Eckpunkte für die Herbstarbeit gesteckt – Flüchtlinge integrieren und den Tiroler
Arbeitsmarkt ankurbeln
Elmen/Innsbruck (lk) - Im ersten Halbjahr 2015 ist in Österreich die Gesamtanzahl der Asylanträge
um mehr als 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Pro Tag werden durchschnittlich 200 bis 300 Anträge
gestellt. Die AsylwerberInnen kommen größtenteils aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Die Herausforderungen,
die sich daraus aus der Flüchtlingswelle ergeben, waren auch Thema der Klausur der Tiroler Landesregierung
im Naturparkhaus in Elmen, einem markanten Standort auf einer Brücke über dem Lech. Bei der anschließenden
Pressekonferenz ging LH Günther Platter gemeinsam mit LHStvin Ingrid Felipe am 08.09. direkt darauf ein: „Diese
vielen Menschen auf der Flucht in Verbindung mit den abscheulichen Verbrechen der Schleppermafia stellen Europa
vor eine der größten Herausforderung seit Jahrzehnten. Dabei sind auch Österreich und Tirol direkt
gefordert. Die Landesregierung hat daher eine Grundsatzerklärung (siehe Anhang) zur Tiroler Flüchtlingspolitik
beschlossen.“ LHStvin Ingrid Felipe betont, dass die Tiroler Landesregierung darauf vorbereitet sei, dass der Großteil
der Vertriebenen in Tirol bleiben werde. „Wir arbeiten deswegen an einer Integrationsstrategie, denn wir wollen
den Menschen in ihrer neuen Heimat Tirol das Rüstzeug mitgeben, dass sie selbstständig leben, Geld verdienen
und ein aktiver Teil der Gesellschaft werden können.“
Deswegen setzt Tirol auf die Erhebung der Kompetenzen der neu in Österreich angekommenen Menschen und in Zusammenarbeit
mit Gemeinden und Sozialpartnern auf eine möglichst rasche Integration in den regulären Arbeitsmarkt,
wie Sozial-Landesrätin Christine Baur ausführt: „Jeder Tag, der nach der Ankunft vergeht, ohne dass wir
den Flüchtlingen eine sinnvolle Tätigkeit ermöglichen, ist ein verlorener Tag. Und jeder Euro, den
wir jetzt für Aus- und Weiterbildung und für Deutschkurse in die Hand nehmen, ist gut investiertes Geld.“
In Tirol sind aktuell rund 4.000 AsylwerberInnen in rund 95 Objekten untergebracht. Bis Ende des Jahres sind rund
70.000 AsylwerberInnen in Österreich zu erwarten. Tirol muss dabei 8,4 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen,
was rund 6.000 Flüchtlingsplätze bedeutet. In der Grundsatzerklärung unterstreicht die Landesregierung
die Bereitschaft, Verantwortung in Tirol für eine menschenwürdige Unterbringung Unterkunft unter einem
festen Dach zu übernehmen. Das gilt ebenso für die Integration von Flüchtlingen auf der Grundlage
des Erwerbs der deutschen Sprache als Schlüssel zur Integration.
Klima des Miteinanders, der Solidarität und der Akzeptanz
LH Platter führte aus: „Diskussionen um Quoten allein bringen uns nicht weiter. Die Landesregierung setzt
auf den Weg des Konsenses. Insbesondere werden die Tiroler Gemeinden aktiv in die Entscheidungsprozesse der Quartiersuche
mit eingebunden. Mit dieser Leitlinie wird insgesamt ein Klima des Miteinanders, der Solidarität und der Akzeptanz
innerhalb der Bevölkerung geschaffen.“
LH Platter fasst zusammen: „Tirol muss in der Flüchtlingsfrage, in der keine einfache Lösung möglich
ist, seine Handlungsfähigkeit in einer hitzigen Lage beweisen. Wenn Flüchtlinge aus Afrika oder Syrien
ihre Zukunftschance bei uns in Europa suchen, dann ist das eine nationale wie europäische Bewährungsprobe.
