Wien (vetmeduni) - Um das Reiten zu trainieren, braucht es nicht immer ein Pferd. Seit einigen Jahren gibt es
sogenannte Reitsimulatoren, die es ReiterInnen ermöglichen, bestimmte Bewegungsabläufe zu trainieren.
Forschende der Vetmeduni Vienna untersuchten erstmals, ob es für ReiterInnen einen Unterschied macht, ob sie
am Pferd oder am Simulator trainieren. Das Ergebnis: Das Reiten auf einem Simulator ist körperlich weniger
anstrengend und weniger komplex, jedoch stresst der Ritt auf einem Simulator mitunter mehr als auf einem richtigen
Pferd. Die Ergebnisse wurden im Journal of Equine Veterinary Science publiziert.
Dass Flugsimulatoren für das Training von PilotInnen eine wichtige Rolle spielen, ist bekannt. Von sogenannten
Reitsimulatoren hört man jedoch seltener. Zwar wurde im französischen Saumur bereits 1987 der erste Reitsimulator
zur Trainingsunterstützung eingesetzt, aber erst seit wenigen Jahren sind Reitsimulatoren für Dressur,
Springen, Polo und den Rennsport im Handel erhältlich. Die wie ein Pferd aussehenden Geräte sind mit
zahlreichen Sensoren auf Zügeln und Steigbügeln ausgestattet. Auf einem Bildschirm taucht der Reiter
oder die Reiterin in eine Reitszene ein, die zu den Bewegungen des Pferdes passt.
Simulatoren eignen sich vor allem für den Profireitsport
Vor allem Turnierreiter oder Jockeys im Galopprennsport können mit Simulatoren gezielt Bewegungsabläufe
wiederholen, ihre Reithaltung optimieren, die Zügelführung und das Fallen vom Pferd üben. Bei Rennen
kann beispielsweise der Endspurt gezielt trainiert werden. Jockeys nutzen Reitsimulatoren auch nach Verletzungen,
um wieder fit zu werden. „Ein Reitsimulator verhält sich immer gleich. Man kann an ihm standardisiert trainieren“,
so die Erstautorin der Studie, Natascha Ille von der Vetmeduni Vienna.
Ritt auf Simulator verursacht mehr Stress
Ille und ihre KollegInnen haben am Graf-Lehndorff-Institut für Pferdewissenschaften, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung
der Vetmeduni Vienna und des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts in Deutschland, zwölf ReiterInnen
auf einem Springparcours untersucht. Sie testeten Stresslevel und Herzschlagfrequenz während des Ritts auf
einem Pferd und einem Reitsimulator.
Ritt auf dem Pferd ist eine größere Herausforderung
Die Herzschlagfrequenz der ReiterInnen war auf dem Pferd insgesamt höher als auf dem Simulator. „Der Ritt
auf einem Pferd ist eine größere Herausforderung für ReiterInnen als jener auf dem Simulator. Die
Bewegungsabläufe des Pferdes sind komplexer und die Reaktionen des Pferdes nicht hundertprozentig kalkulierbar.
Ein Ritt auf dem Simulator ist sowohl körperlich als auch psychisch weniger anstrengend für ReiterInnen“,
erklärt Ille.
Das Forschungsteam analysierte auch die Veränderungen der Herzschlagfrequenz bei den ReiterInnen während
des Springparcours. Die gemessenen Daten deuten darauf hin, dass das Training auf einem Pferd das sympathische
Nervensystem stärker anregt als auf dem Simulator. Das sympathische Nervensystem bewirkt insgesamt eine Leistungssteigerung
des Organismus und versetzt den Körper in hohe Leistungsbereitschaft.
Messungen des Stresshormons Kortisol im Speichel der ReiterInnen zeigten Stressreaktionen bei den ReiterInnen auf
dem Simulator. „Das kann daran liegen, dass der Ritt am Simulator für die ReiterInnen ein ganz neues und ungewohntes
Erlebnis war, während der Umgang mit Pferden für alle StudienteilnehmerInnen Routine ist“, so Ille.
„Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass der Ritt auf einem Pferd wesentlich komplexer für den menschlichen
Organismus ist als jener auf einem Simulator“, so der Studienleiter Jörg Aurich. „Ein Reitsimulator könnte
jedoch für Anfängerinnen und Anfänger eine gute Vorbereitung auf das eigentliche Reiten sein und
bei fortgeschrittenen Turniersportlerinnen und Turniersportlern das Training mit dem Pferd ergänzen“.
Ein Reitsimulator kostet zurzeit etwa 40.000 Euro. In Österreich gibt es laut ExpertInnen noch kein Exemplar.
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen,
akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit,
Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna
beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf
verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute
am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur
Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen.
Service
Der Artikel “Riding simulator training induces a lower sympathetic response in riders than training with horses”von
Natascha Ille, Mareike von Lewinski, Christine Aurich, Regina Erber, Manuela Wulf, Rupert Palme, Bill Greenwood
und Jörg Aurich wurde im Journal of Equine Veterinary Science veröffentlicht. doi:10.1016/j.jevs.2015.06.018
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0737080615004256
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