BK WErner Faymann im ORF-"Sommergespräch"

 

erstellt am
01. 09. 15
09:00 MEZ

Asyl: „Wir wollen mitwirken, aber wir fordern auch Solidarität“ – Mehr Solidarität in Europa – Sicherung der EU-Außengrenzen – Härteres Vorgehen gegen Schlepper
Wien (sk) - Bundeskanzler Werner Faymann ist beim ORF-"Sommergespräch" Hans Bürger, ORF-Innenpolitik-Chef, am 31.08. Rede und Antwort gestanden. Zentrale Themen waren der Umgang mit Flüchtlingsströmen sowie Initiativen für mehr Beschäftigung und Wege aus der Wirtschaftskrise. Die Unterbringung und Verteilung von Asylsuchenden sieht der Kanzler als riesige Herausforderung und aktuell wichtigste Frage in Europa. In Sachen Flucht und Asyl sprach sich Faymann unter anderem für Ursachenbekämpfung, eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen, mehr Solidarität in Europa sowie ein härteres Vorgehen gegen Schlepper - etwa durch polizeiliche Kontrollen und höhere Strafen - aus.

Den Druck auf EU-Länder, die keine oder kaum Flüchtlinge aufnehmen, möchte der Kanzler weiter erhöhen. Säumig seien zum Beispiel Länder des Baltikums, aber auch die Tschechische Republik, Großbritannien und Polen. "Wenn durch Diskussion überzeugt werden kann, dann bin ich der Erste, der dafür ist. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Länder, die sich vor der Verantwortung wegdrücken, müssen wissen, so geht das nicht. Der EU-Finanzrahmen wird wieder verhandelt und dann brauchen diese Länder etwas von uns. Wir sind ein weltoffenes, europäisches Land und wir stehen zu unseren internationalen Verpflichtungen. Wir wollen mitwirken, aber wir fordern auch Solidarität."

Der ungarische "Weg" sei jedenfalls keine Lösung für dieses drängende Problem: "Zu glauben, dass man etwas mit einem Zaun lösen kann, halte ich für falsch. Es geht darum, die Außengrenzen zu schützen und die Ursachen für Flucht zu beseitigen. Dass jeder selber einen Zaun errichte, das kann sich niemand wünschen. Es wird den Schleppern nicht gelingen Schengen zu zerstören und unsere gemeinsame EU zu zerschlagen." In Österreich etwa habe das Durchgriffsrecht geholfen, politischen Druck zu erzeugen: "Es hat geholfen, alle zu erinnern, dass jeder seinen Beitrag leisten muss. Und es hat auch präventive Wirkung: In den letzten vier Wochen wurden 3.000 Quartiere geschaffen. Das sind mehr als je zuvor."

Derzeit funktioniere das Dublin-Abkommen "nur sehr lückenhaft". Es brauche eine neue Regelung, "aber diese kann die alte erst aufheben, wenn wir eine bessere haben". International müsse man den Fokus auf die Bekämpfung der Ursachen legen. Dazu zähle ein entschiedeneres Vorgehen gegen kriegerische Auseinandersetzungen. Denkbar ist für Faymann in diesem Zusammenhang etwa ein UNO-Mandat für eine Schutzzone in Syrien.

"Wenn wir Grenzen sichern und Menschen wieder in ihrer Region leben können, haben Schlepper keine Grundlage." Priorität müsse die Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schlepper haben. Komme es zu keinem UNO-Mandat, müsse man durch Grenzraumkontrollen dieses Geschäftsmodell zumindest erschweren. "Es geht auch darum, Menschenleben zu retten." Dafür brauche es eine bessere Zusammenarbeit in Europa und höhere Strafen. Daher werde die Regierung noch im Oktober dem Parlament Maßnahmen vorlegen.

Keine Koalition mit der FPÖ auf Bundesebene
Faymann plädierte für einen investiven Umgang mit der Wirtschaftskrise. "Bevor die Krise nicht überstanden ist, bevor nicht die Beschäftigung steigt, dürfen wir mit den Investitionen nicht aufhören. Wir können uns nicht aus der Krise heraussparen", betonte der Kanzler. Sparen sei sinnvoll, um Gelder für Investitionen freizumachen. Österreich sei mit diesem Zugang bisher bessere als andere Staaten durch die Krise gekommen: "Wir haben die Steuerreform durchgebracht und nicht auf Sozialabbau gesetzt. Wir haben viel erreicht in Sachen Beschäftigung, vor allem im Bereich der Jugendbeschäftigung."

Gefragt zum Umgang mit der "Industrie 4.0" machte der Kanzler klar, dass Fragen der Produktivitätssteigerung stets mit Fragen der gerechten Verteilung von Wohlstand und Arbeitszeit verknüpft werden müssen. "Wir müssen dafür sorgen, dass alle ausreichend Arbeit haben." Zudem könnten Maßnahmen wie etwa eine Wertschöpfungssteuer Unternehmen, die Beschäftigung schaffen, belohnen. "Es können nicht einige wenige Gewinne machen und alle anderen haben nichts davon", so Faymann.

Zu einer Koalition mit der FPÖ im Bund fand der Kanzler einmal mehr klare Worte: "Den Zerstörungsversuch mit den Blauen im Bund mache ich nicht. Wo die FPÖ schon gezeigt hat, was sie kann - in Kärnten zum Beispiel - da zahlen wir immer noch dafür." Im abschließenden Wordrap antwortete Faymann auf die Frage, wie er beim nächsten Parteitag mehr Zustimmung bekommen möchte: "Ich versuche alle zu überzeugen, aber tue nichts, wovon ich nicht überzeugt bin".

 

 

 

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