Thema Flüchtlinge: EU-Kommission und
 EU-Parlament / Stimmen aus Österreich

 

erstellt am
18. 09. 15
09:00 MEZ

EU-Kommission unterstützt Transitländer
EU-Kommissar Johannes Hahn hat am 17.07. den am stärksten von den Flüchtlingszuströmen betroffenen Ländern weitere Finanzmittel zur Stabilisierung der Lage in Aussicht gestellt.
Brüssel/Berlin (ec) - 20 Millionen Flüchtlinge befinden sich derzeit in unmittelbarer EU-Nachbarschaft. Ziel der EU sei es zu allererst, die Lage der Flüchtlinge vor Ort zu verbessern, um sie in der Region zu halten. Er kündigte bis zu 1 Mrd. Euro zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Türkei an. Serbien und den anderen Ländern des Westbalkans, die derzeit die Haupttransitländer von Flüchtlingen auf dem Weg in die EU sind, sagte Hahn die Hilfe der EU zu. Unterdessen hat das Europäische Parlament der Notumsiedlung von 120.000 Asylsuchenden zugestimmt. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auf, beim nächsten Innenministertreffen am 22.09. ebenso zu entscheiden. Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos machte sich am 17.09. ein Bild der Lage in Ungarn und besucht mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Bundespolizeiinspektion in Rosenheim.

Zur Situation auf dem Westbalkan sagte der für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Hahn: "Wir können diese Länder nicht für zu laxe Grenzkontrollen kritisieren, wenn unsere eigenen Mitgliedstaaten ihre Aufgaben nicht erledigen". Mehr Instabilität in der Region müsse vermieden werden. "Die Westbalkanländer dürfen kein Parkplatz oder Niemandsland für gestrandete Flüchtlinge werden. Das wäre ein geostrategischer Fehler", warnte Hahn.

Hahn betonte die wichtige Rolle der Türkei: "Die Türkei ist ein Schlüsselland für eine Lösung. Ich habe großen Respekt davor, wie die Türkei mit den zwei Millionen Flüchtlingen umgeht, von denen nur eine Minderheit in Aufnahmelagern lebt." Gleichzeitig müsse die Türkei aber mehr gegen Menschenschmuggler tun. Wenn von der Türkei gewollt, werde die EU bis zu 1 Mrd. Euro Finanzhilfen mobilisieren, die für die Integration von Flüchtlingen in der Türkei eingesetzt werden könnten.

Zusätzlich zu den 4 Mrd. Euro, die die EU für Flüchtlinge in Syrien, dem Libanon und Jordanien zur Verfügung gestellt hat, werden zudem weitere Finanzmittel aus den EU-Nachbarschaftsfonds umgewidmet, so Hahn. Er forderte eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der EU und mehr Engagement seitens der Golfstaaten aber auch Kanadas und der USA.

Parlament stimmt für Notumsiedlung
Die Europäische Kommission hat auch das Votum des Europäischen Parlaments (siehe unten) für ihren Vorschlag zur Notumsiedlung von 120.000 Flüchtlingen aus Italien, Griechenland und Ungarn begrüßt.

"Der Weg ist nun frei für den Rat, unseren Vorschlag anzunehmen. Wir rufen die EU-Staaten dazu auf, beim Sondertreffen des Rates der Justiz- und Innenminister am 22.9. die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Beim Treffen des Innenministerrates am 14. September hat eine Mehrheit der Mitgliedstaaten ihren Willen bekundet, so schnell wie möglich voranzukommen. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln. Wenn der Rat am Dienstag zu einer Entscheidung gelangt, steht die Kommission bereit, gemeinsam mit den EU-Staaten und den zuständigen EU-Agenturen die Flüchtlinge sofort umzusiedeln und den Druck auf die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten zu verringern", erklärte die Kommission in Brüssel.

Verpflichtende Umverteilung bleibt auf dem Tisch
Medienberichte, laut denen die Kommission bereit sei, den verpflichtenden Verteilungsschlüssel fallen zu lassen, sind falsch. Präsident Juncker hat in der Kommissionssitzung am Mittwoch noch einmal bekräftigt, dass der Kommissionsvorschlag zur verpflichtenden Umverteilung von 120.000 Asylsuchenden aus Griechenland, Italien und Ungarn auf andere EU-Mitgliedstaaten auf dem Tisch bleibt.

Das Europäische Parlament hatte über den Vorschlag der EU-Kommission im Dringlichkeitsverfahren abgestimmt und so innerhalb von einer Woche eine Abstimmung des Plenums möglich gemacht. Es fehlt nun lediglich die Zustimmung der zuständigen Minister.

