Darmstadt (idw) - Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
vier neue Atomkerne zu entdecken. Bei den exotischen Kernen handelt es sich um jeweils ein Isotop der Elemente
Berkelium und Neptunium sowie zwei Isotope des Elements Americium. Zur Erzeugung und zum Nachweis der Kerne verwendeten
die Wissenschaftler eine neue hochempfindliche Methode.
Für das Experiment haben Wissenschaftler eine 300 Nanometer dünne Folie aus Curium mit beschleunigten
Calcium-Atomkernen beschossen. Bei den untersuchten Kollisionen berühren sich Atomkerne der beiden Elemente
und bilden für sehr kurze Zeit ein Verbundsystem. Bevor das Verbundsystem nach etwa einer trilliardstel Sekunde
wieder auseinander bricht, tauschen die beiden einander berührenden Kerne eine Anzahl von Kernbausteinen –
Protonen und Neutronen – aus. Dabei entstehen unterschiedliche Isotope als Endprodukte. Die im GSI-Experiment entdeckten
Isotope von Berkelium, Neptunium und Americium sind als Endprodukte solcher Kernkollisionen entstanden.
Sie sind nicht stabil und zerfallen je nach Isotop nach wenigen Millisekunden oder Sekunden. Mit Hilfe von speziellen
Filtern aus elektrischen und magnetischen Feldern lassen sich alle Zerfallsprodukte separieren und analysieren.
Den Nachweis aller Zerfallsprodukte nutzen die Wissenschaftler, um das neue Isotop zu identifizieren.
Jedes chemische Element besitzt verschiedene Isotope. Die Isotope unterscheiden sich durch die Anzahl der Neutronen
im Kern und damit in ihrer Masse. Die nun entdeckten Isotope besitzen weniger Neutronen und sind leichter, als
die bisher bekannten Isotope des jeweiligen Elements. Durch ihre geringe Neutronenzahl sind sie in ihrem Aufbau
sehr exotisch und damit für die Entwicklung von theoretischen Modellen zur Beschreibung von Atomkernen sehr
interessant. Bislang kennen wir etwa 3000 Isotope von den 114 chemischen Elementen des Periodensystems. Wissenschaftliche
Abschätzungen gehen davon aus, dass noch über 4000 unentdeckte Isotope existieren. Bei GSI geht die Jagd
nach den unbekannten Isotopen weiter. Von besonderem Interesse sind dabei Atome, die schwerer sind als Uran.
„Mit der verwendeten Methode ist es uns gelungen viele verschiedene Atomkerne gleichzeitig zu erzeugen. Von besonderer
Bedeutung sind unsere Ergebnisse für die Erforschung superschwerer Elemente. Insbesondere neue Isotope von
superschweren Elementen, die eine besonders große Zahl an Neutronen enthalten, sind mit keiner anderen Methode
herstellbar. Experimente zur Erzeugung dieser neutronenreichen Kerne sind bereits in Vorbereitung“, erläutert
GSI-Wissenschaftlerin und die Leiterin des Experimentes Sophia Heinz.
Die aktuellen Experimente ermöglichen es, in bislang unerforschte Gebiete auf der Landkarte der Isotope vorzudringen.
Am gleichen Experimentaufbau wurden bei GSI die Elemente 107 bis 112 entdeckt. Auch am geplanten Beschleunigerzentrum
FAIR werden in Zukunft die Mechanismen, die für die Produktion neuer Isotope verantwortlich sind, untersucht.
Durch die Entdeckung der vier neuen Isotope rückt GSI in der Rangliste näher an das Labor mit den meisten
entdeckten Isotopen heran. Diese Liste wird angeführt vom Lawrence Berkeley National Laboratory in den Vereinigten
Staaten. Die GSI liegt auf dem zweiten Platz.
Das Experiment an der GSI-Beschleunigeranlage wurde von einem internationalen Forscherteam durchgeführt. Beteiligt
waren neben dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung Wissenschaftler aus dem Manipal Centre for Natural
Sciences in Indien, der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Japan Atomic Energy Agency, dem Lawrence
Livermore National Laboratory in den USA und dem Joint Institute for Nuclear Research in Russland.
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