"JOSEF FRANK: Against Design" im MAK

 

erstellt am
01. 09. 15
09:00 MEZ

MAK-Personale gibt umfassenden Überblick über Josef Franks vielschichtiges Œuvre von 16. Dezember 2015 - 3. April 2016
Wien (mak) - "Man kann alles verwenden, was man verwenden kann", proklamierte Josef Frank, einer der bedeutendsten Architekten und angewandten Künstler der Moderne, und war mit diesem undogmatischen, demokratischen Gestaltungsansatz seiner Zeit weit voraus. Mehr und mehr gilt Franks Architekturverständnis, das den Komfort über die Form stellte, als stilbildend. Die Ausstellung "JOSEF FRANK: Against Design" (MAK-Ausstellungshalle, 16. Dezember 2015 - 3. April 2016) gibt einen umfassenden Überblick über das vielschichtige Œuvre des Ausnahmegestalters und ist dabei weit mehr als eine Werkschau. Die MAK-Personale taucht in Franks komplexe gedankliche und schöpferische Strategien ein, die im internationalen Design zunehmend eine Rolle spielen.

Der Ausstellungstitel "Against Design" bringt diese undogmatische Haltung auf den Punkt: Frank war als "Designer" hochproduktiv, entwarf eine Fülle von Möbeln und Textilien und war vor allem ein maßgeblicher Architekt der Moderne, der sich mit allen - auch sozialpolitischen - Themen des Bauens und Wohnens auseinandersetzte. Innerhalb der Avantgarde nahm er allerdings eine äußerst kritische Position ein. Er sprach sich klar gegen die Idee des Gesamtkunstwerks, standardisierte Garnituren und innovative Formen um ihrer selbst willen aus. Weder den individuell-künstlerischen Ansätzen der Wiener Werkstätte noch der funktional maschinellen Produktion - etwa im Gefolge des Bauhauses - konnte er viel abgewinnen. Frank bemühte sich um eine sozial und kulturkritisch motivierte Zweckdienlichkeit, um Wohlbefinden, Wohnlichkeit und stilistische Vielfältigkeit.

Trotz seiner Relevanz als prägender Gestalter der Moderne ist Josef Franks Werk bis heute wenig bekannt. Der 1885 in Baden bei Wien geborene Frank entstammte einer jüdischen Familie und studierte Architektur an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Der zunehmende Antisemitismus veranlasste ihn schon im Jahr 1933 zur Emigration nach Schweden, wo er 1939 die Staatsbürgerschaft annahm. Während seiner Zeit in Schweden war Frank dem Möbel- und Einrichtungshaus Svenskt Tenn als wichtigster Designer eng verbunden. Von 1939 bis 1947 lebte Frank in den USA, wo er an der renommierten New School of Social Research in New York unterrichtete. Seine Hoffnungen, als Architekt Fuß zu fassen und sich eventuell in die Stadtplanung involvieren zu können, wurden allerdings enttäuscht. Nicht zuletzt mit seinen vielfach noch heute produzierten Entwürfen für Svenskt Tenn prägte Frank, der 1967 in Stockholm verstarb, das schwedische Design der Nachkriegszeit.

Die von dem Architekten Hermann Czech und Sebastian Hackenschmidt, Kustode MAK-Sammlung Möbel und Holzarbeiten, kuratierte Ausstellung "JOSEF FRANK: Against Design" spannt einen Bogen von der Entwicklung von Franks architektonischem Werk, über seine Interieurs und Möbelentwürfe bis hin zu seinen theoretischen Positionen.

Der Architekt Josef Frank
Als Architekt engagierte sich Frank schon früh für den sozialen Wohnbau und die Errichtung von Arbeitersiedlungen. Den Siedlungsgedanken zog er mehrgeschossigen Wohnblöcken eindeutig vor. Dennoch reichen seine Bauten von Einfamilienhäusern mit Garten über Villen bis hin zum sozialen Wohnbau. Zwischen 1929 und 1931 entstand das Haus Beer, das neben dem Haus Moller von Adolf Loos als einer der bedeutendsten Wiener Bauten im Bereich des privaten Wohnbaus der 1920er Jahre gilt. 1932 wurde unter Franks Leitung die berühmte Wiener Werkbundsiedlung errichtet, ein gebauter Beitrag zur Debatte über das befreite Wohnen der Moderne. Frank lud dazu u. a. die ArchitektInnen Hugo Häring, Josef Hoffmann, Adolf Loos, Richard Neutra, Ernst Plischke, Gerrit Rietveld, Margarete Schütte-Lihotzky und Oskar Strnad ein. Die Siedlung im 13. Wiener Gemeindebezirk - sie ist bis heute bewohnt - entstand unter der Prämisse höchster Ökonomie nach dem Beispiel der 1927 errichteten Stuttgarter Weißenhofsiedlung, aber Franks Auswahl von ArchitektInnen, die in Stuttgart nicht zum Zug gekommen waren, weist auf seine Skepsis gegenüber Doktrinen und auf seinen Glauben an Vielfalt hin.

