Tiroler Landesregierung bei Klausur im Lechtal

 

erstellt am
09. 09. 15
09:00 MEZ

Eckpunkte für die Herbstarbeit gesteckt – Flüchtlinge integrieren und den Tiroler Arbeitsmarkt ankurbeln
Elmen/Innsbruck (lk) - Im ersten Halbjahr 2015 ist in Österreich die Gesamtanzahl der Asylanträge um mehr als 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Pro Tag werden durchschnittlich 200 bis 300 Anträge gestellt. Die AsylwerberInnen kommen größtenteils aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Die Herausforderungen, die sich daraus aus der Flüchtlingswelle ergeben, waren auch Thema der Klausur der Tiroler Landesregierung im Naturparkhaus in Elmen, einem markanten Standort auf einer Brücke über dem Lech. Bei der anschließenden Pressekonferenz ging LH Günther Platter gemeinsam mit LHStvin Ingrid Felipe am 08.09. direkt darauf ein: „Diese vielen Menschen auf der Flucht in Verbindung mit den abscheulichen Verbrechen der Schleppermafia stellen Europa vor eine der größten Herausforderung seit Jahrzehnten. Dabei sind auch Österreich und Tirol direkt gefordert. Die Landesregierung hat daher eine Grundsatzerklärung (siehe Anhang) zur Tiroler Flüchtlingspolitik beschlossen.“ LHStvin Ingrid Felipe betont, dass die Tiroler Landesregierung darauf vorbereitet sei, dass der Großteil der Vertriebenen in Tirol bleiben werde. „Wir arbeiten deswegen an einer Integrationsstrategie, denn wir wollen den Menschen in ihrer neuen Heimat Tirol das Rüstzeug mitgeben, dass sie selbstständig leben, Geld verdienen und ein aktiver Teil der Gesellschaft werden können.“

Deswegen setzt Tirol auf die Erhebung der Kompetenzen der neu in Österreich angekommenen Menschen und in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Sozialpartnern auf eine möglichst rasche Integration in den regulären Arbeitsmarkt, wie Sozial-Landesrätin Christine Baur ausführt: „Jeder Tag, der nach der Ankunft vergeht, ohne dass wir den Flüchtlingen eine sinnvolle Tätigkeit ermöglichen, ist ein verlorener Tag. Und jeder Euro, den wir jetzt für Aus- und Weiterbildung und für Deutschkurse in die Hand nehmen, ist gut investiertes Geld.“

In Tirol sind aktuell rund 4.000 AsylwerberInnen in rund 95 Objekten untergebracht. Bis Ende des Jahres sind rund 70.000 AsylwerberInnen in Österreich zu erwarten. Tirol muss dabei 8,4 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen, was rund 6.000 Flüchtlingsplätze bedeutet. In der Grundsatzerklärung unterstreicht die Landesregierung die Bereitschaft, Verantwortung in Tirol für eine menschenwürdige Unterbringung Unterkunft unter einem festen Dach zu übernehmen. Das gilt ebenso für die Integration von Flüchtlingen auf der Grundlage des Erwerbs der deutschen Sprache als Schlüssel zur Integration.

Klima des Miteinanders, der Solidarität und der Akzeptanz
LH Platter führte aus: „Diskussionen um Quoten allein bringen uns nicht weiter. Die Landesregierung setzt auf den Weg des Konsenses. Insbesondere werden die Tiroler Gemeinden aktiv in die Entscheidungsprozesse der Quartiersuche mit eingebunden. Mit dieser Leitlinie wird insgesamt ein Klima des Miteinanders, der Solidarität und der Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung geschaffen.“

LH Platter fasst zusammen: „Tirol muss in der Flüchtlingsfrage, in der keine einfache Lösung möglich ist, seine Handlungsfähigkeit in einer hitzigen Lage beweisen. Wenn Flüchtlinge aus Afrika oder Syrien ihre Zukunftschance bei uns in Europa suchen, dann ist das eine nationale wie europäische Bewährungsprobe. Mit kühlem Kopf und sicherer Hand ist das zu tun, was zu tun ist. Mit dieser Grundsatzerklärung bringen wir in Tirol unsere Achtung vor grundlegenden Menschenrechten zum Ausdruck. Gleichzeitig besitzt für uns der soziale Friede in einem Klima des Miteinanders höchsten Stellenwert.“

