Endophyten fördern Stressresistenz von Pflanzen
Wien (ait) - ForscherInnen am AIT konnten nützliche Interaktion zwischen Bakterien und Pflanzen nachweisen:
Mikroorganismen „fühlen“, wenn eine Pflanze unter Trockenheit leidet und leiten entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen
ein. Erste Erfolge wurden in Feldversuchen nachgewiesen. Der Klimawandel wird auch in Österreich immer deutlicher
spürbar, wie nicht zuletzt der heurige Rekordsommer bewiesen hat. Aktuellen Schätzungen zufolge werden
die Schäden, die der heimischen Landwirtschaft in diesem Jahr bisher durch Trockenheit und Hitze entstanden
sind, mit rund 170 Millionen Euro beziffert. AIT-ForscherInnen gehen der Frage nach, inwieweit Endophyten unseren
Nutzpflanzen helfen können, die immer häufigeren Trockenperioden besser zu überstehen.
Endophyten sind Bakterien und Pilze, die zumindest Teile ihres Lebens im Inneren von Pflanzen leben, ohne dabei
aber der Pflanze zu schaden. Im Gegenteil, viele dieser bakteriellen Mitbewohner stärken die Pflanzen gegen
Krankheiten und stimulieren ihr Wachstum – besonders unter klimatisch schwierigen Bedingungen wie Dürre oder
Kälte. Die nützlichen Mikroorganismen gelten somit als vielversprechende Alternative zum Einsatz von
chemischen Düngern und Pestiziden in der Landwirtschaft.
Einblick in das Gefühlsleben von Bakterien
„Die positive Wirkung von Endophyten auf Pflanzen ist bereits gut untersucht und dokumentiert“, so Birgit Mitter,
Scientist am Health & Environment Department des AIT. „Allerdings ist noch weitgehend unklar, wie diese nützlichen
Bakterien auf Veränderungen in der Pflanze reagieren, die etwa durch Hitze und Trockenheit hervorgerufen werden.“
Mit anderen Worten: „Fühlen“ Bakterien diesen Stress und wie reagieren sie darauf?
Bakterien sind wahre Überlebenskünstler, die sich sehr rasch an neue Gegebenheiten anpassen können.
Dabei reagieren sie auf bestimmte Signale aus der Umwelt mit einer Änderung ihres genetischen Programms. Für
die Erkennung und Verarbeitung dieser Umweltsignale kommt ein spezielles Übertragungssystem zum Einsatz. Dieses
besteht aus einem Rezeptor an der Zelloberfläche und einem Regulator an der Innenseite der Zellmembran, die
an einen so genannten „ECF Sigmafaktor“ gekoppelt sind. Trifft ein Signal aus der Umwelt auf die Zelle, wird dieser
Sigmafaktor freigesetzt und aktiviert die entsprechenden Zielgene.
SOS-Signale werden erkannt
Als Beispiel diente ihnen ein Bakterium namens Burkholderia phytofirmans PsJN, das sich unter anderem in Kartoffeln,
Tomaten, Mais oder auch Wein ansiedelt. Das Bakterium wurde für die Untersuchungen in Kartoffelpflänzchen
eingeschleust, die unter Trockenstress gesetzt wurden. Die Analysen ergaben, dass das Bakterium in der Pflanze
gezielt ECF Sigmafaktoren freisetzt, wenn die Wirtspflanze unter Trockenheit leidet. „Darüber hinaus reagierte
PsJN auch mit einer Änderung der Genexpression auf den Stress der Wirtspflanze“, so Mitter. Das heißt,
dass B. phytofirmans PsJN gezielt sein genetisches Programm geändert hat, um die Produktion von Molekülen
hochzufahren, die das zelluläre Gleichgewicht erhalten und schädliche Sauerstoffradikale abbauen, die
von der Pflanze unter Trockenstress gebildet werden.
Diese Ergebnisse zeigen, dass B. phytofirmans PsJN die durch Trockenheit ausgelösten physiologischen Veränderungen
in der Pflanze „fühlt“ und seinerseits darauf mit einer Stressantwort reagiert. „Das Bakterium ist also in
der Lage, die Bedingungen in der Wirtspflanze aktiv wahrzunehmen und sich an geänderte Bedingungen anzupassen“,
meint Mitter zusammenfassend.
Erfolge im Feld
Erste Erfolge im Feld wurden schon erzielt. Durch den Einsatz der Bakterien in einem Feld in Pakistan konnte
der Ertragsverlust aufgrund von Trockenheit um 18 % reduziert werden. Das begründen die ForscherInnen damit,
dass die Photosyntheserate in den mit Bakterien behandelten Pflanzen wesentlich höher war, als in den Kontrollpflanzen.
Aktuell testen die ForscherInnen Bakterien der Gattung Burkholderia in einem Maisfeld im Tullnerfeld. Während
der Hitzeperiode im August waren die Pflanzen, die mit den Bakterien besiedelt waren, wesentlich grüner und
vitaler als die Kontrollen. In einem nächsten Schritt wollen die ForscherInnen nun untersuchen, mit welchen
Mitteln die Bakterien die biochemischen Reaktionen in der Pflanze beeinflussen, um sie aktiv bei der Bewältigung
von Hitze und Trockenheit zu unterstützen.
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