#DWPOL: BürgerInnen können ab heute auf www.besserentscheiden.at mitreden
Wien (pk) - Welche neuen Wege können in der Politik durch digitalen Wandel beschritten werden? Was
bedeutet Digitalisierung für andere Bereiche unserer Gesellschaft? Und wie kann sie Demokratie verändern?
Genau um diese Fragen inmitten des sogenannten digitalen Zeitalters geht es im offenen Beteiligungsverfahren "Digitaler
Wandel und Politik", das der Präsident des Bundesrats Gottfried Kneifel zum Schwerpunkt seines Vorsitzes
im zweiten Halbjahr 2015 gemacht hat und am 22.07. im Parlament gestartet wurde. Die Länderkammer setzt mit
der Möglichkeit der digitalen Bürgerbeteiligung bereits eine Anregung von ExpertInnen aus der Enquete-Kommission
zur Stärkung der Demokratie in Österreich um, wie die Diskussion beim Kick-off der Initiative zeigte.
Geht es nach Kneifel, müssen in allen Bereichen der Gesellschaft so rasch wie möglich die Chancen des
digitalen Wandels ergriffen und die richtigen gesetzlichen Maßnahmen zur Begleitung dieser Veränderung
gesetzt werden. Die BürgerInnen sollten dabei aktive Mitgestalter dieser digitalen Welt sein. Online mitreden,
mitdenken und mitdiskutieren können Interessierte auf www.besserentscheiden.at. Alle Ideen, Sorgen und Wünsche,
wie der Bundesratspräsident sagte, werden im Herbst in einem Grünbuch gesammelt, das dann als Grundlage
für die weitere parlamentarische Arbeit der Länderkammer dienen soll.
Kneifel: Digitale Chancen ergreifen und ins Zentrum der Politik und Gesellschaft stellen
Die digitale Wertschöpfung dürfe an Österreich nicht vorübergehen sondern müsse aktiv
gefördert und in das Zentrum von Politik, Parlament und Gesellschaft gestellt werden, wie der Bundesratspräsident
sagte. "Wir wollen nicht nur Anwender sondern mehr denn je Mitgestalter an den internationalen Märkten
sein", so Kneifel. Eine Exportoffensive, weniger Bürokratie, eine bessere Verwaltung, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten
für ältere ArbeitnehmerInnen und mehr Beteiligung an demokratischer Mitgestaltung könnten eine gezielte
Politik zur Bewältigung des digitalen Wandels bewirken.
Buchberger: Wir brauchen eine Politik für das Erfinden von IT
Wenn Österreich beim "Digitalen Wandel" nicht nur Konsument sein will, sondern wesentlich zur Entwicklung
der digitalen Technologien beitragen möchte, braucht es, und das gerade in der Politik, ein tiefgreifenden
Verständnis der wesentlichen Grundprinzipien dieser Technologie, so das Urteil von Bruno Buchberger vom Research
Institute for Symbolic Computation (RISC) an der Johannes Kepler Universität in Hagenberg. Ein oberflächliches
Reagieren auf sich schnell ändernde Trends sei bei diesen Technologien nämlich zu wenig. Sein Rezept:
Das mathematische Grundprinzip des "universellen Computers" verstehen und anwenden, damit Österreich
sowohl in der IT-Forschung, als auch in der IT-Ausbildung und IT-Entwicklung an die Spitze kommt. "Es braucht
eine Politik für das Produzieren und Erfinden von IT", so Buchberger. Dazu stehe die Frage im Mittelpunkt,
wie Österreich als Land für die digital interessierte Jugend der Welt attraktiv werden kann, wie hierzulande
"vibrierende, jugendliche, internationale Szenen" entstehen können, die mittelfristig Österreich
als Land des "Digital Age" etablieren werden. "Dazu müssen einige heilige Kühe geschlachtet
werden", geht es nach Buchberger, außerdem erfordere das eine Kultur des Denkens und scharfen Verstandes.