Mit kühlem Kopf und sicherer Hand ist das zu tun, was zu tun ist. Mit dieser Grundsatzerklärung bringen
wir in Tirol unsere Achtung vor grundlegenden Menschenrechten zum Ausdruck. Gleichzeitig besitzt für uns der
soziale Friede in einem Klima des Miteinanders höchsten Stellenwert.“
Beschäftigung bleibt weiterhin Thema
Die Arbeitslosigkeit ist in Tirol im heurigen August im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent gestiegen. „Dass Tirol
österreichweit nach Salzburg die zweitgeringste Steigerung aufweist, lässt aber eine Verringerung der
Abwärtsspirale erkennen“, kommentiert LH Günther Platter das zweite große Thema der Regierungsklausur.
Neu: Lehrlingskoordinator des Landes
„Mit der heuer im Jänner beschlossenen Fachkräfteoffensive und dem im Juni folgenden Impulspaket haben
wir nicht tatenlos zugesehen, als die Arbeitslosigkeit in Tirol zugenommen hat, sondern massiv gegengesteuert“,
so LH Platter: „Für Tirol gibt es auf dem Arbeitsmarkt bereits erste Lichtblicke, die Anlass zu vorsichtigem
Optimismus geben!“ Dennoch gelte es, bei den Anstrengungen nicht nachzulassen. Um die Berufschancen der Jugend
und den Fachkräftebedarf der Wirtschaft auch in Zukunft zu sichern, kommt der Lehre eine besonders große
Bedeutung zu.
„Die Landesregierung hat deshalb in der heutigen Sitzung die Einsetzung eines Lehrlingskoordinators beschlossen:
Die einstimmige Wahl ist auf Roland Teißl, den Landesschulinspektor für das Berufsschulwesen, gefallen.
Seine Aufgaben ist die Vernetzung von Unternehmen, Sozialpartnern und Politik. Weiters ist das Image des Lehrberufs
zu steigern, der auch für neue Zielgruppen wie MaturantInnen attraktiv werden soll“, informiert LH Platter.
Vergleicht man das Schuljahr 2012/13 mit 2014/15 so beträgt in Tirol der Rückgang 859 Mädchen und
Burschen, das sind neun Prozent weniger Lehrlinge – bei steigender Tendenz in den nächsten Jahren. Diese rückläufigen
Lehrlingszahlen machen es notwendig, ergänzend zu den bisherigen Aktivitäten einen Lehrlingskoordinator
auf Landesebene einzusetzen. Landesschulinspektor Roland Teißl verfügt über das notwendige Knowhow
und eine langjährige Erfahrung im Bereich der dualen Ausbildung.
750 Arbeitsplätze zusätzlich im Wohnbau
Direkt und unmittelbar greift bereits das 135 Millionen Euro starke Impulspaket, weil geplante Projekte schneller
vorgezogen werden können. LH Platter führt als Beispiel den Wohnbau an: „Schon das reguläre Budget
der Tiroler Wohnbauförderung löst ein jährliches Bauvolumen von rund 400 Millionen aus und sichert
damit bis zu 6.000 Arbeitsplätze. Durch die zusätzlichen Impulspaket-Mittel steigt das ausgelöste
Bauvolumen um weitere 50 Millionen Euro auf insgesamt 450 Millionen an. Auf diese Weise können pro Jahr allein
im Wohnbau 750 Arbeitsplätze mehr gesichert werden.“
135 zusätzliche LehrerInnen für Tirols Schulen
Auch im Bildungsbereich schlägt sich das Impulspaket massiv mit dem JunglehrerInnenpaket nieder. Mit 5,5
Millionen Euro werden 135 zusätzliche Lehrpersonen an den Tiroler Pflichtschulen finanziert. Diese kommen
bereits mit dem Schulbeginn im heurigen Herbst zum Einsatz.
