Harmonisierung des Rechnungswesens
beschäftigt auch den RH-Ausschuss

 

erstellt am
18. 09. 15
09:00 MEZ

Schelling, Moser und Abgeordnete inhaltlich einig, Form der Regelung noch offen – Von den Goldreserven bis zu den Sozialleistungen – Nationalbank im Fokus der Debatte
Wien (pk) - Mit einem finanzpolitischen Schwerpunkt startete der Rechnungshofausschuss am 17.09. seine Beratungen. Ein kritischer Bericht über das Finanzierungsmanagement des Bundes und der Länder aus dem Jahr 2009 war Ausgangspunkt für eine ausführliche Debatte über die seit diesem Zeitpunkt durchgeführten Reformen bei der ÖBFA (Österreichische Bundesfinanzierungsagentur) sowie über die Umsetzung von einheitlichen Rechnungslegungsvorschriften für alle öffentlichen Haushalte. An dieser Stelle verwies Bundesminister Hans Jörg Schelling auf die Diskussion im Budgetausschuss vor zwei Tagen. Dort wurden Fraktionsgespräche über die Frage vereinbart, ob jene Harmonisierungsregelungen, die nicht von der Verordnungsermächtigung des Finanz-Verfassungsgesetzes erfasst seien, in einem 15a-Vertrag mit den Ländern vereinbart werden sollen oder ob eine Novelle zur Finanzverfassung beschlossen werden solle. Was für Schelling nicht in Frage komme, seien Verzögerungen bei diesem wichtigen Projekt, das zu den Voraussetzungen des neuen Finanzausgleichs 2017 zählt. Mit den im Stabilitätspakt 2012 geregelten Haftungsobergrenzen für Länder und Gemeinden stand ein weiterer überaus kritischer Prüfbericht des Rechnungshofes zur Debatte, der dem RH-Präsidenten und vielen Abgeordneten Gelegenheit bot, für eine einheitliche Verordnung und gegen eine 15a-Vereinbarung zu argumentieren. Angesichts der inhaltlichen Übereinstimmung beim Thema Harmonisierung des Rechnungswesens vereinbarte Ausschussobfrau Gabriela Moser mit den Fraktionsführern Gespräche bis zum Plenum der kommenden Woche, um dem Finanzminister bei den Verhandlungen mit den Ländern den Rücken zu stärken. Beide Berichte nahm der Ausschuss einstimmig zur Kenntnis.

Kritik des Rechnungshofs an riskanten Derivativgeschäften
Im Rahmen einer Querschnittsprüfung ( III-3 d.B.) untersuchte der Rechnungshof ab 2007 die Schulden- und Veranlagungsinstrumente von acht ausgewählten Gebietskörperschaften, wobei vor allem das Finanzierungsmanagement des Bundes im Fokus stand. Generell wichen die Strukturen der Finanzschulden stark voneinander ab; dies zeigte sich sowohl bei der Zinsstruktur als auch hinsichtlich des Ausmaßes an Fremdwährungsverbindlichkeiten und der Inanspruchnahme von Derivativgeschäften, erklärte Rechnungshofpräsident Josef Moser.

Was den Bund angeht, so mussten Forderungen in der Höhe von 691,2 Mio. € als notleidend eingestuft werden. Grund dafür waren Veranlagungen sehr hoher Beträge von bis zu 10,784 Mrd. € in – aufgrund der US–Subprime–Krise - besonders gefährdeten Wertpapieren. Der daraus drohende finanzielle Nachteil für den Bund betrug mit Stand November 2010 296,3 Mio. €. Die im Einklang mit der Kreditrisikorichtlinie durchgeführten Veranlagungen wiesen daher auf Mängel im Risikomanagement der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) hin und gaben in der Folge Anlass zu Verbesserungen durch die ÖBFA.

Der Rechnungshof empfahl unter anderem, dass im Sinne eines effizienten Schuldenmanagements geeignete Maßnahmen und Instrumente zur Bewertung, Begrenzung und Steuerung von Finanzierungsrisiken ergriffen bzw. installiert werden. Fremdwährungsfinanzierungen sollten nur dann vorgenommen werden, wenn Zins– und Wechselkursvorteile in günstiger Relation zu den zusätzlichen Risiken, die zudem laufend überwacht werden müssen, stehen. Bei Geschäften mit speziellen, schwer bewertbaren Strukturen sollte mit besonderer Vorsicht und verringertem Volumen vorgegangen werden. So müsste etwa bei Derivativgeschäften das vorhandene zusätzliche Ausfallsrisiko der Vertragspartner gebührend beachtet und Besicherungsinstrumente eingesetzt werden, hieß es im Bericht.

