95. Salzburger Festspiele offiziell eröffnet

 

erstellt am
27. 07. 15
11.00 MEZ

Reden von Haslauer, Ostermayer und Fischer / Die Festrede hielt der Schriftsteller Rüdiger Safranski
Salzburg (lk) - Die 95. Salzburger Festspiele wurden am Vormittag des 26.07. mit einer Festveranstaltung in der Felsenreitschule offiziell eröffnet. Nach der Begrüßung durch Festspielpräsidentin Dr. Helga Rabl-Stadler folgte die Ansprache von Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer, in der er die Begegnung mit dem Fremden thematisierte. Bundesminister Dr. Josef Ostermayer verwies auf die Rolle der Kunst bei der Wahrung des sozialen Friedens. Der Schriftsteller und Philosoph Prof. Dr. Rüdiger Safranski stellte seine Festrede unter das Motto "Zeit und Macht". Bundespräsident Dr. Heinz Fischer forderte in seiner Eröffnungsrede ein Bekenntnis zu Pluralismus und Toleranz. Für die musikalische Gestaltung zeichnete das Mozarteumorchester Salzburg unter Dirigent HK Gruber mit Werken von Kurt Weill verantwortlich.

Haslauer: Stolz sein auf kulturelle Leistungen des Kontinents
"Die Salzburger Festspiele haben unter der Intendanz von Sven Eric Bechtolf für 2015 ein inspiriertes und inspirierendes Programm an Opern, Schauspiel und Konzerten zusammengestellt", betonte Landeshauptmann Haslauer bei seiner Ansprache und stellte anhand der drei Opern Iphigénie en Tauride, Norma und Die Eroberung von Mexico aktuelle Bezüge her: "Bei allen drei Bühnenwerken geht es in unterschiedlichen Facetten um ein Thema, das Faszination und Angst, Chance und Bedrohung in sich birgt: die Begegnung mit dem Fremden und dem Mechanismus von dessen Zerstörung, vor 400 Jahren genauso wie heute", so Haslauer.

60 Millionen Menschen seien weltweit aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlichen Zielen auf der Flucht. "Sie alle wollen Sicherheit, sie alle wollen leben." Nach Erwin Ringel sei die Angst vor dem Fremden vor allem auf mangelndes Selbstwertgefühl und mangelnde Stabilität zurückzuführen, so Haslauer, der appellierte, diese Angst zu überwinden und auf das Erreichte stolz zu sein. Besonders die Festspiele zeigen, "zu welchen geistigen, gestalterischen und künstlerischen Leistungen dieses Land, dieser Kontinent, unsere Kultur fähig ist". Man müsse "den inneren Spannungsbogen zwischen Pflicht und Leidenschaft, zwischen Humanität und Selbstschutz, zwischen Hilfsbereitschaft und Lebenswille mit einer Brücke verbinden: Geben wir der Menschlichkeit die Weite, aber auch gleichzeitig einen Horizont, an dem sie ihre notwendige Perspektive findet", sagte Haslauer.

Ostermayer: Die Kunst macht das Leben erträglicher
"Kunst und Kultur können uns helfen, Demagogen von seriösen Analytikern zu unterscheiden. Kunst kann bereits dann die Grenzen zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit aufzeigen, noch bevor diese für jeden offensichtlich geworden sind", so Bundesminister Ostermayer.

"Kunst kann uns helfen, auch in stürmischen Zeiten dennoch weiter am schmalen Grat der Zivilisation sicher zu gehen, die Gefährdungen für diese errungene Zivilisation beim Namen zu nennen und dann und wann auch den Finger schmerzhaft in die Wunden unserer Gemeinschaft zu legen. Kunst und Kultur kann uns zeigen, wie wichtig es ist, über den sozialen Frieden in Europa und darüber hinaus nachzudenken und wie man ihn bewahren kann. Wenn wir nicht verstehen, wer der andere ist und vor allem, warum er anders ist, mündet das in Rassismus, Gewalt und Fremdenhass, eben in Eroberung. Im Idealfall sollten wir durch die Kunst reifer, klüger und gebildeter werden. Die Kunst macht das Leben erträglicher", so Ostermayer.

