Der 27. September 2015 entscheidet über die Zukunft Kataloniens
Barcelona/Salzburg (ire) - Die Parlamentswahlen in Katalonien am 27. September sollen die Entscheidung über
die Zukunft dieser Region bringen. Sollte das Parteienbündnis des katalonischen Präsidenten Artur Mas
mehr als 50 Prozent erhalten, wäre dies der Auftrag, Katalonien in die Unabhängigkeit zu führen.
Man wolle dies auf jeden Fall in friedlicher Weise und in guter Nachbarschaft mit Spanien tun, erklärte der
Leiter der neuen Delegation der Regierung von Katalonien in Wien, Adam Casals, in einem Gespräch mit Prof.
Dr. Franz Schausberger, dem Vorstand des Instituts der Regionen Europas (IRE) in Salzburg am 06.08. Die Lage spitze
sich allerdings von Tag zu Tag zu, weil die Zentralregierung in Madrid durch Rezentralisierung und juristische
Schikanen alles versuche, um die Absichten Kataloniens zu torpedieren. Wegen der Volksbefragung vom 9. 11. 2014,
bei der sich über 80 Prozent für die Unabhängigkeit aussprachen, werde nun von der Staatsanwaltschaft
gegen den katalanischen Ministerpräsidenten Artur Mas ermittelt.
Katalonien sei nicht das Land der reichen Egoisten. Katalonien bekenne sich zur Solidarität und zum Grundsatz,
dass reichere Regionen in den gemeinsamen Finanztopf mehr einbringen als ärmere. Allerdings sind das Ausmaß
des Fiskaldefizits Kataloniens im internationalen Vergleich einfach zu groß und die Investitionen des spanischen
Staates in Katalonien viel zu gering. Dadurch entsteht zu Recht das Gefühl von Ausbeutung bei den Katalanen.
Außerdem habe die Zentralregierung in Madrid bisher alle Gespräche und Verhandlungen für gerechtere
Lösungen konsequent abgelehnt. Das Urteil des Verfassungsgerichts vom 28. Juni 2010 betreffend die Kompetenzen
Kataloniens habe die große Wende in der katalanischen Bevölkerung gebracht. Während man bis dahin
glaubte, innerhalb Spaniens einen gemeinsamen Weg für Katalonien finden zu können, kam man durch den
klaren Rückschritt für die katalanische Selbstverwaltung sowie für die katalanische Sprache und
Kultur sowie den zunehmenden Zentralisierungsdruck zur Überzeugung, dass ein eigener Staat das Beste für
die Bürger Kataloniens sei. Ansonsten würden die Katalanen als Volk verschwinden, erklärte Casals.
Wer über lange Zeit jeden Dialog über Anliegen von Regionen verweigere und mit Zentralisierungsdruck
antworte, werde Unabhängigkeitsbewegungen ernten, das zeige die Geschichte, erklärte IRE-Vorstand Franz
Schausberger. Die Katalonische Regierung müsse noch viel Informations- und Aufklärungsarbeit leisten,
weil gerade in Mittel- und Zentraleuropa ein völlig einseitiges und negatives Bild gegenüber der Unabhängigkeitsbewegung
in Katalonien vorherrsche, stellte Schausberger fest. Das IRE wolle auch seinen Beitrag leisten, damit die Öffentlichkeit
möglichst objektiv informiert werde, da eines Tages diese Frage auch die EU direkt betreffen würde.
Das entscheidende Ziel der EU müsse jedenfalls sein, dass der Prozess demokratisch und gewaltfrei abläuft.
Schausberger kritisierte, dass die EU in der Frage Katalonien bislang zu passiv gewesen sei und das Thema bislang
überhaupt „nicht auf dem Schirm“ gehabt habe. Die EU müsse schleunigst für solche Fälle wie
Katalonien eine Strategie für eine „innere Erweiterung“ ausarbeiten. Würde Madrid weiterhin seine kompromisslose
und zentralistische Haltung beibehalten, sei er der Ansicht dass letztendlich die Unabhängigkeit Kataloniens
nicht zu verhindern sei, so Schausberger.
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