Auftakt am Abend mit "Turandot"
Bregenz (bregenzerfestspiele) - Die 70. Bregenzer Festspiele sind am 22.07. von Bundespräsident Heinz
Fischer im Großen Saal des Festspielhaus vor und 2.000 Gästen feierlich eröffnet worden. In den
Ansprachen von Fischer, Kulturminister Josef Ostermayer und Festspielpräsident Hans-Peter Metzler standen
die Themen Frieden, Solidarität, Freiheit und Menschenwürde im Mittelpunkt. Fischer mahnte, ins Land
gekommenen Flüchtlingen "ein Stück Menschenwürde zu gewähren". Die Wiener Symphoniker
sowie weitere Festspielkünstler gaben einen musikalischen Ausblick auf die rund 80 Veranstaltungen umfassende
Festivalsaison am Vorarlberger Bodensee unter Leitung der neuen Intendantin Elisabeth Sobotka.
Der Bundespräsident betonte bei seiner zwölften und letzten Eröffnung der Bregenzer Festspiele die
Gründungsanliegen des Festivals, das nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Im innersten Kern von Festspielen
müsse "ein Prinzip oder ein moralisches Anliegen" stehen. Und während 1920 in Salzburg das
Land Österreich das Leitmotiv gebildet habe, seien es nach 1945 "die Idee der Freiheit und des Friedens
und die Würde des Menschen" gewesen. Diese Gründungsanliegen dürfe man nicht aus den Augen
verlieren.
Den Bregenzer Festspielen gratulierte das Staatsoberhaupt zur Entwicklung seit den Anfängen im Jahr 1946.
"Wer hätte sich damals vorstellen können, dass die Bregenzer Festspiele im Jahr 2015 zum weltweit
besten Festival gekürt werden?", fragte Fischer, um gleich fortzusetzen: "Und doch ist es so."
Im Nachdenken über das Erfolgsgeheimnis von Festspielen nannte der Bundespräsident einige Gegensatzpaare,
etwa die Verbindung "einer internationalen Ausrichtung mit lokalen Stärken und Besonderheiten".
Auch die "wunderbare Landschaft" zählte Fischer als Bregenzer Erfolgskriterium auf, und: die künstlerische
Leitung, die den Unterschied zwischen "gut" und "exzellent" zustande bringen müsse.
Kulturminister Josef Ostermayer startete seine Ansprache ebenfalls in den kriegerischen Zeiten des 19. und 20.
Jahrhunderts. "Kunst und Kultur haben uns geholfen, aus dem Schatten des Nationalsozialismus, aus der Dumpfheit
der Nationalismen des 19. und 20. Jahrhunderts in eine neue Phase europäischer Zusammenarbeit zu kommen",
spannte der Minister den Bogen bis in die heutige Zeit der Europäischen Union. Er sei davon überzeugt,
dass sie - Kunst und Kultur - in den nächsten Jahren nicht weniger wichtig sein werden als in der Vergangenheit.
Die Kunst sei nämlich "ein Scheinwerfer, der uns erkennen lässt, was richtig und was falsch ist;
was menschlich geboten und was unmenschlich und zynisch ist", so Ostermayer.
Europa habe in den vergangenen Jahrzehnten im grundsätzlichen Bekenntnis zu gemeinschaftlichem Handeln und
mit dem grundsätzlichen Willen zum Kompromiss, zur Solidarität, aus der Geschichte gelernt. Als in den
vergangenen Tagen das Wort "übersolidarisch" (von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP),
Anm.) im Sinne von "zu viel" verwendet worden sei, habe ihn das nachdenklich und besorgt gemacht. Der
Begriff suggeriere, es könnte "ein zu viel an Miteinander geben. In jeder und daher auch in unserer Gesellschaft
kann es nie zu viel an Solidarität geben", betonte der Minister. Solidarität sei das Grundprinzip
des menschlichen Zusammenlebens und der gegenseitigen Hilfe. In diesem Geist sei Europa nach dem Krieg neu errichtet
worden.
Festspielpräsident Hans-Peter Metzler erinnerte daran, dass die Bregenzer Festspiele nur deshalb möglich
geworden seien, weil die damalige Besatzungsmacht Frankreich Österreich als "befreundetes Land"
angesehen habe. "Die Besatzungsmacht unterstützte, nein, sie förderte den demokratischen wie auch
den wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufbau bewusst", betonte Metzler.
Als Leitmotive der Bregenzer Festspiele unterstrich der Festivalpräsident "Offenheit, Toleranz und
Förderung". Man werde auch heuer wieder versuchen, diesen Grundsätzen verantwortungsvoll gerecht
zu werden, nicht nur in der Thematik der Produktionen. Im Mittelpunkt bleibe die Kunst. Zudem begrüßte
er die neue Intendantin Elisabeth Sobotka bei ihrer ersten Bregenzer-Festspiel-Eröffnung als "die Lösung"
und als "Bereicherung aus dem Osten". Fischer und Ostermayer wünschten der ehemaligen Grazer Opernintendantin
ebenfalls viel Glück und Erfolg.
Am Abend feierte bei den Bregenzer Festspielen Giacomo Puccinis Turandot auf der Seebühne Premiere, am 23.07.
stehen Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach im Festspielhaus auf dem Programm. Für das Spiel auf
dem See sind 179.000 Karten aufgelegt, fast 90 Prozent davon sind gebucht.
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