Bundespräsident Heinz Fischer im Iran

 

erstellt am
09. 09. 15
09:00 MEZ

Hoffnung auf "positive Entwicklung, die sich auch auf den Syrien-Konflikt auswirkt" – Pressekonferenz gemeinsam mit Staatspräsident Rohani – Iranisch-österreichisches Wirtschaftsforum in Teheran eröffnet
Teheran/Wien (hofburg) - Bundespräsident Heinz Fischer ist am 07.09. zu einem dreitägigen Arbeitsbesuch im Iran eingetroffen. Der Umsetzung des in Wien vereinbarten Atom-Deals sieht der Bundespräsident nach eigenen Worten mit "realistischem Optimismus" entgegen. Er hoffe auf eine positive Entwicklung, die auch zu einer Reduzierung des Syrien-Konflikts beitragen könne, erklärte das österreichische Staatsoberhaupt nach seiner Ankunft in Teheran.

Der Bundespräsident wird bei seinem Besuch in Teheran von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Außenminister Sebastian Kurz und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl sowie einer umfangreichen Wirtschafts-, Kultur-, Wissenschafts- und Journalistendelegation begleitet. Bei einem Empfang in der Residenz des österreichischen Botschafters verteidigte der Bundespräsident erneut seine von verschiedener Seite kritisierte Iran-Reise.

"Wir brauchen uns nicht zu rechtfertigen, dass wir schon früh die richtigen Einschätzungen vorgenommen haben. Wir sind lange mit dem Iran in Verbindung gewesen. Es ist nützlich für alle Seiten, wenn sich dies weiter verbessert", sagte der Bundespräsident, der als erstes Staatsoberhaupt eines EU-Landes seit 2004 die Islamische Republik besucht.

Derzeit geben sich eine Reihe hochrangiger Besucher aus Politik und Wirtschaft aus der EU im Iran die Klinke in die Hand. Der iranische Präsident Hassan Rohani wurde zudem in eine Reihe von EU-Staaten wie Italien, Frankreich oder Spanien eingeladen.

Wirtschaftsminister Mitterlehner betonte, dass der Zeitpunkt des Besuchs wichtig sei. Man wolle nicht vorschnell etwas vereinbaren, aber "Strukturen vorbereiten" um die wirtschaftlichen Kontakte auszubauen. Mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) solle mittels einer gemischten Kommission eine Roadmap erstellt werden, wie das Ziel einer Verfünffachung des Handelsvolumens auf eine Milliarde Euro erreicht werden könne.

Grundvoraussetzung dafür ist eine umfassende Lockerung der gegen den Iran verhängten Sanktionen. Dies wiederum setzt voraus, dass das zwischen dem Iran und den 5+1 (UN-Vetomächte plus Deutschland) vereinbarte Atomabkommen von allen Vertragsparteien gebilligt und auch umgesetzt wird. Im Iran gibt es im Parlament noch massive Widerstände dagegen.

In der iranischen Bevölkerung jedenfalls sind mit dem Atom-Deal große Erwartungen und Hoffnungen auf einen wirtschaftlichen Aufschwung verknüpft. Im Gegensatz zur Führung in Teheran würden immer mehr Menschen eine laizistischere Haltung an den Tag legen, berichten diplomatische Quellen. Zudem gebe es vermehrt Diskussionen über die Zukunft des Iran.

Österreich habe angesichts der langjährigen Verbindung zum Iran gute Karten, heißt es übereinstimmend aus informierten Kreisen. Unvergessen ist auch die Behandlung tausender durch Giftgas verletzter iranischer Soldaten in österreichischen Spitälern während des Krieges zwischen Iran und Irak in den 1980er Jahren.

   


Am 08.09. ist der Bundespräsident im Saadabad-Palast in Teheran vom iranischen Präsidenten Hassan Rohani mit militärischen Ehren empfangen worden. Nach einem Vier-Augen-Gespräch der beiden Staatsoberhäupter unterzeichneten Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz vier Memoranden mit ihren iranischen Amtskollegen.

Die Absichtserklärungen beziehen sich auf eine künftige Zusammenarbeit im Bereich Umwelt, auf politischen und interreligiösen Dialog sowie auf eine Gemischte Kommission zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen. Die Gemischte Kommission ist ein Forum des Wirtschaftsministeriums, mit dem der Iran als neuer Markt für Österreich erschlossen werden soll.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten Bundespräsident Heinz Fischer und Staatspräsident Hassan Rohani die gute und lange Tradition der österreichisch-iranischen Beziehungen. Beide begrüßten auch das Zustandekommen des in Wien ausgehandelten Atomabkommens zwischen dem Iran und den 5+1 (UN-Vetomächte plus Deutschland). Damit werde "eine neue Seite im Geschichtsbuch aufgeschlagen", erklärte der Bundespräsident.

