JKU ForscherInnen entschlüsseln Naturphänomen
Linz (jku) - Bei Ameisen ist die Texanische Krötenechse ziemlich unbeliebt, bei WissenschafterInnen
hingegen umso beliebter. Denn das in Nordamerika beheimatete Tier scheint Wasser der Schwerkraft trotzen zu lassen
– und inspirierte so ForscherInnen des Instituts für Medizin- und Biomechatronik der Johannes Kepler Universität
(JKU) Linz zu einem völlig neuen Forschungsansatz.
Die Echse ernährt sich von Ameisen und Wasser. Vor allem letzteres ist für das Wüstentier eine Herausforderung,
doch die Natur hat eine Lösung gefunden. Jeden Morgen, wenn das Tier noch kalt ist, aber sich die Luft bereits
erwärmt, kondensiert Tauwasser auf dem Körper des Tiers und fließt zum Mund – und nur zum Mund,
nie zum Schwanz, notfalls auch gegen die Schwerkraft. Eine internationale Forschungskooperation unter Leitung der
JKU ist diesem Rätsel auf den Grund gegangen.
„Die Echsen ‚lenken‘ die Wassertropfen durch einen sich periodisch verändernden Querschnitt von vernetzten
Kapillaren zwischen den Schuppen, also ohne bewegliche Teile oder ,Pumpen‘. Dadurch wirken diese Kapillaren wie
Dioden für die Flüssigkeit, lassen das Wasser also nur in eine Richtung passieren, wogegen der Transport
in der ,falschen‘ Richtung gestoppt wird“, erklärt Prof. Werner Baumgartner, Leiter des JKU-Instituts für
Medizin- und Biomechatronik.
Perfekte Wundauflagen
Sein Team hat gemeinsam mit anderen MechatronikerInnen und PhysikerInnen der JKU sowie Biologen der RWTH-Aachen
und dem Forschungsinstitut RECENDT die Struktur der Kapillaren untersucht und theoretische Modelle entwickelt,
um das Phänomen zu verstehen. Mit der Krötenechse als Lehrmeister ist es nun gelungen, in Kunststoffplatten
mit Laserstrukturierung künstliche Strukturen zu erzeugen, die Flüssigkeiten gerichtet transportieren.
Genau wie bei der Echse fließt das Wasser hier nur in eine Richtung. „Solche Strukturen könnten es in
Zukunft erlauben, z.B. Wundauflagen zu produzieren, die zwar Flüssigkeit von der Wunde wegleiten, aber keine
Flüssigkeit von außen an die Wunde heranlassen“, so Baumgartner. Außerdem wären diese Kapillaren
im Bereich Mikrofluidik (Lab on a Chip) sehr interessant, wo man Flüssigkeiten gezielt und gerichtet transportieren
möchte. Da man die Kapillaren auch für unterschiedliche Flüssigkeiten anpassen kann, könnte
man auch Flüssigkeiten trennen, wie zum Beispiel Emulsionen.
|