Nachwachsende Rohstoffe mittels Chemie und Biologie
Wien (tu) - Nachwachsende Rohstoffe liegen im Trend, umso mehr wenn sie durch umweltschonende Produktionsverfahren
hergestellt werden. Wie diese funktionieren und welche neuen Methoden es gibt, wird derzeit auf der Biotrans 2015,
der größten Fachkonferenz im Bereich Biokatalyse, diskutiert.
Die Evolution hat eine Vielzahl von Enzymen hervorgebracht, die spezielle Stoffumsetzungen (sog. Biotransformationen)
besonders mild bewerkstelligen. Dies hat wesentlich zur hohen Vielfalt von Organismen und ihren Produkten beigetragen.
Der Einsatz von Enzymen (und Mikroorganismen) in der Chemie ist hingegen relativ neu und wird als Biokatalyse bezeichnet:
Unter ähnlich milden und umweltverträglichen Bedingungen werden wertvolle Chemikalien für die Pharmazie,
Materialwissenschaften oder auch die Agroindustrie erzeugt.
Um dem Trend zur Verschränkung von Chemie und Biologie für technologische Anwendungen Rechnung zu
tragen, hat die TU Wien hat die Initiative „TUgoesBIO“ ins Leben gerufen. So hat u.a. die Gruppe um Prof. Marko
Mihovilovic (Institut für Angewandte Synthesechemie) mehrere Verfahren entwickelt, um aus Abfallstoffen mittels
Biotransformationen Wertstoffe wie Vorstufen für Kunstfasern (Nylon/Perlon-9) oder auch wertvolle Aromastoffe
zu gewinnen. Dies stellt wesentliche Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen „Bioraffinerie“ dar, um wichtige
Chemikalien bei verknappenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Im Rahmen der wissenschaftlichen Feiern zum 200-Jahr-Jubiläum der TU Wien wird daher heuer auch die größte
Fachtagung im Bereich der Biokatalyse in Wien abgehalten. Biotrans2015 bringt über 700 Wissenschaftler_innen
aus Chemie, Biologie und Biotechnologie zusammen, um über neueste Entwicklungen im Bereich umweltschonender
Produktionsverfahren durch Einsatz von Enzymen und Mikroorganismen zu referieren. „Es ist uns gelungen, hochkarätige
Forscher wie Prof. Sang Yup Lee aus Korea – Mitglied des World Economic Forums – sowie Prof. Frances H. Arnold
aus den USA – Trägerin der National Medal of Technology and Innovation – nach Wien zu holen und vielversprechende
Trends beim Übergang von einer erdöl-basierten zu einer auf nachwachsenden Rohstoffen beruhenden Industrie
herauszuarbeiten“, erläutert Mihovilovic. Dass Österreich in diesem Forschungsfeld ein „global player“
ist, zeigt sich auch daran, dass der erstmalig verliehene Biotrans-Award an Prof. Wolfgang Kroutil, Uni Graz, für
seine wegweisenden Arbeiten zur Entdeckung neuer Enzymarten und Biotransformationen geht.
Die intensiven Forschungstätigkeiten im Bereich der Biokatalyse und Grünen Chemie in Österreich
sind auch für den Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO) ein zukünftiges Entwicklungsfeld. „Chemie
4.0“ bezeichnet die Entwicklung von völlig neuartigen Verfahren und Materialien, die den Kunden maßgeschneiderte
Produkte und Leistungen bieten. „Chemie 4.0 ist ein komplexer und zugleich spannender Prozess, der mit einer Idee
im Labor beginnt und die Innovation zur industriellen Fertigung bringt. Green Chemistry und Smart Chemistry sind
die Stoffe, aus denen die Zukunft gemacht wird“, so der Obmann des FCIO Ing. Hubert Culik.
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