Staatspräsident Rohani bedankte sich für die österreichische Gastfreundschaft bei den Atomverhandlungen. Das "historische Ergebnis" werde der ganzen Welt zu gute kommen.

Der Bundespräsident unterstrich, dass Österreich, das einen guten Ruf als unabhängiger und demokratischer Staat genieße und das die Menschenrechte hochhalte, auf gute Beziehungen zu anderen Staaten Wert lege. Man sei bemüht, die wirtschaftlichen Beziehungen, aber auch die wissenschaftlichen und kulturellen Kontakte zum Iran auszubauen. Dies solle nicht zum Vorteil nur einer Seite gereichen, sondern für beiden Staaten einmal im Verhältnis 50:50 zu Gute kommen.

Heinz Fischer und Hassan Rohani erörterten auch die Krisen in der Nahost-Region, insbesondere den Konflikt in Syrien und den Kampf gegen den Terrorismus. Der iranische Präsident betonte unter Hinweis auf die Flüchtlingsströme, dass der Syrien-Konflikt auch Folgen für Europa habe. Bei der Lösung des Problems dürfe man sich nicht auf bestimmte Personen konzentrieren, meinte er unter Anspielung auf westliche Forderungen nach einem Sturz von Syriens Präsident Bashar al-Assad, der von Teheran unterstützt wird. Der Iran sei bereit, sich an jeden Verhandlungstisch zu setzen, an dem ein positives Ergebnis erzielt werden könne. Man brauche die Mitwirkung aller Seiten, auch die EU müsse mithelfen.

Irans Oberster Religiöser Führer Ayatollah Seyed Ali Khamenei empfing das österreichische Staatsoberhaupt in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Teheran.

   

Iranisch-österreichisches Wirtschaftsforum
Bundespräsident Heinz Fischer, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl haben am 08.09. in Teheran ein iranisch-österreichisches Wirtschaftsforum eröffnet. Heinz Fischer wird bei seinem Iran-Besuch von einer 240-köpfigen Wirtschaftsdelegation begleitet, die größte, die je mit einem Bundespräsidenten einen Auslandsbesuch absolviert hat.

Rund 1000 Personen haben sich für das Wirtschaftsforum angemeldet. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sieht für heimische Unternehmen große Chancen im Iran nach der geplanten schrittweisen Aufhebung der Sanktionen ab kommendem Jahr. Österreich habe im Iran gute Karten aufgrund langjähriger, bilateraler Beziehungen auch in wirtschaftspolitisch schwierigen Zeiten, betonten der Bundespräsident und die Mitglieder seiner Delegation.

Österreichische Unternehmen sind laut Wirtschaftskammer Österreich (WKO) in den Bereichen Erneuerbare Energien, Abfallwirtschaft sowie Infrastruktur, Industrieausrüstung und Katastrophenschutz im Iran traditionell sehr hoch angesehen. Generell gebe es sowohl einen Industriemodernisierungs- als auch einen enormen Nachholbedarf nach Innovationen und neuen Technologien. Auch für Unternehmen im Medizintechnik- und Pharmabereich sei der Iran alleine aufgrund seiner Bevölkerungsgröße von großem Interesse.

Der Iran leide aktuell und sanktionsbedingt unter einem massiven Investitionsrückstau in allen Bereichen, so die WKÖ. Die Industrie sei zu einem großen Teil überaltert, dazu kommt durch die Bevölkerungsexplosion der letzten Jahrzehnte ein großer Bedarf an moderner Infrastruktur, besonders in den Bereichen Straßen- und Schienenbau, Kraftwerksbau, Umwelttechnologie, und Gesundheitswesen.

Im Jahr 2014 exportierte Österreich Güter im Wert von 213,7 Mio. Euro in den Iran und importierte von dort Produkte im Wert von 19,2 Mio. Euro. Dieses Verhältnis soll sich in den kommenden Jahren zugunsten des Iran verschieben. Bedeutendste österreichische Exportprodukte waren Maschinen und Apparate sowie Pharma-Produkte. Aus dem Iran bezog Österreich vor allem Farbstoffe, Teppiche und Trockenfrüchte.

     

Quelle: APA/PrK

 

 

 

 

 

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