Der varreckte Hof

 

erstellt am
27. 08. 15
15.30 MEZ

Stubenoper von Georg Ringsgwandl – von 14. bis 31.10. im KosmosTheater
Wien (gamuekl) - Mutter Weichsenrieder wird wunderlich, oder vielleicht tut sie nur so. Eine Pflegerin muss her, denn ihre Kinder, die allzeit überforderte Halbtagshandarbeitslehrerin Gerlinde und der Wichtigtuer und Manager Rupert, können die Alte nicht betreuen. So kommt Svetlana aus Ex-Jugoslawien auf den seit Jahren vom Verfall bedrohten Hof.

Georg Ringsgwandl - "Punk-Qualtinger und Valentin des Rock'n'Roll" (Die Zeit) - entwirft in pointierten Dialogen und Liedern eine dörfliche Szenerie, die von den Ausschlägen der Globalisierung schonungslos getroffen wird. Auf hinterlistige und poetische Art und Weise entlarvt er in seiner Stubenoper die vermeintliche Arbeitswut unserer global vernetzten Gesellschaft als reinen Selbstzweck und stellt mit der Figur der kauzigen alten Bäuerin die brisante Gegenfrage: Was lohnt sich denn wirklich und vor allem für wen?

"Der varreckte Hof" thematisiert die Folgen von Abwanderung aus ländlichen Regionen in urbane Ballungszentren und ist eine hintersinnige Parodie auf eine Gegenwart, die die Zukunft vieler Regionen Österreichs sein wird. Ringsgwandl skizziert einen aussterbenden Ort, wo Menschen und Kultur verschwinden, ohne dass etwas substanziell Neues entstehen kann. Wo Menschen ihre Heimat aufgeben und damit ihre Identität verlieren. Denn wenn nichts mehr geht, wenn es keine Ausbildung, keine Jobs, kein Kulturangebot, keine Perspektiven mehr gibt, hält vor allem Jugendliche nur noch wenig in den kleinen Landgemeinden. Während nach Statistik Austria das Wiener Umland bis 2050 um über ein Drittel mehr Menschen zählen wird als heute, wird sich in der Obersteiermark, in Ober- und Unterkärnten sowie in Osttirol und im Salzburger Lungau der prognostizierte Bevölkerungsrückgang fortsetzen. Wer bleibt, muss auf verlorenem Posten um die Zukunft seines Dorfes kämpfen. Aber wer kümmert sich um die vom Zeitgeist Abgehängten und vor allem wie viel Heimat braucht der Mensch?

Wird es nötig sein, die Rolle ganzer Regionen neu zu überdenken, Orte aufzugeben,
Siedlungen gar abzureißen?
Werden die Gemeinden den Zuzug von MigrantInnen als Chance sehen?
Und wie verändert der demografische Wandel die österreichische Gesellschaft?

Spielort ist eine Bauernstube, Ringsgwandls "Stubenoper" soll Intimität und Nähe zwischen DarstellerInnen und Publikum ermöglichen - als eine Oper, die in jeder Stube gespielt werden kann. Die Inszenierung setzt auseinander, wie mit alten, pflegebedürftigen Menschen umgegangen wird, wenn diese in den Augen ihrer Mitmenschen der heutigen Lebenswelt nicht mehr gewachsen sind. Das Gefühl der Hilflosigkeit trifft nicht nur die Zurückgelassenen, sondern gleichwohl diejenigen, die ihre Heimatorte und damit auch ihre Familien verlassen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.kosmostheater.at

 

 

 

 

 

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