Zu den Vorschlägen der Kommission zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vom 9. September gehörte unter anderem die Umsiedlung von 120 000 Personen, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, aus Italien (15 600), Griechenland (50 400) und Ungarn (54 000). Die Umsiedlung soll nach einem verbindlichen Verteilungsschlüssel auf der Grundlage objektiver, quantifizierbarer Kriterien (Bevölkerungszahl: 40 Prozent, BIP: 40 Prozent, durchschnittliche Zahl der bisherigen Asylanträge: 10 Prozent, Arbeitslosenquote: 10 Prozent) erfolgen.

Migrationskommissar Avramopoulos in Ungarn und Rosenheim
Der für Inneres und Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos war am 17.09. zunächst in Ungarn und hat am späten Nachmittag gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Bundespolizeiinspektion in Rosenheim besuchen. Er machte sich in der dortigen Registrierungsstelle für Flüchtlinge ein Bild von der aktuellen Lage.

In Budapest sagte Avramopoulos: "Die Europäische Kommission ist hier, um Ungarn zu helfen." Gleichzeitig äußerte er sich zur Situation an der serbisch-ungarischen Grenze: "Mauern sind nur vorübergehende Lösungen. Sie sehen selbst, dass dies nur die Flüchtlingsströme umlenkt oder Spannungen erhöht. Gewalt ist auch nicht die Lösung. Die Mehrheit der Menschen, die in Europa ankommen, sind Syrer. Diese Menschen sind wirklich schutzbedürftig. Es gibt keine Mauer, die Sie nicht erklimmen würden, und kein Meer, dass Sie nicht überqueren würden, wenn Sie vor Gewalt und Terror flüchten."


 

EU-Abgeordnete stimmen Umsiedlung weiterer 120.000 Asylsuchender zu
Am 17.09. hat das Europäische Parlament den Vorschlag für einen Notfallplan zur Umsiedlung von 120.000 Asylsuchenden aus Italien, Griechenland und Ungarn innerhalb der EU angenommen.
Brüssel (europarl) - Die schnelle Zustimmung des Parlaments im Dringlichkeitsverfahren zum Vorschlag der EU-Kommission vom 9. September zur Umsiedlung von 120.000 Asylsuchenden ist ein deutliches Signal an die EU-Innenminister, die sich am 22. September treffen, dass es höchste Zeit ist, sich auch auf diesen zweiten Notfallplan zu einigen.

Der Kommissionsvorschlag sieht vor, zusätzliche 120.000 Asylsuchende umzusiedeln, und zwar 15.600 aus Italien, 50.400 aus Griechenland und 54.000 aus Ungarn. Mit der zuvor beschlossenen Maßnahme für 40.000 Personen, die das Parlament am 9. September und der Rat am 14. September angenommen hatten, können nun insgesamt 160.000 Menschen umgesiedelt werden.

Das Parlament hat den Vorschlag, ohne ihn abzuändern, mit 370 Stimmen gebilligt, bei 134 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen. Des Weiteren hat es mit 372 Stimmen, bei 124 Gegenstimmen und 54 Enthaltungen, eine legislative Entschließung angenommen, in der es festhält, dass die Zustimmung unbeschadet seiner Position gilt, die die Abgeordneten dann später zum dauerhaften Krisenumverteilungsmechanismus verabschieden werden, bei dem das Mitentscheidungsverfahren gilt.

Ungarn gegen Umsiedlungsmechanismus
Während der Plenardebatte am Mittwoch hat der luxemburgische Minister für Immigration und Asyl Jean Asselborn als Vertreter der Ratspräsidentschaft die Abgeordneten darüber in Kenntnis gesetzt, dass Ungarn sich nicht als „frontline country“, also als Mitgliedstaat an einer Außengrenze, definiert, und daher bei der Umsiedlungsmaßnahme nicht in Betracht gezogen werden will. Das Parlament müsse daher diese wichtige Änderung des Kommissionsvorschlags berücksichtigen, wenn es seine Position festlegt.

Parlament stimmt verbindlichem Mechanismus zu
Der vorgeschlagene verbindliche Mechanismus würde die Asylsuchenden unter den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Aufnahmekapazitäten verteilen und dabei auf folgenden Kriterien beruhen: Bevölkerungszahl (Gewichtung 40%), Gesamt-BIP (40%), durchschnittliche Zahl bisheriger Asylanträge (10%) und die Arbeitslosenquote (10%) – siehe die vorgeschlagenen Zahlen je Mitgliedstaat.

