Ungeordnetes Quantenrechnen verbessert Effizienz
Wien (universität) - Ein Team von PhysikerInnen der Universität Wien und der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften um Philip Walther und Caslav Brukner demonstrieren ein neues Quantenrechenschema, bei
dem verschiedene Reihenfolgen von Rechenoperationen gleichzeitig prozessiert werden. Die WissenschafterInnen nutzten
diesen Effekt, um eine Aufgabe effizienter als mit einem Standard-Quantencomputer zu lösen. Ihre Ideen könnten
die Grundlage für eine neue Art des Quantenrechnens mit dem Potenzial für noch schnellere Quantencomputer
bilden. Ihre Ergebnisse wurden in "Nature Communications" veröffentlicht.
Seit ihrer frühen Entwicklung hat die Quantenmechanik unserer natürlichen Denkweise getrotzt und PhysikerInnen
dazu gezwungen, mit sonderbaren Ideen zurechtzukommen. Obwohl sie schwierig zu begreifen sein mögen, können
Quantenphänomene im Experiment beobachtet werden. Zudem haben WissenschafterInnen in den letzten Jahrzehnten
gezeigt, dass diese bizarren Quanteneffekte für viele, erstaunlich bedeutungsvolle Anwendungen genutzt werden
können: von ultra-sicherer Datenübertragung zu super-schnellen Computern und Simulatoren von komplexen
Quantensystemen.
Eine der am vielversprechendsten Anwendungen von Quantentechnologie ist der Quantencomputer. Um eine nützliche
Rechenoperation durchführen zu können, benötigt man eine ausreichende Menge an Quantengattern, den
Grundbausteinen eines Quantencomputers. Diese herzustellen ist allerdings schwierig. Üblicherweise werden
bei den Quantenrechnungen die Quantengatter in einer bestimmten Abfolge geschaltet: ein Gatter nach dem anderen.
Neulich wurde jedoch entdeckt, dass die Quantenmechanik eine "Überlagerung der Quantengatter" erlaubt.
Bei korrekter technischer Umsetzung bedeutet dies, dass ein Set von Quantengattern in allen möglichen Abfolgen
gleichzeitig geschaltet werden kann. Überraschenderweise kann dieser Effekt dazu benutzt werden, um die Gesamtanzahl
der Gatter, die für eine bestimmte Quantenrechnung notwendig ist, zu reduzieren.
Alle Abfolgen gleichzeitig
Kürzlich erkannte ein Team um Philip Walther, Gruppensprecher der Quantenoptik, Quantennanophysik und
Quanteninformation, dass die Überlagerung der Abfolge der Quantengatter im Labor verwirklicht werden kann
– eine Idee, die von ihren KollegInnen um Caslav Brukner theoretisch entwickelt wurde. In einer Superposition der
Abfolge von Quantengattern ist es grundsätzlich unmöglich zu wissen, ob eine Rechenoperation vor einer
anderen oder umgekehrt stattfindet. Das bedeutet, dass zwei Quantengatter A und B zur gleichen Zeit in beiden Abfolgen
geschaltet werden können. In anderen Worten: Gatter A schaltet vor Gatter B und B schaltet vor A. Die PhysikerInnen
aus der Gruppe von Philip Walther entwickelten ein Experiment, in welchem die zwei Quantengatter in beiden Abfolgen
auf Einzelphotonen angewandt wurden.
Die Ergebnisse ihres Experiments bestätigten, dass es aus Prinzip unmöglich herauszufinden ist, welches
Gatter zuerst geschaltet wurde. Das Experiment war jedoch nicht einfach ein Kuriosum. "Tatsächlich konnten
wir einen Quantenalgorithmus laufen lassen, der die Gatter effizienter als alle anderen bisher bekannten Algorithmen
charakterisierte", so Lorenzo Procopio, Erstautor der Studie. Aus einer einzelnen Messung am Photon prüften
sie eine bestimmte Eigenschaft der beiden Quantengatter und bestätigten dadurch, dass die Gatter in beiden
Abfolgen gleichzeitig geschaltet wurden. Sobald mehr Gatter zur Aufgabe hinzugefügt werden, wird die neue
Methode im Vergleich zu bisherigen Techniken sogar noch effizienter.
Der Weg in die Zukunft
Den ForscherInnen gelang es, eine Superposition von Quantengattern erstmals im Labor umzusetzen. Zugleich wurde
das Experiment erfolgreich dazu genutzt, eine neuartige Form des Quantenrechnens zu demonstrieren. Die WissenschafterInnen
konnten eine Rechenaufgabe mit einer Effizienz lösen, die mit den alten Quantenrechenschemen nicht erreicht
werden kann. Ihre Arbeit stößt damit die Tür für künftige Studien zu neuartigen Quantenrechenschemen
auf. Obwohl das volle Ausmaß ihrer Bedeutung noch unbekannt ist, repräsentiert diese Arbeit einen neuen,
spannenden Weg, um theoretische, physikalische Grundlagenforschung mit experimentellem Quantenrechnen zu verbinden.
Publikation in "Nature Communications":
"Experimental Superposition of Orders of Quantum Gates": Lorenzo M. Procopio, Amir Moqanaki, Mateus Araújo,
Fabio Costa, Irati Alonso Calafell, Emma G. Dowd, Deny R. Hamel, Lee A. Rozema, Caslav Brukner, and Philip Walther.
Nature Communications DOI: 10.1038/ncomms8913
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