Trendwende geschafft: Energiebedarf sinkt, Wirtschaft und Bevölkerung wachsen
Innsbruck (lk) - Bis zum Jahr 2050, also in 35 Jahren, will Tirol energieautonom sein und seinen Energiebedarf
aus heimischen, erneuerbaren Energiequellen decken. Dazu soll der Energiebedarf massiv reduziert und der Anteil
sauberer, erneuerbarer Energie erheblich gesteigert werden. „Die aktuelle Statuserhebung zeigt: Wir haben die Weichen
für das Unternehmen Energiewende gestellt. Wir sind auf einem guten Weg, aber wir haben auch noch viel Arbeit
vor uns“, fasst Energiereferent LHStv Josef Geisler die Ergebnisse des Energiemonitoringberichts 2014 zusammen.
Die Trendwende erfolgte im Jahr 2005. „Der Energiebedarf sinkt, während Wirtschaft und Bevölkerung wachsen.
Saubere Energie ist auf dem Vormarsch“, erklärt Geisler. In den vergangenen zehn Jahren konnte der Energiebedarf
in Tirol um insgesamt 3,6 Prozent reduziert werden. Und das obwohl das Bruttoregionalprodukt um fast 30 Prozent
gestiegen ist und die Bevölkerung um vier Prozent zugenommen hat. Der Anteil an heimischer, erneuerbarer Energie
ist seit 2005 um 22 Prozent gestiegen und liegt derzeit bei etwa 40 Prozent des Gesamtenergiebedarfs. Zurückzuführen
ist diese positive Entwicklung auf eine Vielzahl energiepolitischer Maßnahmen, die nunmehr auch um die breite
Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung im Rahmen der Initiative „Tirol 2050 – energieautonom“ ergänzt
werden.
Ganz Tirol ist dabei
„Es gibt kaum eine Region in Tirol, die sich nicht in irgendeiner Form mit der Energiefrage auseinandersetzt“,
freut sich LHStv Geisler. Die Anzahl der Klima- und Energiemodellregionen hat sich in nur zwei Jahren vervierfacht.
Tirol hat bereits acht Modellregionen mit 126 Gemeinden, die auch vom Klima- und Energiefonds auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit
unterstützt werden. 28 Tiroler Gemeinden beteiligen sich an der Effizienzinitiative „A++“, weitere 23 – darunter
die Landeshauptstadt Innsbruck – sind so genannte e5-Gemeinden, die vor allem von der Energie Tirol betreut werden.
Bereits 38 Gemeinden haben vom Angebot des Landes Gebrauch gemacht und ein Ressourcenbewirtschaftungskonzept anfertigen
lassen. Dieses zeigt das vor Ort nutzbare Potenzial von sauberen Energiequellen von der Wasserkraft bis zur Sonnenenergie,
Biomasse und Umweltwärme auf. „In allen bisher untersuchten Gemeinden könnte der Energiebedarf technisch
zur Gänze aus den vor Ort vorhandenen Ressourcen gedeckt werden – vorausgesetzt der Energiebedarf wird halbiert.
Den Gemeinden kommt bei der Energiewende damit eine entscheidende Rolle zu“, setzt Geisler auf die laufende Umsetzung
in den Kommunen.
Am Beispiel der Zillertaler Gemeinde Schwendau zeigt sich das große Potenzial. Durch thermische Sanierung
wurde der Energiebedarf der dortigen Neuen Mittelschule um ein Drittel gesenkt. Der Heizwärme- und Warmwasserbedarf
wird zur Gänze über eine Wärmepumpe, Solarthermie und Biomasse gedeckt. Ein Fünftel des benötigten
Stroms wird am Schuldach über Photovoltaik erzeugt.
Maßnahmen greifen
Beim Umbau des Energiesystems konzentriert sich das Land Tirol in zehn Aktionsfeldern auf die Steigerung der Energieeffizienz
und den Ersatz von Öl und Gas durch saubere Energieträger. „Was das Land Tirol in den vergangenen zehn
Jahren beispielsweise über die Wohnbauförderung geleistet hat, kann sich sehen lassen“, präsentiert
Landesenergiebeauftragter Stephan Oblasser wesentliche Kennziffern.