Die teilnehmenden Mitgliedstaaten erhalten einen Pauschalbetrag von 6.000 Euro je umgesiedelte Person. Zudem erhalten sie einen Vorfinanzierungsbetrag in Höhe von 50%, damit die nationalen Behörden schnell reagieren können. Italien, Griechenland und Ungarn erhalten für jede Person, die aus ihrem Hoheitsgebiet umgesiedelt wird, einen Pauschalbetrag von 500 Euro für die Überstellung.

Befristete Solidaritätsklausel
Wenn ein Mitgliedstaat zeitweilig nicht in der Lage ist, an dem Mechanismus teilzunehmen – unter Angabe berechtigter Gründe wie z.B. eine Naturkatastrophe – müsste dieser einen finanziellen Beitrag zum EU-Haushalt in Höhe von 0,002% des BIP leisten. Die Kommission muss feststellen, ob eine solche Ausnahmeregelung – die höchstens ein Jahr dauern kann – berechtigt ist.

Abgeordnete beklagen Untätigkeit der EU-Mitgliedstaaten in Plenardebatte
Während der Plenardebatte am Mittwoch zu den Ergebnissen des jüngsten Rates „Justiz und Inneres“ hat die Mehrheit der Abgeordneten das Scheitern der EU-Minister scharf kritisiert, eine Einigung bezüglich der Umsiedlung von 120.000 Asylsuchenden zu finden. Die meisten Abgeordneten riefen die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, gemeinsam zu handeln und dringend Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise zu ergreifen, sowie ein Europäisches Asyl- und Migrationssystem aufzubauen, das langfristig funktionieren kann.

Vor der Abstimmung am Donnerstag hat Präsident Martin Schulz angekündigt, dass er dem amtieren Ratspräsidenten Xavier Bettel einen Brief senden wird, in dem er ihn auffordert, dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen EU-Mittel zur Unterstützung der Länder, die den größten Teil der Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen, also Libanon, Jordanien und die Türkei, unverzüglich bereitgestellt werden. „Unsere Glaubwürdigkeit hängt auch davon ab, ob Gelder, die wir für diese Länder zur Verfügung stellen, auch tatsächlich gezahlt werden“, so Schulz.


 

 Mikl-Leitner: Wichtiger Schritt
Nächster Schritt muss bei kommendem Rat der Innenminister gesetzt werden
Wien (bmi) - "Der heutige Beschluss im EU-Parlament ist ein wichtiger Schritt. Der nächste Schritt muss jetzt beim kommenden Rat der Innenminister gesetzt werden", so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. In Brüssel laufen noch die letzten Experten-Gespräche zu den Details der Umsetzung der Quote. Fest steht aber: "Eine faire Verteilung - vor allem der Flüchtlinge auf der Balkanroute - wäre aus zwei Gründen zu unterstützen: Erstens würde eine massive Entlastung der Balkanroute auch Österreich automatisch deutlich entlasten. Und zweitens wäre die Verteilung auf alle Mitgliedsländer eine eindeutige Botschaft an Auswanderer aus wirtschaftlichen Gründen: In Europa hat man das Recht auf Schutz, aber nicht das Recht sich das wirtschaftlich attraktivste Land dafür auszusuchen", so Innenministerin Johann Mikl-Leitner, "alleine das wird schon dämpfend wirken."

"Wichtig ist jetzt aber auch, umgehend finanzielle Mittel freizumachen. Europa muss die Situation in den Flüchtlingslagern verbessern. Das geht schnell und das würde die Situation zehntausender Menschen verbessern. Und sie davon abhalten, nach Europa zu ziehen", so Mikl-Leitner, "wenn Europa zusammenhält, dann können wir diese Herausforderung auch gemeinsam lösen."


 

 Weidenholzer: Senden heute starkes Signal der Solidarität an InnenministerInnen
Brüssel/Wien (sk) - "Nach Wochen der Enttäuschung und Tatenlosigkeit sendet das Europäische Parlament heute ein starkes Signal an jene Mitgliedstaaten, die sich weiterhin gegen einen solidarischen und gemeinschaftlichen Umgang mit der Flüchtlingskrise stellen", betont Josef Weidenholzer, Vizepräsident und Menschenrechtssprecher der sozialdemokratischen Fraktion (S&D) im EU-Parlament, am 17.09. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. In Brüssel haben die Abgeordneten am Vormittag den Kommissionsvorschlag zur Umverteilung von 120.000 Schutzsuchenden aus Italien, Griechenland und Ungarn in die restlichen Mitgliedstaaten angenommen. "Der letzte Montag war ein Tag vertaner Chancen. Die Mitgliedstaaten müssen sich endlich einigen. Denn viele Chancen haben wir nicht mehr", mahnt Weidenholzer im Vorfeld des nächsten Sonderrats am 22.09.

