Wien (bmi) - Über die Ursachen von Migration, die Verantwortung Europas und langfristige Entwicklungsperspektiven
wurde bei der Tagung "Ethik, Entwicklung und Asyl" am 27.07. im Innenministerium diskutiert. "Österreich
und Europa haben die Verantwortung jenen zu helfen, denen es nicht so gut geht", sagte Innenministerin Mag.
Johanna Mikl-Leitner in ihrer Eröffnungsrede. Auch in Zukunft müsse Asyl für Verfolgte und Kriegsflüchtlinge
ein Menschenrecht bleiben, aber es bedürfe einer Verbesserung der Situation vor Ort, um Migration zu einer
Option und nicht zu einer Notwendigkeit zu machen, sagte die Innenministerin.
60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht
Auf die Ursachen von Flucht- und Migrationsbewegungen ging Mag. Peter Webinger, Leiter der Gruppe III/B (Asyl,
Migration, Staatsbürgerschaft, Personenstand, Menschenrechte), in seinem Vortrag ein. Migration sei niemals
Selbstzweck, sondern vielmehr ein Symptom. Menschen würden primär aus drei Hauptgründen ihre Heimat
verlassen: aus wirtschaftlichen oder familiären Gründen bzw. Flucht vor Verfolgung. Es sei eine Abwägung
von Risiken und Chancen, die letztendlich zur Migrationsentscheidung führe, wobei auch der Aspekt der Perspektivenlosigkeit
dabei eine Bedeutung hat. Im Hinblick auf die ethische Verantwortung zur Hilfeleistung stellte Mag. Webinger die
Frage, ob man tatsächlichen "jenen helfe, die am dringendsten unserer Hilfe bedürfen", da sich
jene, die besonders unter Armut und Verfolgung leiden, Migration nur in den wenigsten Fällen finanzieren könnten.
Auch sei es für Europa angesichts der hohen Zahl an Flüchtlingen – 60 Millionen weltweit und 20 Millionen
um Europa – nicht für alle Menschen möglich, in Europa die Lösung zu finden, aber Europa hat die
Verantwortung, zu einer Lösung für diese Menschen beizutragen. Mögliche Lösungsansätze
seien die von Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner angeregte "Save-Lives"-Initiative, die eine Abklärung
der Asylperspektive in den Herkunftsregionen vorsehe. Eine solche Initiative könne am ehesten die am meisten
schutzbedürftigen Menschen erreichen und gleichzeitig dem Schlepperwesen die Grundlage entziehen.
Entwicklungspolitik und ökosoziale Marktwirtschaft
Professor DDr. Franz Josef Radermacher, Professor für Informatik an der Universität Ulm und Leiter des
Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, argumentierte, dass dem gegenwärtigen
Migrationsdruck nur durch Anpassung mehrerer Politikfelder beizukommen sei. Es gehe vor allem um ein "grünes"
und "inklusives" Wirtschaften, das die Ressourcen der Erde nicht achtlos ausbeute und gleichzeitig die
Situation der sozial Schwächsten im Auge behalte. Das Konzept einer solchen ökosozialen Marktwirtschaft,
das bereits vom ebenfalls anwesenden Vizekanzler a. D. Dr. Josef Riegler konzipiert wurde, vereine nachhaltiges
Wirtschaften und Marktwirtschaft. Perspektivisch betrachtet, sei der heutige Wohlstand in Europa historisch einzigartig,
während in vielen Ländern der Erde eine Zweiklassengesellschaft, aus sehr reichen und sehr armen Menschen,
bestehe. Einer solchen Entwicklung könne eine ökosoziale Marktwirtschaft entgegenwirken, in der durch
eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität eine Vermehrung des Wohlstandes entkoppelt vom Ressourcenverbrauch
stattfinden kann. Insgesamt werde in Zeiten der ökonomischen Globalisierung globale Empathie zu einer Schlüsselfrage
und weltweite Kooperation der zentrale Beitrag zur Zukunftsfähigkeit.
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