Erfolgsgeschichte Wohnbauförderung
Seit 2005 konnten im Gebäudebereich 842 Gigawattstunden (GWh) Energie eingespart werden, das entspricht in
etwa dem Heizenergiebedarf von 100.000 Haushalten oder zehn Prozent des gesamten Heizenergiebedarfs im Gebäudebereich.
Darüber hinaus wurden 309 GWh Energie aus fossilen Energiequellen durch saubere Energie ersetzt. Allein in
der Wohnhaussanierung gab es in den vergangenen zehn Jahren rund 85.000 Ansuchen.
Vorbildlich ist auch das Land Tirol selbst. Der Anteil von Landesgebäuden, die mit Öl beheizt werden,
wird schon im kommenden Jahr unter zehn Prozent liegen und soll bis 2018 auf rund drei Prozent gedrückt werden.
Auch bei der thermischen Sanierung hat Tirol die Nase vorne. Seit 2005 wurden 96 Landesgebäude energetisch
auf Vordermann gebracht. Das sind rund 20 Prozent aller Landesgebäude.
Unternehmen forcieren Energiewende
„Energieeffizienz und saubere Energie sind ein großes Thema für die Wirtschaft“, weiß Oblasser.
Mit Hilfe von Landes- und Bundeförderungen haben Tirols Klein- und Mittelbetriebe ihren Energiebedarf seit
2005 um 60 Terrajoule (TJ) reduziert und darüber hinaus ein Substitution fossiler Energien durch Erneuerbare
im Ausmaß von 115 TJ bewirkt.
„Nach wie vor im Laufen sind Grundlagenprojekte wie die Erstellung von Grundwasserschichtenplänen, die Evaluierung
von Erdwärmesonden sowie der Biogas- und Biomasseanlagen“, führt Landesenergiebeauftragter Stephan Oblasser
aus. Sie sind die Voraussetzung für eine möglichst schonende und effiziente Ausnutzung unserer eigenen
Ressourcen.
Wasserstofftechnologie: Pole Position für Tirol
Bei der Substitution fossiler Energieträger in der Mobilität steckt auch Tirol noch in den Kinderschuhen.
„Mit strategischen Zukunftsprojekten wie dem „Green Corridor“, der Wasserstoffautobahn zwischen München und
Verona, oder dem Projekt HyFIVE zur Aktivierung des Technologiewettbewerbs in der Mobilität ist Tirol ganz
vorne mit dabei“, sieht Ernst Fleischhacker von FEN Sustain Systems eine gute Ausgangsposition für Tirol.
Wasserstoff statt Benzin und Diesel, Wasserdampf statt klimaschädlicher Abgase lautet die Devise. Vier Wasserstoffautos
stehen – gefördert vom Land Tirol – schon jetzt zum Ausprobieren bereit. Seit Kurzem gibt es nicht nur in
Bozen, sondern auch in Innsbruck eine Wasserstofftankstelle.
Pioniergeist beweist Tirol auch gemeinsam mit Bozen im Projekt SINFONIA, einem europäischen Aushängeprojekt
und dem größten Österreichischen Smart-City-Projekt zur großflächigen Gebäudesanierung
(66.000 m2), dem Umbau der Wärme- und Energieversorgung von Wohn- und Industriegebäuden sowie der Einführung
von intelligenten Systemen zur Abstimmung von örtlichem Energiebedarf und -angebot. Dabei lösen in Innsbruck
12,2 Millionen Euro EU-Fördersumme Investitionen von rund 100 Millionen Euro aus. „Projekte wie diese liefern
die technologischen und wirtschaftlichen Grundlagen für den Umbau des Energiesystems im städtischen Raum“,
ist Fleischhacker überzeugt.
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