Ausstellung im Forum Frohner von 11.10.2015 bis 31.01.2016
Krems-Stein (forum frohner) - Collage-Technik ist die systematische Ausbeutung des zufälligen oder
künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich
dazu ungeeigneten Ebene - und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten überspringt.
Die Collage ist eine Verfahrensweise, die auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken kann. Ursprünglich
um 1912 im Kontext von Kubismus initiiert und von Surrealismus und Dadaismus mitbegründet, zählt die
Technik, bei der Textbruchstücke, Bildfragmente und Fundobjekte kombiniert wurden, zu den maßgeblichsten
Errungenschaften der Kunst des 20. Jahrhunderts. In den 1960er-Jahren erlangte sie durch die Integration faktischer
Werkstücke zur Assemblage international neue Bedeutung. Das Verhältnis von Kunst und Realem wurde redefiniert.
Bis heute spielt diese Frage in unterschiedlichen Zusammenhängen eine herausragende Rolle. Spielarten der
Collage sind in Kunst und Alltag allgegenwärtig.
Im Schaffen von Adolf Frohner nehmen die Collage und Assemblage eine zentrale Stellung ein. Die Ausstellung nimmt
daher sein Werk zum Ausgangspunkt, dem Prinzip Collage in österreichischen Positionen nachzuspüren. Mit
Gerhard Rühm, Elfriede Mejchar, Hermann Painitz, Daniel Spoerri und anderen setzt die Schau den Schwerpunkt
auf Inventionen der 1960er-Jahre, stellt diesen jedoch spätere Positionen der Gegenwartskunst gegenüber.
Dabei zeigen sich thematische Schwerpunkte. Für Künstler wie Adolf Frohner, Daniel Spoerri, Padhi Frieberger
oder Oswald Oberhuber bildet die Arbeit mit gefundenem Material, das "objet trouvé", in den 1960er-Jahren
die Möglichkeit, eine kritische Form des Umgangs mit dem Realen zu entwickeln, bei der jeder Art von Illusionismus
entgegen gewirkt werden soll. Selbstreferentielle Fragen stellen einen wichtigen Aspekt dieser Auffassung dar.
Kunst über die Bedingungen von Kunst ist hier das Motto. Mit Werken wie Adolf Frohners "Hier wohnt Max
Ernst" (1964) oder Oswald Oberhubers "Hommage an Aubertin" (1969) sowie Daniel Spoerris "Die
Uhren (Das Vorhängeschloss von Rauschenberg)" (1961) präsentiert die Ausstellung selten gezeigte
Hauptwerke der Künstler und knüpft Beziehungen zu den Anfängen der Collage und deren internationalen
Verwendern.
Im Kontext kritischer Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Status quo und politischen Ereignissen stehen
die gezeigten Arbeiten von André Verlon, Otto Muehl und Curt Stenvert, die mit unterschiedlichen Formen
der Collage operieren. Wird bei Verlons "Daedalus"(1958/59) und Otto Muehls
"Fuß und Hammer" (1965) Malerei und Collage kombiniert, sind es bei Curt Stenverts "Die 35.
Menschliche Situation. In einer engen Gasse vor der Polizei fahren" (1964/65) Objekt, Bild, Text und Alltagsgegenstände.
Das Erzeugen neuer Zusammenhänge und Sichtweisen - im Spannungsfeld von Destruktion und Ironie - wird evoziert.
Dies gilt auch für Ingeborg Strobls "Soldaten" aus 2004, einer ihrer weniger bekannten Objektarbeiten.