Franks komplexe und kritische Haltung zu den Möglichkeiten von Architektur und Bauen wird in der Ausstellung vergleichbaren Ansätzen anderer ArchitektInnen, KünstlerInnen und DesignerInnen gegenübergestellt. Die Kontextualisierung beginnt mit dem Renaissance-Architekten Leon Battista Alberti - Franks Dissertationsthema - und setzt sich beispielsweise mit Adolf Loos, Josef Hoffmann, Mies van der Rohe und Le Corbusier, Ernst A. Plischke, Alison und Peter Smithson, Roland Rainer, Robert Venturi, Christopher Alexander und Rem Koolhaas fort: also durchaus auch mit zunächst widersprüchlich erscheinenden Positionen. Diese Vergleiche verstehen sich meist nicht als Hinweise auf wechselseitige Einflüsse; vielmehr geht es um die Einordnung der Bedeutung von Franks Œuvre im internationalen Vergleich.

Wohnen im Sinne von Josef Frank
Etwa 70 Wohnungseinrichtungen von Josef Frank sind bekannt: Als Gestalter von Innenräumen vertrat Frank einen pragmatischen Designansatz und plädierte für eine normale - aber keinesfalls normative - Architektur und Gestaltung. Bereits Vorhandenes sollte dabei ganz selbstverständlich berücksichtigt und intuitiv für den Gebrauch weiterentwickelt werden. Die Wohnung verstand er nicht als Designobjekt, sondern als Wohnraum, der nicht unbedingt repräsentativ oder innovativ sein musste. Gerade heute, angesichts des zunehmenden Rufs nach Nachhaltigkeit, scheinen Josef Franks ungekünstelte und unprätentiöse Entwürfe, die auf eine eigenständige freie, aufgeklärte soziale und bürgerliche Lebenskultur jenseits stilistischer Dogmen und modischer Konventionen abzielten, aktueller denn je.

Anlässlich der Ausstellung ist es dem MAK gelungen, fast den gesamten noch existierenden Bestand aus Josef Franks erstem Interieur - der 1910 entstandenen Wohnung Tedesko in Wien - zu erwerben. Im Vergleich zu späteren Arbeiten lässt diese frühe Einrichtung bereits Franks charakteristischen, undogmatischen Stil erkennen, der in der Zwischenkriegszeit die Wiener Wohnkultur mitprägte und auch für Franks Zeit in Schweden noch seine Gültigkeit behalten sollte.

Against Design
Für sein Wiener Einrichtungsunternehmen Haus & Garten, das er 1925 mit Oskar Wlach gründete, und später für das schwedische Möbel- und Einrichtungshaus Svenskt Tenn entwarf Frank weit über 1 000 Einzelmöbel und rund 200 Stoffmuster, von denen viele bis heute fortlaufend produziert werden. Dennoch ging es Frank nicht einfach darum, neue Formen in die Welt zu setzen, sondern ihm war vor allem das komplexe Zusammenspiel moderner und historischer Ansätze abseits von herrschenden "Designdiskursen", die immer wieder zu Doktrinen führen, wichtig. Als Theoretiker forderte Frank ein, auch Kitsch, Trivialität und Alltagskultur zuzulassen, was ihn als Vorläufer von Architekten wie Robert Venturi oder Rem Koolhaas und als pragmatischen Gegenpol zu den formalistischen Ansätzen des Internationalen Stils erscheinen lässt. In Franks Idee der "Wohlfühl-Wohnung" waren auch die Spuren des Erlebten wesentliche, willkommene Komponenten der individuellen Einrichtung.

Als Gestalter ebenso wie als Architekt vertrat Frank eine kulturkritisch orientierte, bürgerliche Zweckdienlichkeit. Im Unterschied zu dogmatisch-erzieherischen Tendenzen des Bauhauses und der Werkbünde intendierte Josef Frank nicht, eine zukünftige Welt vorzubereiten und anzukündigen. Frank prägte den Begriff des Akzidentismus und regte dazu an, die Umgebung so zu gestalten, als wäre sie durch Zufall entstanden. Als Pionier einer aufklärerischen Postmoderne trat er vehement für das Normale und Natürliche, das Sachliche und Spontane ein, das für ihn einen zwar unspektakulären, aber durchaus überzeugenden, von der Qualität des Zufalls geprägten Gestaltungsansatz darstellte.

Franks Werkgruppen - Möbel, Zeichnungen, Pläne und Textilien - werden in Against Design weitgehend im Original gezeigt und durch zeitgenössische Fotografien und Architekturmodelle ergänzt. Die Vergleiche zu anderen ArchitektInnen werden vor allem durch Reproduktionen visualisiert. Im Zusammenhang mit Franks Weiterentwicklung des Loos’schen Raumplans - "Das Haus als Weg und Platz" ist der Titel einer Schrift Franks - wird in der MAK-Ausstellungshalle eine Empore installiert, die auch den Blick von oben auf die Ausstellung erlaubt.

"JOSEF FRANK: Against Design" ist nach der 1981 gezeigten, von Johannes Spalt und Hermann Czech kuratierten und von der damaligen Hochschule für angewandte Kunst (heute Universität für angewandte Kunst Wien) veranstalteten Ausstellung "Josef Frank. 1885-1967" die zweite große Auseinandersetzung mit Josef Franks bedeutendem Werk im MAK.

Zur Ausstellung erscheint eine umfassende Publikation.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.MAK.at

 

 

 

 

 

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