Safranski: Revolution des gesellschaftlichen Zeitregimes erforderlich
Viele Bezüge zum "Rosenkavalier" stellte Rüdiger Safranski in seiner Festrede zum Thema Zeit und Macht her. Zur Vergänglichkeit und zum Altern gehört "auch das Bewusstsein der Sterblichkeit, der eigenen Befristung". Mehr noch aber fordert Safranski "eine neue Zeitpolitik, eine Revolution des gesellschaftlichen Zeitregimes". Man müsste "andere Arten der Vergesellschaftung und Bewirtschaftung der Zeit entwickeln und durchsetzen". Dabei werde die Zeit "notwendig zu einem politischen Thema und gerät in den Bereich der politischen Entscheidungen".

Es sei eine politische Machtfrage, die Geschwindigkeiten der Ökonomie und der demokratischen Entscheidungen aufeinander abzustimmen, "was darauf hinauslaufen würde, die Ökonomie unter das Zeitmaß demokratischer Entscheidungen zu bringen". Ebenso sei es eine politische Machtfrage, "ob es der Finanzwirtschaft weiterhin erlaubt bleiben soll, mit der Zukunft so gemeingefährlich zu spekulieren, wie sie das bisher getan hat und noch tut. Es ist eine politische Machtfrage zu entscheiden, welchen Preis an Umweltschäden und Lebensbelastungen wir zu zahlen bereit sind, nur um eine schnellere Fortbewegungsart zu ermöglichen. Es ist eine politische Machtfrage, Lebenszyklen und Arbeitsprozesse zu synchronisieren. Und es ist eine politische Machtfrage, wie viel Zeit wir den Kindern geben und lassen wollen und den Alten und dem Altern." Hierbei seien wir zwar nicht Herren der Zeit. "Aber an der Art und Weise der Vergesellschaftung der Zeit können wir sehr wohl etwas ändern", so Safranski.

Fischer: Bekenntnis zu Pluralismus und Toleranz
Ausgehend vom Anspruch der Salzburger Festspiele – allerhöchste Qualität, Internationalität und Auseinandersetzung mit der Gesellschaft – ging Bundespräsident Fischer in seiner Eröffnungsrede im Anschluss an die Festspielrede auf die aktuelle Situation der Asylsuchenden ein: "Grundrechte, Menschenwürde und Rechtsstaat stehen auch heute weltweit auf dem Prüfstand." Worauf gerade Österreich jahrzehntelang stolz sein konnte, sei heute nicht mehr ganz so selbstverständlich.

"Ich meine, dass es richtig und notwendig ist, sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen, die Rangordnung unserer Werte nötigenfalls zurechtzurücken und dabei Mut zu zeigen. Wir können nicht Unmögliches leisten, aber wir müssen Menschen, die brutal aus ihrer Lebensbahn geworfen, zur Flucht gezwungen und an den Rand gedrängt werden, in die Augen schauen und uns selber in den Spiegel schauen können. Mauern und Zäune an den Grenzen und in den Köpfen sind keine taugliche Antwort auf die Herausforderungen, mit denen wir es heute auf diesem Gebiet zu tun haben", so Fischer.

Die Einstellung, "da kann man nichts machen", bringe uns nicht weiter, unterstrich Fischer. "Im Gegenteil: Sie lähmt uns und wirft uns zurück." Und in den allermeisten Fällen könne man sehr wohl etwas machen. Optimismus dürfe aber nicht mit blinder Zuversicht verwechselt werden. Er sei eine Einstellung, die mit Realismus auf Probleme zugehe und diese durch entsprechende Anstrengungen zu lösen vorsehe.

Der Bundespräsident weiter: "Wenn es heute etwas gibt, das wir besonders nötig haben, dann ist es die Form des Pluralismus, der Offenheit und der Zuversicht und der Wille, den Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft mit Entschlossenheit zu begegnen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.salzburgerfestspiele.at/

 

 

 

 

 

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