Auch die Fachkräfteoffensive zeigt Erfolge: So wurde am 1. April 2015 die in Österreich einzigartige
Fachabschlussbeihilfe des Landes eingeführt: Arbeitslose Menschen, die an bestimmten, vom AMS unterstützten
Bildungsmaßnahmen teilnehmen, erhalten bis zu 350 Euro monatlich. Mit dem Erwerb einer besseren Qualifikation
sollen sie wieder erfolgreich am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Eine Million Euro jährlich wendet
das Land Tirol allein dafür auf.
Zwei weitere neue Beihilfen der Arbeitsmarktförderung des Landes stehen seit 1. Juni 2015 zur Verfügung.
„Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist eine gute, fundierte Aus- und Weiterbildung“, so LH Platter
und kündigt an: „Weitere Maßnahmen wie neue Lehrberufe und das Fachkräftemonitoring folgen im kommenden
Jahr ebenso wie der Tiroler Tag der Lehre am 3. Juni 2016.“
Leistbares Wohnen: Neue zinsfreie Förderung auf fünf Jahre, verbesserte Rückzahlung bestehender
Verträge
Leistbares Wohnen für alle Tirolerinnen und Tiroler ist dem Land Tirol ein besonderes sozial- und familienpolitisches
Anliegen. Im Sinne einer aktiven und sozialen Wohnbaupolitik fasste die Landesregierung auf Antrag von LR Johannes
Tratter den Grundsatzbeschluss, neue Förderungskredite („5. Vertragsgeneration“) auf die Dauer von fünf
Jahren zinsfrei zu gewähren. Gleichzeitig sollen die Rückzahlungskonditionen für bereits bestehende
Kredite nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984, dem Wohnhaussanierungsgesetz und dem Tiroler Wohnbauförderungsgesetz
1991 durch Senkung der Zinsen auf aktuell ein Prozent jährlich verbessert werden. „Das bedeutet spürbar
kleinere Rückzahlungsraten für 44.000 Verträge und führt zu einer Entlastung der Tiroler Bevölkerung
über die gesamte Laufzeit bis zum Jahr 2054 von rund 785 Millionen Euro“, ziehen LH Platter und LR Tratter
Bilanz. Nach Befassung der zuständigen Gremien soll die neue Wohnbauförderung im nächsten Jahr in
Kraft treten.
KatastrophenmanagerInnen in allen 279 Tiroler Gemeinden bis 2020
Praktisch über Nacht sind heuer See im Paznauntal und Sellrain zum Schauplatz von nicht vorhersehbaren Naturkatastrophen
geworden. Wieder einmal hat sich bestätigt, dass professionelles Katastrophenmanagement in Tirols Gemeinden
ein Gebot der Stunde ist. Bereits seit vergangenem Jahr arbeitet die Landesregierung intensiv an einem verstärkten
Schulungsprogramm für die Einsatzleitungen direkt in den Gemeinden. Heute wurde auf Antrag von LH Günther
Platter und Sicherheitsreferent LHStv Josef Geisler diese Ausbildung für die Mitglieder der von der Bürgermeisterin,
vom Bürgermeister angeführten Gemeindeeinsatzleitung beschlossen.
Das vierjährige Programm wird im Frühjahr 2016 starten. Mehrere Module wie Kommunikation und Stabsarbeit
sind in der Schulung zu absolvieren. „Neben den staatlichen Organisationen funktioniert die Bewältigung von
Katastrophenereignissen bei uns dank des Einsatzes vieler Freiwilliger in den verschiedensten Organisationen. Ihnen
können wir nur Danke sagen und ihnen das Rüstzeug zur bestmöglichen Bewältigunng der Elementarereignisse
mitgeben. Mit diesem Schritt professionalisieren wir das Katastrophenmanagement in jeder einzelnen Gemeinde Tirols
weiter. Die einheitliche Ausbildung verbessert die Standards und Kommunikationswege. Dieses Mehr an Sicherheit
kommt jeder Tirolerin und jedem Tiroler zugute“, so LH Platter und LHStv Geisler. Das Programm kostet insgesamt
130.000 Euro. Die Abwicklung erfolgt unter Leitung von LADStv Dietmar Schennach durch die Landesabteilung für
Zivil- und Katastrophenschutz gemeinsam mit allen Bezirkshauptmannschaften.
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