Bezirk Wien-Umgebung wird aufgelöst: künftig 20 statt 21 Bezirke
St. Pölten (nlk) - "Gerade im Bereich Arbeit und Wirtschaft stehen wir vor wesentlichen Herausforderungen
- nicht nur in Niederösterreich, sondern auch in ganz Österreich und international", sagte Landeshauptmann
Dr. Erwin Pröll am 10.09. im Zuge einer Pressekonferenz. Unter dem Motto "Wissen, worum es geht"
wird daher in diesen Themenfeldern eine Reihe von Maßnahmen gesetzt. Dazu erfolgt auch ein wesentlicher Schritt
in der Struktur der Bezirkshauptmannschaften: die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung wird aufgelöst.
Der Arbeitsmarkt zeige sich in Niederösterreich "äußerst different", meinte der Landeshauptmann.
Einerseits verzeichne man ein hohes Beschäftigungsniveau, so habe man etwa erstmals die Grenze von 600.000
unselbstständig Beschäftigten überschreiten können. "In den vergangenen 20 Jahren ist
es uns gelungen, zusätzlich rund 100.000 Arbeitsplätze zu schaffen", so Pröll. Andererseits
verzeichne man derzeit rund 55.000 Arbeitslose, die Problemfelder würden dabei vor allem im Bereich der Arbeitslosen
mit niedrigem Bildungsniveau liegen. Dazu konstatiere man auch einen aktuellen Fachkräftemangel von rund 6.000
Fachkräften, der in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen werde.
Man werde daher die NÖ Bildungsförderung erweitern und den "NÖ Weiterbildungsscheck" weiter
entwickeln, vor allem im Blick auf das Nachholen von Abschlüssen, kündigte der Landeshauptmann an: "Wir
werden bis zu 3.000 Euro an Unterstützung anbieten und wollen damit rund 1.000 Personen im Jahr ansprechen."
Eine höhere Qualifizierung der Arbeitnehmer wolle man auch durch das NÖ Bildungsdarlehen erreichen, so
Pröll weiters. Dabei geht es um Darlehen von bis zu 15.000 Euro in acht Jahren, das Land übernimmt Zinsen
und Gebühren von bis zu 1.800 Euro pro Person. Das Angebot ist zeitlich befristet für die nächsten
zwei Jahre.
Rund ein Drittel der Arbeitssuchenden sei über 50 Jahre alt, sprach Pröll ein weiteres Problemfeld an.
Darum wolle man das derzeit erfolgreiche Projekt gemA 50+, bei dem Gemeinden Langzeitarbeitslose einstellen, auf
die Pflichtschulverwaltung erweitern. Durch den Einsatz in der Schulverwaltung habe man auch den zusätzlichen
Effekt, dass man die Lehrkräfte von administrativen Arbeiten entlasten könne, so Pröll.
Auch die Konjunkturentwicklung wolle man stärken, informierte der Landeshauptmann über Maßnahmen
in diesem Bereich. Er verwies dabei auch auf die Bedeutung der Exportwirtschaft für den Arbeitsmarkt: "In
den Jahren 2013 und 2014 konnten die niederösterreichischen Unternehmen ein Exportvolumen von rund 20 Milliarden
Euro aufweisen. Durch die Exportwirtschaft in Niederösterreich werden rund 220.000 Arbeitsplätze abgesichert."
Man wolle die Exportoffensive daher konsequent fortsetzen, so der Landeshauptmann. In der Vergangenheit habe man
sich auf Märkte wie Russland, Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate konzentriert und dies sei
"sehr gut angelaufen", betonte er: "Wir wollen nun unsere Exportoffensive auf die Märkte USA
und Großbritannien ausweiten." Vor allem im Bereich der Umwelttechnik und der Energietechnik habe Niederösterreich
"sehr viel anzubieten", meinte Pröll: "Ziel ist es, bis 2020 den Export in die USA von derzeit
830 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro zu steigern, in Großbritannien wollen wir den Export von derzeit
500 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro bis 2020 steigern." Auch für den Bereich der Klein- und Mittelunternehmen
plane man Maßnahmen, so Pröll. Diese sollen in Zukunft verstärkt Aufträge der öffentlichen
Hand nutzen können. Daher soll die gewerkeweise Ausschreibung, die das Land bereits seit 2002 bei 75 Prozent
der Aufträge durchführt, auch auf landesnahe Unternehmen ausgeweitet werden.
Niederösterreich sei die Verwaltungsrefom ein "ständiger Prozess", verwies Pröll auf Maßnahmen
in der Verwaltung wie etwa die Besoldungsrefom oder die Einsparung von 1.750 Dienstposten und 22 Abteilungen in
den letzten 20 Jahren. Ein nächster Reformschritt betreffe nun die Struktur der Bezirkshauptmannschaften,
so der Landeshauptmann. Die derzeitige Struktur sei in den 60er-Jahren festgelegt worden, heute setze man "einen
Reformschritt, der der größte ist seit den 70er-Jahren und der Landeshauptstadtwerdung", betonte
er. So werde man die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung auflösen, die Gemeinden werden auf andere Bezirkshauptmannschaften
aufgeteilt. "Das heißt, Niederösterreich wird in Zukunft nicht mehr 21, sondern 20 Verwaltungsbezirke
aufweisen", sagte Pröll. Der Bezirk Wien-Umgebung sei im Blick auf seine geographische Lage zerstreut,
was für die Bürger weite Strecken und großen Zeitaufwand bedeute. Man setze daher eine Strukturmaßnahme,
um das Bürgerservice für die Bürger "optimaler und bürgernäher zu gestalten",
so der Landeshauptmann. Die Neuaufteilung der Gemeinden auf die Bezirke wird folgendermaßen erfolgen: die
Gemeinden Ebergassing, Fischamend, Gramatneusiedl, Himberg, Klein-Neusiedl, Moosbrunn, Rauchenwarth, Schwadorf,
Schwechat und Zwölfaxing werden dem Bezirk Bruck/Leitha zugeordnet, die Gemeinde Gerasdorf dem Bezirk Gänserndorf,
die Gemeinden Lanzendorf, Leopoldsdorf und Maria Lanzendorf dem Bezirk Mödling, die Gemeinden Pressbaum, Purkersdorf,
Tullnerbach und Wolfsgraben dem Bezirk St. Pölten und die Gemeinden Gablitz, Klosterneuburg und Mauerbach
dem Bezirk Tulln.
Der Entwurf der Gesetzesmaterie werde bereits in den nächsten Tagen erarbeitet, die Beschlussfassung sei für
den 24. September vorgesehen, kündigte Pröll an. Die neue Struktur der Bezirkshauptmannschaften soll
dann mit 1. Jänner 2017 in Kraft treten.
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