Welche Konsequenzen wurden aus den Spekulationsverlusten gezogen?
Bruno Rossmann von den Grünen erinnerte daran, dass einige Bundesländer Derivativgeschäfte in einem großen Umfang betrieben haben. Er frage sich, wie es trotz der Warnungen des Rechnungshofes zu den finanziellen Katastrophen, vor allem in Salzburg, kommen konnte. Auch der "Ausflug" der ÖBFA in sogenannte Asset Backed Commercial Papers (ABCP) hatte fatale Folgen und führte zu einem Verlust von fast 300 Mio. €. Höchst aufklärungsbedürftig sei dabei der verstärkte Anstieg der kurzfristigen, hochriskanten Veranlagungen im Sommer 2007, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Finanzkrise bereits voll ausgebrochen war, gab Rossmann zu bedenken, der rechtswidriges Verhalten der zuständigen Minister Molterer und Grasser in den Raum stellte. Die Aufnahme von "Kassenstärkern" mit dem Ziel, zusätzliche Erträge zu erzielen, sei nämlich gesetzlich verboten. Schließlich setzte er sich erneut dafür ein, ein Spekulationsverbot in der Verfassung zu verankern.

Dorothea Schittenhelm (V) sprach vor allem die Fremdwährungsfinanzierungen an und wollte wissen, wie die Staatsfinanzen heute veranlagt werden. Weitere Fragen stellten die Abgeordneten Ruth Becher (S), Martina Schenk (Team Stronach), Erwin Angerer (F) sowie NEOS-Mandatar Christoph Vavrik, wobei es vor allem darum ging, welche Konsequenzen aus dem Bericht gezogen wurden und ob es zu einheitlichen Haushaltsregelungen sowie einem Spekulationsverbot kommt.

Schelling drängt auf Spekulationsverbot und einheitliches Risikomanagement
Es sei richtig, dass sich nach diesem Bericht sehr viel getan habe, betonte Finanzminister Schelling. Nunmehr gebe es bei der ÖBFA u.a. eine strikte Trennung zwischen den Bereichen Treasury und Risikomanagement sowie die Verankerung des Vier-Augen-Prinzips. Man sei auch zu einer überwiegend langfristigen Finanzierung der Staatsschulden übergegangen, erklärte der Minister, die kurzfristigen Maßnahmen machen nur mehr 9 % aus. Auch wenn man damit die eine oder andere Chance vergebe, so führe dieses Konzept zu mehr Stabilität. Der im Bericht aufgezeigte Verlust in der Höhe von 296,3 Mio. €, der durch Gewinne aus den betroffenen Position aber bei weitem wettgemacht wurde, werde sich wahrscheinlich noch verringern, informierte er. Die Fremdwährungsfinanzierungen sind alle abgesichert, das Risiko bestehe nur mehr in Euro-Beträgen. Grundsätzliche stehe die Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium und der ÖBFA, die jährlich einen Strategiebericht vorlegt, auf sehr guten Beinen.

Was den Vorschlag betrifft, alle Bundesländer über die ÖBFA zu finanzieren, so sei dies ein zweischneidiges Schwert, warnte Schelling, zumal der Bund dann auch das Risiko tragen müsste. Wenn man das haben will, dann müsste es auch eine Sicherungsmaßnahme für die ÖBFA geben. Schließlich bekannte sich der Minister noch deutlich zu einem Spekulationsverbot sowie zu einem objektivierten und einheitlichen Risikomanagement.

WU-Professor Pichler: Spekulationsverbot für alle Gebietskörperschaften dringend notwendig
Universitätsprofessor Stefan Pichler führte die Probleme bei der ÖBFA vor allem auf das Fehlen einer echten Risikostrategie zurück. Da es keine Vorgaben zum Beispiel bezüglich der optimalen Liquiditätsreserve oder der Laufzeiten der Finanzierungen gab, könne man schwer beurteilen, ob die Sorgfaltspflicht verletzt wurde. Wenn man etwa davon ausgeht, dass die ÖBFA Erträge erzielen sollte, dann stelle sich die Lage wieder ganz anders dar. Es sei daher äußerst positiv, dass es nun klare Vorgaben gibt, betonte er. So seien jetzt auch alle Fremdwährungsemissionen abgesichert und bergen keine Risiken mehr. Für dringend notwendig hielt Pichler jedoch die Verankerung eines Spekulationsverbots für alle Gebietskörperschaften; die derzeitige Situation halte er für äußerst explosiv.