Offenes Beteiligungsverfahren: Breite Unterstützung aller Bundesratsfraktionen
Breit unterstützt wurde das offene Beteiligungsverfahren beim Start der Initiative im Parlament von allen
vier Bundesratsfraktionen. "Politik hat sich mit digitalem Wandel zu beschäftigen", brachte es Reinhard
Todt (SPÖ) auf den Punkt. Positiv bewertete es der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, dass die Länderkammer
so schnell auf Vorschläge der Demokratie-Enquete des Nationalrats, in deren Sitzungen bereits BürgerInnen
einbezogen wurden, reagiert. Aus seiner Sicht sollte offene Gesetzgebung so ausgestaltet werden, dass auch ältere
Menschen barrierefrei daran teilnehmen können. Dezidiert sprach sich Todt zudem für einen parlamentarischen
Zukunftsausschuss aus.
Die Idee eines Zukunftsausschusses bewertete auch die FPÖ-Fraktionsvorsitzende Monika Mühlwerth als positiv.
Außerdem sei die Bundesratsinitiative "Digitaler Wandel und Politik" begrüßenswert,
sagte sie, mahnte aber gleichzeitig mit Verweis auf die Demokratie-Enquete des Nationalrats konkrete Ergebnisse
ein. Die Enquete soll in Gesetze münden, wie direkte Demokratie in Österreich weiterentwickelt werden
kann, forderte sie. Die Diskussion dazu gebe es bereits seit Jahren, es sei endlich an der Zeit, so die FPÖ-Bundesrätin,
etwas zu tun. Hinsichtlich der zunehmenden Digitalisierung sind für Mühlwerth außerdem Themen wie
Datenschutz und Digital Literacy von Bedeutung.
Der Bundesratsvorsitzende der Grünen, Marco Schreuder, bezeichnete den digitalen Wandel als eine der größten
politischen Aufgaben in der Zukunft. Dieses Thema besitze globale, EU-weite aber auch kommunale Ebenen, deswegen
ist aus Sicht Schröders die Länderkammer der richtige Ort, um beim digitalen Wandel als Brückenbauer
zu agieren. Die Politik habe zudem auch Fragen des Datenschutzes zu beantworten. Im Internet sah der Bundesrat
enormes Potential für eine offenere Gesetzgebung mit mehr Bürgerbeteiligung. Als Best-Practice-Beispiel
nannte er Island, wo die Staatsverfassung kollaborativ und online erarbeitet sowie abgestimmt wurde.
ÖVP-Fraktionsvorsitzender Edgar Mayer machte darauf aufmerksam, dass der digitale Wandel durch die Vorhaben
der EU-Kommission bereits europäische Dimension erreicht hat. Die Initiative ist aus seiner Sicht zielgerichtet,
zudem nehme der Bundesrat dieses Thema als Erstes auf. Es gehe um Internet, den Ausbau des Breitbands und andere
wichtige Fragen der Zukunft. Mayer zufolge gilt es deswegen, eine gesamteuropäische Strategie zu entwickeln.
Nicht unerwähnt ließ der Fraktionsobmann außerdem, dass sich die Länderkammer mittlerweile
"zur eigentlichen EU-Kammer" entwickelt habe.
Fahrplan für "Digitaler Wandel und Politik"
Die Diskussion und Ideensammlung auf www.besserentscheiden.at ist bis Ende Oktober online. Dann soll aus den Inputs
der BürgerInnen das Grünbuch "Digitaler Wandel und Politik" erarbeitet werden, das schließlich
als Grundlage für die Bundesrats-Enquete am 18. November 2015 dienen soll. Welche Initiativen oder Entschließungen
der Bundesrat letztlich setzen wird, ist noch offen. Parallel zum Online-Diskurs werden von August bis Oktober
auch Diskussionsveranstaltungen stattfinden. Im Dezember kommt der EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und
Gesellschaft, Günther Oettinger, in den Bundesrat.
Mitteilung des Bundesrats-EU-Ausschusses zum digitalen Binnenmarkt
Auf EU-Ebene ist das Thema des digitalen Wandels bereits angekommen. Die Europäische Kommission hat sich mit
der Realisierung eines "Digitalen Binnenmarkts" zum Ziel gesetzt, regulierungsbedingte Barrieren zu beseitigen
und die 28 nationalen Märkte zu einem einzigen zusammenzuführen. Im EU-Ausschuss des Bundesrats wurde
heute dazu eine Mitteilung an die Kommission beschlossen.
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