Nationalratspräsidentin zum Flüchtlingsthema:"Integration kann nur gelingen,
wenn wir in Wachstum und Beschäftigung investieren. Investitionen verhindern Spaltung der Gesellschaft"
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Doris Bures war am 06.09. zu Gast in der ORF-"Pressestunde".
Gefragt, wie sie die jüngst gehäuft aufgetretenen Klubwechsel im Parlament beurteile, sagte sie: "Ich
bin damit nicht glücklich. Es gibt hier ganz offenbar eine Schieflage zwischen dem freien Mandat und dem Wählerwillen."
Weiters sagte die Nationalratspräsidentin: "In der Bevölkerung kommt bei solchen Klubwechseln das
Gefühl auf, dass der Wille an der Wahlurne nicht ernst genommen wird. Der nächste Schritt ist dann, dass
die Menschen nicht mehr wählen gehen und sich danach von der Politik als Ganzes abwenden."
Bures kündigte in diesem Zusammenhang an, dass sie den renommierten Verfassungsrechtler Theo Öhlinger
damit beauftragt hat, eine Analyse auszuarbeiten. "Um sicherzustellen, dass die Wählerinnen und Wähler
möglichst das bekommen, was sie gewählt haben", sagte Bures. "Ohne der Arbeit und den konkreten
Ergebnissen Öhlingers vorgreifen zu wollen", zeigte sich Bures offen für Änderungen der parlamentarischen
Geschäftsordnung in dieser Frage: "Ja zu Veränderungen der Geschäftsordnung, wenn Veränderungen
notwendig und richtig sind."
Befragt wurde die Nationalratspräsidentin auch zum Hypo-Untersuchungsausschuss und zu dessen neuer Verfahrensordnung.
Bures sagte: "Wir haben hier ein völlig neues Instrument, das nun mit Leben erfüllt wird. Der Ausschuss
leistet Pionierarbeit." Mit der neuen Verfahrensordnung gebe es etwa in Fragen des Datenschutzes ganz neue
Möglichkeiten für die Aufklärungsarbeit. Bures: "Schwärzungen sind mittlerweile unzulässig.
Dieser Sicht hat sich auch der Verfassungsgerichtshof angeschlossen." Das Parlament komme mit dem Untersuchungsausschuss
überdies einer seiner wichtigsten Aufgaben nach: "Aufklärung und Kontrolle."
Auch zum Thema Asyl und Flucht kam die Nationalratspräsidentin ausführlich zu Wort. Sie bedankte sich
anfangs bei allen "Helferinnen und Helfern", die mit viel Herz und großem Einsatz zur Bewältigung
der jüngsten "Ausnahmesituation" mit den aus Ungarn kommenden Flüchtlingen massiv beitragen
und beigetragen haben. Bures versicherte in Richtung der vor allem aus Syrien stammenden Flüchtlinge: "Österreich
wird sich um diese Menschen kümmern." Gleichzeitig forderte Bures: "Es braucht eine gemeinsame europäische
Vorgangsweise. Europa muss jetzt zeigen, dass es nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, sondern auch eine
Solidargemeinschaft."
Angesprochen auf mögliche Probleme bei der Integration der vielen neu in Österreich ankommenden Menschen,
sagte Bures: "Integration kann nur gelingen, wenn wir ganz unabhängig vom Flüchtlingsthema in Wachstum
und Beschäftigung investieren. Investitionen schaffen Arbeitsplätze und verhindern eine Spaltung der
Gesellschaft."
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