Der Blick auf Tabubereiche wie Sexualität und Erotik rückt seit den 1960er-Jahren in den Fokus. Adolf
Frohner brach mit seiner Darstellung der Frau wie etwa "Die Puppe" (1967/68), Konventionen. Werke wie
Marc Adrians "Optic Destruction" (1967) wirken bahnbrechend und zählen zu Schlüsselwerken der
österreichischen Avantgarde. Besonders für weibliche Kunstschaffende wurde die Auseinandersetzung mit
dem Rollenbild der Frau zu einem Anliegen. Elfriede Mejchar verbindet in der Serie "Die geliehene Identität",
die zwischen 1988 und 1990 entstand, Fotografie und Collage. Ingeborg Pluhar wirft bei der Arbeitsreihe "Miteinander,
Zueinander, Gegeneinander" aus 1978 ein kritisches Licht auf Darstellungs- methoden der Medien, wobei sie
Text und Motiv subtil zueinander in Beziehung setzt.
Die Kombination von Text und Bild, sowie die bildliche Formierung des Wortes stellen eine wichtige Errungenschaft
der Collagetechnik dar. Eine internationale Vorreiterrolle nimmt Gerhard Rühm, ein Mitbegründer der Wiener
Gruppe ein. Die Ausstellung präsentiert seine raren Typocollagen "Wind, Weile, Röcke" und "Floating"
aus den 1950er-Jahren, die in einen Dialog mit Blättern aus der Jahrtausendwende gestellt werden.
Mit Alexandra Baumgartner, Judith Saupper, Christian Eisenberger und Thomas Riess folgt die Schau den Spuren der
Collage in die Gegenwart. Baumgartner, Absolventin bei Frohner, setzt sich in ihrem Werk mit den vielschichtigen
Aspekten der Collage auseinander, deren Zwischenräume sie ins Zentrum stellt.
Dabei umkreist sie das Thema menschlicher Grenzsituationen. Für die Ausstellung verortet sie eine mit Collage,
Objekt und Decollage aufgebaute Installation. Mit der Arbeit "Faltgedichte, Faltgeschichte" (2015) eine
Gruppe collagierter Hängeobjekte, von Judith Saupper schließt sich der Bogen hin zu einer poetischen
Interpretation des Bildhaften in der Collage.
Im Gegensatz dazu positionieren sich die Werke von Christian Eisenberger. Sein Ansatz insistiert auf eine Persiflage
des Kunstbegriffs. Er erweitert das Prinzip Collage zu einem material- und spartenüber- greifenden Konzept.
Bekannt wurde Eisenberger mit 9975 aus Pappkarton ausgeschnittenen und ab 2002 im öffentlichen Raum platzierten
Figuren, einer Ausweitung der Collage in den öffentlichen Raum, die dem Verfall preisgegeben oder auch aufgelesen
wurden. Eine dieser Figuren ist - als Relikt ihrer öffentlichen Präsentation - erstmals in der Schau
zu sehen.
Die Ausstellung zeigt Strategien und Veränderungen im Umgang mit dem Prinzip Collage, die in unterschiedlichen
Medien - von der collagierten Zeichnung und Malerei, über die Fotomontage, die Assemblage bis zur installativen
Objektarbeit und Videocollage - sichtbar werden. Mit rund 25 Werken von 19 Künstlerinnen und Künstlern
wird das Prinzip Collage als Methode der Zusammenschau und Neuordnung auch im Ausstellungskonzept angewandt.
Gezeigte KünstlerInnen: Marc Adrian (1930-2008), Alexandra Baumgartner (geb. 1973), Franz Beer (geb. 1929),
Christian Eisenberger (geb. 1978), Padhi Frieberger ( geb. 1929), Adolf Frohner (1934-2007), Elfriede Mejchar (geb.
1924), Otto Muehl (1925-2013), Arnulf Neuwirth (1912-2012), Oswald Oberhuber (geb. 1931), Ingeborg Pluhar (geb.
1944), Hermann Painitz (geb. 1938), Thomas Riess (geb. 1970), Gerhard Rühm ( geb. 1930), Judith Saupper (geb.
1975), Daniel Spoerri (geb. 1930), Curt Stenvert ( 1920-1992), Ingeborg Strobl (geb. 1949), André Verlon
(1917-1994).
Kuratorin: Elisabeth Voggeneder
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