraft der Haushalte haben sollte.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist zwar weiter kräftig, hat sich in den Monaten Mai und Juni allerdings
bereits abgeschwächt.
Der private Konsum ist aufgrund einer ungünstigen Entwicklung der realen Haushaltseinkommen seit längerer
Zeit schwach. Die seit Jahresbeginn 2015 zu beobachtende Zunahme der Einzelhandelsumsätze deutet aber auf
eine bevorstehende Belebung hin. Damit könnte der Konsum bereits im zweiten Halbjahr 2015 und damit vor dem
Inkrafttreten der Steuerreform im Jänner 2016 anspringen.
Die Voraussetzungen für eine moderate Erholung der österreichischen Wirtschaft in 2015 und 2016 scheinen
also gegeben zu sein.
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