Beschäftigung bleibt weiterhin Thema
Die Arbeitslosigkeit ist in Tirol im heurigen August im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent gestiegen. „Dass Tirol österreichweit nach Salzburg die zweitgeringste Steigerung aufweist, lässt aber eine Verringerung der Abwärtsspirale erkennen“, kommentiert LH Günther Platter das zweite große Thema der Regierungsklausur.

Neu: Lehrlingskoordinator des Landes
„Mit der heuer im Jänner beschlossenen Fachkräfteoffensive und dem im Juni folgenden Impulspaket haben wir nicht tatenlos zugesehen, als die Arbeitslosigkeit in Tirol zugenommen hat, sondern massiv gegengesteuert“, so LH Platter: „Für Tirol gibt es auf dem Arbeitsmarkt bereits erste Lichtblicke, die Anlass zu vorsichtigem Optimismus geben!“ Dennoch gelte es, bei den Anstrengungen nicht nachzulassen. Um die Berufschancen der Jugend und den Fachkräftebedarf der Wirtschaft auch in Zukunft zu sichern, kommt der Lehre eine besonders große Bedeutung zu.

„Die Landesregierung hat deshalb in der heutigen Sitzung die Einsetzung eines Lehrlingskoordinators beschlossen: Die einstimmige Wahl ist auf Roland Teißl, den Landesschulinspektor für das Berufsschulwesen, gefallen. Seine Aufgaben ist die Vernetzung von Unternehmen, Sozialpartnern und Politik. Weiters ist das Image des Lehrberufs zu steigern, der auch für neue Zielgruppen wie MaturantInnen attraktiv werden soll“, informiert LH Platter.

Vergleicht man das Schuljahr 2012/13 mit 2014/15 so beträgt in Tirol der Rückgang 859 Mädchen und Burschen, das sind neun Prozent weniger Lehrlinge – bei steigender Tendenz in den nächsten Jahren. Diese rückläufigen Lehrlingszahlen machen es notwendig, ergänzend zu den bisherigen Aktivitäten einen Lehrlingskoordinator auf Landesebene einzusetzen. Landesschulinspektor Roland Teißl verfügt über das notwendige Knowhow und eine langjährige Erfahrung im Bereich der dualen Ausbildung.

750 Arbeitsplätze zusätzlich im Wohnbau

Direkt und unmittelbar greift bereits das 135 Millionen Euro starke Impulspaket, weil geplante Projekte schneller vorgezogen werden können. LH Platter führt als Beispiel den Wohnbau an: „Schon das reguläre Budget der Tiroler Wohnbauförderung löst ein jährliches Bauvolumen von rund 400 Millionen aus und sichert damit bis zu 6.000 Arbeitsplätze. Durch die zusätzlichen Impulspaket-Mittel steigt das ausgelöste Bauvolumen um weitere 50 Millionen Euro auf insgesamt 450 Millionen an. Auf diese Weise können pro Jahr allein im Wohnbau 750 Arbeitsplätze mehr gesichert werden.“

135 zusätzliche LehrerInnen für Tirols Schulen
Auch im Bildungsbereich schlägt sich das Impulspaket massiv mit dem JunglehrerInnenpaket nieder. Mit 5,5 Millionen Euro werden 135 zusätzliche Lehrpersonen an den Tiroler Pflichtschulen finanziert. Diese kommen bereits mit dem Schulbeginn im heurigen Herbst zum Einsatz.

