Wien (meduni wien) - Die Immuntherapie gilt als eines der Hoffnungsgebiete in der Krebstherapie. An der Universitätsklinik
für Dermatologie der MedUni Wien und des AKH Wien wird die neue Generation der Wirksubstanzen bereits seit
einem Jahrzehnt in klinischen Studien und seit deren Zulassung in der Therapie von Melanomen im klinischen Alltag
eingesetzt. Darüber hinaus wird in Studien die Wirkweise von Kombinationstherapien erprobt und der vorbeugende
Einsatz der Immuntherapie nach der operativen Entfernung des Melanoms untersucht.
Laut Statistik Austria erkranken in Österreich pro Jahr etwa 1.500 Menschen an einem malignen Melanom (schwarzer
Hautkrebs) bei sicherlich höheren Dunkelziffern. Da die bösartige Krankheit dazu neigt, früh zu
metastasieren, ist ihre Prognose ungünstig und das Melanom galt lange als sehr schwer zu behandeln. Der Einsatz
der Immuntherapie hat aber zu einem Paradigmenwechsel geführt.
Selbstverteidigung aktivieren
Das Grundprinzip der Immuntherapie ist es, das eigene Immunsystem zu aktivieren und gegen Tumorzellen zu richten.
Eine wesentliche Rolle spielen dabei sogenannte Immun-Checkpoints. Dabei handelt es sich um Rezeptorproteine, die
auf der Oberfläche von T-Zellen (weiße Blutzellen, die der Immunabwehr dienen) ausgebildet werden. Wenn
spezifische Signalstoffe (Liganden) an die Checkpoints anbinden, wird die T-Zelle gebremst. Dieser Mechanismus
dient der natürlichen Regulierung des Immunsystems und verhindert, dass es "überschießt"
und körpereigene, gesunde Zellen angreift.
Allerdings können auch Tumorzellen Liganden ausbilden, die über die Checkpoints das Immunsystem hemmen.
Gelingt es, die Checkpoints der T-Zelle zu blockieren und somit zu verhindern, dass die Liganden am Rezeptor anbinden,
wird der Signalweg unterbunden, die T-Zelle aktiviert, eine Immunreaktion ausgelöst und der Tumor bekämpft.
Diese Blockade erfolgt durch sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, das sind künstlich hergestellte Antikörper
(humanisierte monoklonale Antikörper), die mittels Infusion verabreicht werden.
Neu: in klinischer Routine im Einsatz
An der MedUni Wien und am AKH Wien wird nun nach dreijähriger Erprobung in Studien die neue Generation
der Checkpoint-Inhibitoren (Nivolumab und Pembrolizumab, beides PD1-Antikörper) in der Routine eingesetzt.
Hubert Pehamberger, Leiter der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien und des AKH Wien sowie
Mitglied des Comprehensive Cancer Center (CCC): "Unsere Klinik nimmt seit fast zehn Jahren an allen großen
Studien im Bereich Immuntherapie teil." Christoph Höller, Spezialist für Melanome an der Universitätsklinik
für Dermatologie, ergänzt: "Die Ergebnisse waren so erfolgreich, dass wir seit zirka zwei Monaten
beide Antikörper als Erstlinientherapie im Einsatz haben. Bei sieben bis neun Prozent aller PatientInnen erfolgt
eine komplette Rückbildung des Tumors. Bei vielen weiteren Patienten erzielen wir zumindest eine dauerhafte
Remission. Das ist bei der grundsätzlich eher schlechten Prognose der Erkrankung beachtlich."
Studien untersuchen neue Therapieschemata
Beflügelt von den bisherigen Erfolgen arbeiten die WissenschafterInnen der MedUni weiter an der Verbesserung
dieser Therapie. Höller: "Bei uns laufen weiterhin Studien zur Immuntherapie. Einerseits erproben wir
die Kombination der Checkpoint-Inhibitoren PD1 (Anm.: Nivolumab) und CTLA4 (Anm.: Ipilimumab). Andererseits beginnt
eine Studie, in der ein PD-1 Antikörper mit einem gentechnisch veränderten Herpesvirus kombiniert wird."
Das Virus wird in die Metastasen eingespritzt und bewirkt, dass die Tumorzelle zerfällt. Die Bruchstücke
der Tumorzelle provozieren eine starke, lokale Immunreaktion, die durch die Gabe des Antikörpers zusätzlich
verstärkt wird. Höller: "Wir beschäftigen uns aber auch mit der Metastasierung des malignen
Melanoms. Nach der operativen Entfernung des Hautkrebses besteht die Gefahr, dass Metastasen gebildet werden. In
einer aktuellen Studie verabreichen wir daher PD1-Antikörper quasi vorbeugend und warten, salopp gesagt, nicht
auf die Metastasierung."
Europäischer Immunologie-Kongress in Wien
Am Europäischen Immunologie-Kongress, der bis 9. September in Wien stattfindet, ist die Immuntherapie
in der Onkologie ein bedeutendes Thema. Die MedUni Wien und das CCC sind unter anderem durch Christoph Zielinski,
Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien und des AKH Wien und Leiter des
CCC, prominent vertreten. Zielinski wird der Session "Immuntherapie in der Onkologie" vorsitzen.
Medizinische Universität Wien - Kurzprofil
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs-
und Forschungsstätten Europas. Mit fast 7.500 Studierenden ist sie heute die größte medizinische
Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit ihren 27 Universitätskliniken und drei klinischen Instituten,
12 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten
Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. (http://www.meduniwien.ac.at)
Comprehensive Cancer Center Vienna
Das Comprehensive Cancer Center (CCC) Wien der MedUni Wien und des AKH Wien vernetzt alle Berufsgruppen dieser
beiden Institutionen, die KrebspatientInnen behandeln, Krebserkrankungen erforschen und in der Lehre bzw. der Ausbildung
in diesem Bereich aktiv sind. Christoph Zielinski, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin
I und Leiter der Abteilung für Onkologie, steht auch dem CCC leitend vor. (http://www.ccc.ac.at)
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