"Jeder weitere Stillstand ist inakzeptabel, denn der Union und den Schutzsuchenden läuft die Zeit davon. Es geht jetzt darum, einen gerechten und solidarischen Verteilungsmechanismus und legale Einreisemöglichkeiten zu schaffen, um Menschen nicht in die Hände von Schleppern und auf das offene Meer zu zwingen. Wir müssen die Herkunftsregionen viel stärker unterstützen. Im Irak und in Jordanien etwa werden Essensrationen gekürzt, weil zugesagte Hilfsgelder nicht ankommen. Das ist eine Schande", so der SPÖ-Europaabgeordnete.

Weidenholzer begrüßt die Initiative von Parlamentspräsident Martin Schulz, der ins gleiche Horn stößt. In einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fordert Schulz dazu auf, alle verfügbaren Mittel aus dem EU-Budget zu mobilisieren, um die Situation in Jordanien, der Türkei, im Libanon und im Irak zu stabilisieren.


 

Lugar: Schutzzonen und Geldhilfe statt Verteilquoten
Wien (str) - "Die EU soll die Flüchtlingslager vor Ort mit Geldmittel unterstützen und sich an der Einrichtung einer Schutzzonen in Syrien beteiligen. Das ist sinnvoller, als eine Verteilquote festzulegen", kritisiert Team Stronach Klubobmann Robert Lugar. Interessant sei auch, dass Ungarn keinen einzigen Flüchtling aufnehmen muss - obwohl alle Lager schon leer sind.

"Das UNHCR bettelt seit Monaten um finanzielle Unterstützung, um die Flüchtlinge rund um Syrien versorgen zu können - da hat die EU tatenlos zugesehen. Auch Jordanien wäre bereit, einen Großteil der Flüchtlinge aufzunehmen", erinnert Lugar. "Statt den Ländern Quoten aufzuzwingen, sollten die Asylverfahren endlich beschleunigt werden, denn viele tausende Flüchtlinge haben wohl gar kein Anrecht auf den Aufenthalt in der EU", so der Team Stronach Klubobmann.


 

Mlinar: Europäisches Parlament zeigt Leadership
Das Europäische Parlament ebnet den Weg für das Innenminister_innentreffen nächste Woche
Brüssel/Wien (neos) - Nach der im Europäischen Parlament erfolgten Zustimmung zum Vorschlag der EU-Kommission zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen und der damit verbundenen Quotenregelung, zeigt dies die Marschrichtung und den Auftrag für das kommende Innenminister_innentreffen. "Ich freue mich sehr, dass das Europäische Parlament heute dem Plan der Europäischen Kommission mit breiter Mehrheit gefolgt ist. Es ist das richtige Signal und ein weiteres Zeichen, dem sich die Innenminister_innen nächste Woche anschließen sollten", zeigt sich NEOS EU-Abgeordnete Angelika Mlinar erfreut. "Die EU-Institutionen sind sich einig, die nationalen Regierungen sind nun gefordert dem zu folgen."

"Die EU-Institutionen haben gezeigt, dass ein entschlossenes Handeln in besonderen Umständen sehr rasch auch gemeinsam möglich ist. Das EU-Parlament hat auf Wunsch von Luxemburg (aktueller EU-Ratsvorsitz), Deutschland und Frankreich seine Sitzung verlängert und eine Extra-Abstimmung durchgeführt, um die Problematik voranzutreiben. Die nationalen Regierungen müssen nun ebenso verantwortungsvoll und rasch handeln und nicht immer die Schuld in Brüssel suchen", so Mlinar weiter.

Kommende Woche wird sich zeigen, ob die historische Bewährungsprobe, von der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gesprochen hat, erfolgreich stattgefunden hat. "Wir hoffen, dass sich auch die Innenminister_innen - entgegen aller Erwartungen - zu einem gemeinsamen solidarischen Ergebnis durchringen können. So haben wir noch die Chance, den Flüchtlingen die so dringend benötigte menschliche Unterstützung zukommen zu lassen", so Mlinar abschließend.

 

 

 

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