WKÖ-Nocker-Schwarzenbacher fordert mehr Mittel und neue Strategien in der Tourismuswerbung
Wien (pwk) - „Die Sommerfrische in Österreich erlebt zwar vielerorts ein Comeback, aber die positive
Entwicklung der Nächtigungen muss differenziert betrachtet werden, denn ihr steht eine angespannte Ertragslage
in der Branche gegenüber“, kommentiert die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, Petra
Nocker-Schwarzenbacher, die am 28.08. von der Statistik
Austria präsentierten Nächtigungszahlen des Monats Juli 2015.
Ausländernächtigungen steigen, Inländernächtigungen schwächeln
Demnach konnte in der laufenden Sommersaison 2015 (Mai-Juli) im Vergleich zum selben Zeitraum 2014 ein Nächtigungsplus
von +4,6 Prozent auf rd. 33 Millionen Nächtigungen erzielt werden, wobei der Zuwachs fast ausschließlich
auf ausländische Gästenächtigungen zurückzuführen ist (+6,8 Prozent auf 22,61 Mio.). So
legten die Gästenächtigungen aus Deutschland (11,24 Mio.; +6,0 Prozent), den Niederlanden (1,97 Mio.;
+2,7 Prozent), der Schweiz und Liechtenstein (1,27 Mio.; +6,0 Prozent) sowie dem Vereinigten Königreich (0,67
Mio.; +5,0 Prozent) deutlich zu. Rückgänge wurden hingegen bei den Nächtigungen von Gästen
aus Ungarn (-1,7 Prozent), Frankreich (-4,1 Prozent) und Belgien (-1,8 Prozent) registriert. Das Minus bei den
russischen Gästen hält an und liegt derzeit bei rund -30 Prozent. Die Inländernächtigungen
hingegen schwächeln (+0,2 Prozent auf 10,41 Mio. Nächtigungen): In fünf von neun Bundesländern
(B, NÖ, OÖ, STMK, VLBG) wurde sogar ein Minus bei den Inländernächtigungen zwischen -0,4 Prozent
bis zu -2,3 Prozent verzeichnet.Diese Tendenz zeigt auch Auswirkungen im Bundesländervergleich. So hat etwa
Niederösterreich mit einem relativen hohen Inländergästeanteil sogar ein kleines Gesamt-Nächtigungsminus
(-0,1%) von Mai bis Juli zu verzeichnen. Nocker-Schwarzenbacher: „Das beweist, dass wir für eine endgültige
Bilanz die Nächtigungszahlen richtig lesen und analysieren müssen, denn unter der Überschrift sateht
immer auch eine Geschichte und die Wahrheit liegt im Detail. Globaler Jubel ist fehl am Platz.“
Nocker-Schwarzenbacher: „Tourismuswirtschaft keine Kuschelzone“
In Summe ist zu beachten, dass der Zahlenvergleich wegen des Traumwetters dieses Sommers im Vergleich zum schlechten
Wetter des Vorjahrs etwas hinkt. Zudem sagen die guten Gesamtzahlen bei den Nächtigungen wenig über die
betriebswirtschaftliche Situation in den Unternehmen aus, denn trotz guter Auslastung schlägt sich das in
vielen Betrieben nicht auf die Ertragslage durch. „Die Kosten steigen ständig. Wir leben und arbeiten nicht
in der Kuschelzone, sondern in einem starken, internationalen Verdrängungswettbewerb und unter sehr kosten-
und arbeitsintensiven Rahmenbedingungen in Österreich“, kommentiert die WKÖ-Tourismussprecherin die Gesamtsituation:
„Auch wenn andere die Zahlen bejubeln, so ist es unsere Pflicht zu sagen: ‚Ja, aber!‘ Die österreichische
Tourismuswirtschaft kann nicht ins Ausland abwandern. Jede Belastung schlägt voll auf unsere Branche durch.
Allergenkennzeichnung, Mehrwertsteuererhöhung, Abschreibungsdauer, Grunderwerbsteuer, bauliche Auflagen, Barrierefreiheit,
neue Registrierkassen – die unzähligen Auflagen und ständigen Neuerungen kosten unsere Betriebe viel
Zeit und Geld.“
Andererseits will die Tourismusobfrau den Tourismus nicht als ‚Jammerbranche‘ bezeichnet wissen, da es letztlich
auch um Glaubwürdigkeit in der Interessenvertretung geht. Nocker-Schwarzenbacher bringt es auf den Punkt:
„Wir müssen einerseits positive Entwicklungen und jeden Schwung nach vorne mitnehmen, werden aber trotzdem
darauf hinweisen, dass wir nicht der Geld-Säckel der Politik sind, wo man einfach ungeniert reingreifen kann.
Höchster Beschäftigungsstand aller Zeiten - Höhere Kosten für die Betriebe
Die Steigerung bei den Nächtigungen spiegelt sich in Summe auch in einem Zuwachs von ca. 6.300 Beschäftigten
oder ca. 3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat wider. Der Beschäftigungsstand im Hotel- und Gastgewerbe
lag Ende Juli damit bei 225.147 Personen, was den höchsten Beschäftigtenstand aller Zeiten in der Branche
in Österreich bedeutet. Doch die sonnige Beschäftigungsbilanz hat auch eine andere Seite. Der höhere
Personalstand schlägt sich auch in höheren Kosten nieder. Bereits im letzten Jahr konnte durch eine Studie
des Instituts für Höhere Studien (IHS) nachgewiesen werden, dass die Preise der Vorleistungen (Kosten
für Pacht, Einrichtungen, Nahrungsmittel, Bauinstallationen etc.) im Tourismus stärker gestiegen sind
als das in den Preisen an die Kunden weiter gegeben werden konnte. Allein in der Hotellerie sind in den Jahren
2005 bis Mai 2014 die Kosten um 8,9 Prozent stärker gestiegen als die Preise, die an die Kunden weitergegeben
wurden. Neue Auflagen bringen dann noch zusätzliche Kosten mit sich, was auf die Erträge drückt
und das wiederum führt zu weniger Investitionen.
Forderung: Mehr Mittel und neue Strategien für die Tourismuswerbung
Als konkrete Forderung formuliert WKO-Tourismussprecherin Nocker-Schwarzenbacher eine Erhöhung der Mittel
für die Österreich Werbung (ÖW) durch den Bund. Die Wirtschaftskammer steuert 2015 der ÖW acht
Millionen Euro bei. „Nachdem sich die Bundesregierung - und nicht die Wirtschaftskammer - 250 Millionen Euro allein
aus höheren Mehrwertsteuern pro Jahr aus dem Tourismus holen möchte, sollte auch der Bund hier zusätzliche
Mittel bereitstellen“, so Nocker-Schwarzenbacher. Geld allein sei aber nicht genug. „Die aktuelle Analyse der Nächtigungszahlen
zeigt, dass Inländernächtigungen stagnieren. Auch können wir können uns nicht auf unseren Stammherkunftsmärkten
ausruhen. Zusätzliche Nächtigungen kommen auch aus neuen Herkunftsländern, deshalb brauchen wir
hier ein breiteres Spektrum in der Tourismuswerbung. Mehr Internationalisierung in der Tourismuswerbung bedeutet
die Bearbeitung neuer Märkte in Europa und in Asien. Dazu braucht es letztlich aber auch mehr Mittel für
die Österreich Werbung“, fordert WKO-Tourismusobfrau Nocker-Schwarzenbacher abschließend.
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