Auch die Fachkräfteoffensive zeigt Erfolge: So wurde am 1. April 2015 die in Österreich einzigartige Fachabschlussbeihilfe des Landes eingeführt: Arbeitslose Menschen, die an bestimmten, vom AMS unterstützten Bildungsmaßnahmen teilnehmen, erhalten bis zu 350 Euro monatlich. Mit dem Erwerb einer besseren Qualifikation sollen sie wieder erfolgreich am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Eine Million Euro jährlich wendet das Land Tirol allein dafür auf.

Zwei weitere neue Beihilfen der Arbeitsmarktförderung des Landes stehen seit 1. Juni 2015 zur Verfügung. „Die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist eine gute, fundierte Aus- und Weiterbildung“, so LH Platter und kündigt an: „Weitere Maßnahmen wie neue Lehrberufe und das Fachkräftemonitoring folgen im kommenden Jahr ebenso wie der Tiroler Tag der Lehre am 3. Juni 2016.“

Leistbares Wohnen: Neue zinsfreie Förderung auf fünf Jahre, verbesserte Rückzahlung bestehender Verträge
Leistbares Wohnen für alle Tirolerinnen und Tiroler ist dem Land Tirol ein besonderes sozial- und familien­politisches Anliegen. Im Sinne einer aktiven und sozialen Wohnbaupolitik fasste die Landesregierung auf Antrag von LR Johannes Tratter den Grundsatzbeschluss, neue Förderungskredite („5. Vertragsgeneration“) auf die Dauer von fünf Jahren zinsfrei zu ge­währen. Gleichzeitig sollen die Rückzahlungskonditionen für bereits bestehende Kredite nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984, dem Wohnhaussanierungsgesetz und dem Tiroler Wohnbauförderungs­gesetz 1991 durch Senkung der Zinsen auf aktuell ein Prozent jährlich verbessert werden. „Das bedeutet spürbar kleinere Rückzahlungsraten für 44.000 Verträge und führt zu einer Entlastung der Tiroler Bevölkerung über die gesamte Laufzeit bis zum Jahr 2054 von rund 785 Millionen Euro“, ziehen LH Platter und LR Tratter Bilanz. Nach Befassung der zuständigen Gremien soll die neue Wohnbauförderung im nächsten Jahr in Kraft treten.

KatastrophenmanagerInnen in allen 279 Tiroler Gemeinden bis 2020
Praktisch über Nacht sind heuer See im Paznauntal und Sellrain zum Schauplatz von nicht vorhersehbaren Naturkatastrophen geworden. Wieder einmal hat sich bestätigt, dass professionelles Katastrophenmanagement in Tirols Gemeinden ein Gebot der Stunde ist. Bereits seit vergangenem Jahr arbeitet die Landesregierung intensiv an einem verstärkten Schulungsprogramm für die Einsatzleitungen direkt in den Gemeinden. Heute wurde auf Antrag von LH Günther Platter und Sicherheitsreferent LHStv Josef Geisler diese Ausbildung für die Mitglieder der von der Bürgermeisterin, vom Bürgermeister angeführten Gemeindeeinsatzleitung beschlossen.

Das vierjährige Programm wird im Frühjahr 2016 starten. Mehrere Module wie Kommunikation und Stabsarbeit sind in der Schulung zu absolvieren. „Neben den staatlichen Organisationen funktioniert die Bewältigung von Katastrophenereignissen bei uns dank des Einsatzes vieler Freiwilliger in den verschiedensten Organisationen. Ihnen können wir nur Danke sagen und ihnen das Rüstzeug zur bestmöglichen Bewältigunng der Elementarereignisse mitgeben. Mit diesem Schritt professionalisieren wir das Katastrophenmanagement in jeder einzelnen Gemeinde Tirols weiter. Die einheitliche Ausbildung verbessert die Standards und Kommunikationswege. Dieses Mehr an Sicherheit kommt jeder Tirolerin und jedem Tiroler zugute“, so LH Platter und LHStv Geisler. Das Programm kostet insgesamt 130.000 Euro. Die Abwicklung erfolgt unter Leitung von LADStv Dietmar Schennach durch die Landesabteilung für Zivil- und Katastrophenschutz gemeinsam mit allen Bezirkshauptmannschaften.

 

 

 

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