Moser plädiert für einheitliches Risikomanagement und Rechnungslegungsvorschriften
Rechnungshofpräsident Josef Moser stellte gegenüber dem Abgeordneten Rossmann klar, dass die Prüfer seines Hauses in mehreren Berichten auf die höchst problematische Schuldenfinanzierungsstruktur in Salzburg hingewiesen haben. Diese war u.a. erkennbar an der Value at Risk-Kennzahl, die ein Maßstab für die Risiken, welche die Länder insbesondere beim Abschluss von Derivativgeschäften eingingen, war; diese war acht Mal höher (41 %) als der vergleichbare Wert beim Bund (5 %). Der Rechnungshof forderte daher von Anbeginn eine Reduktion dieser Finanzinstrumente und vor allem, dass sie nicht zu Spekulationszwecken eingesetzt werden. Positiv bewertete Moser die Umsetzung der Empfehlungen auf Seiten des Bundes, was u.a. zu einer Änderung der Regelungen für die Kassenstärker führte. Was noch fehle, seien Richtlinien für ein einheitliches Veranlagungs- und Risikomanagement, die seiner Ansicht nach aber nicht in Form von 15a-Vereinbarungen, sondern in der VRV (Voranschlags- und Rechnungslegungsverordnung) festgeschrieben werden müssen. Ebenso wie Pichler trat Moser vehement für die Einführung eines Spekulationsverbots für alle Gebietskörperschaften. - Der Berichte wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Alle für mehr Transparenz bei Haftungen der Länder und Gemeinden
Im Jahr 2011 setzte sich der Bund mit dem Bundeshaftungsobergrenzengesetz ein Limit für Eventualverbindlichkeiten in der Höhe von 193,1 Mrd. € und vereinbarte eine Beschränkung der Haftungen von Ländern und Gemeinden im Österreichischen Stabilitätspakt. Laut Rechnungshof fehlt eine nach einheitlichen Methode festgelegte gesamtstaatliche Haftungsobergrenze, heißt es im diesbezüglichen RH-Prüfbericht ( III-171 d.B.) zum Finanzjahr 2012. Die Abgeordneten erfuhren von 17 nach unterschiedlichen Methoden ermittelten Haftungsobergrenzen in Ländern und Gemeinden, die weder betraglich noch zeitlich vergleichbar seien. Daher mangle es an den Voraussetzungen für eine gesamtstaatliche Steuerung der Eventualverbindlichkeiten öffentlicher Hände in Österreich, stellte der Rechnungshof kritisch fest.

Die Prüfer rechneten vor, dass die Summe der Haftungsobergrenzen aller Länder Ende 2012 in Summe bei 30,614 Mrd. € lag, die meisten Länder ihre jeweiligen Obergrenzen aber nur "einhielten", indem sie bestimmte Haftungen, etwa Bankhaftungen, unberücksichtigt ließen oder Haftungen nicht nach dem Nominalwert, sondern nach dem Risikogewicht auswiesen. Tatsächlich lagen die Haftungen der Länder Ende 2012 mit 70,411 Mrd. € mehr als doppelt so hoch wie die Haftungsobergrenzen, stellte RH-Präsident Josef Moser fest. Die Gemeinden hielten 2012 ihre kumulierten Haftungsobergrenzen von 8,442 Mrd. € ein. In Summe betrugen die Haftungen der Gemeinden Ende 2012 6,674 Mrd. €. Kritisch sah der Rechnungshof an dieser Stelle, dass Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ihre Gemeindehaftungen nicht in voller Höhe, sondern auf Basis von Risikogruppen oder mit einem Pauschalsatz ausweisen. "Mehr Transparenz bei den öffentlichen Haftungen" lautete die Empfehlung von Rechnungshofpräsident Josef Moser auch an dieser Stelle.

Ein Lehrstück, wie man es nicht machen soll
Als ein Lehrstück, wie man es nicht machen solle, las Bruno Rossmann (G) den Rechnungshofbericht über die an sich gute Einführung von Haftungsobergrenzen in den Ländern und bei den Gemeinden. Einheitliche Obergrenzen seien deshalb nicht gewährleistet, weil sie mit 15a-Verträgen vereinbart wurden, die den Ländern die Möglichkeit geben, durch Bildung von Risikogruppen und Gewichtung von Haftungen die Obergrenzen zu umgehen. Daher sollte man die Haftungsobergrenzen in einer neuen Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) 2015 regeln. Rossmann warnte davor, dafür wiederum eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern zu treffen. Hermann Gahr (V) kritisierte ebenfalls die mangelnde Einheitlichkeit bei der Festlegung der Haftungsobergrenzen, erkundigte sich nach Sanktionsmöglichkeiten und fragte nach einer Follow-up-Überprüfung durch den Rechnungshof. Auf eine Vereinheitlichung des Haushaltsrechts drängte auch Martina Schenk (T). Elmar Mayer (S) berichtete von negativen Erfahrungen mit der Umsetzung von 15a-Vereinbarungen auch in der Bildungs- und Sozialpolitik und verlangte einheitliche Regeln und mehr Transparenz, insbesondere auch bei der Ermittlung der Haftungsrisiken. Mayer appellierte an die anderen Fraktionen, dem Bundesminister in seinem Bemühen um einheitlich ermittelte Obergrenzen den Rücken zu stärken – es geht um die gesamtstaatliche Verantwortung bei den Haftungen.

Harmonisierung des Haushaltsrechts braucht Regeln, die greifen
Christoph Vavrik (N) zeigte sich entsetzt wegen der Tricks, die Bundesländer anwenden, um Haftungsobergrenzen zu umgehen. Der vorliegende Rechnungshofbericht biete einen Blick in die Abgründe des österreichischen Föderalismus, meinte Vavrik. Daher unterstützten auch die NEOS die Forderung, Regeln zu schaffen, die greifen, und lehnen 15a-Vereinbarungen ab. Mit der Ausgliederung von Gemeindeschulden und der Nichtberücksichtigung von Ausgliederungen bei den Haftungsobergrenzen befasste sich Gerald Hauser (F), der auch die Aufsichtsbehörden der Länder kritisierte.

Glaubwürdige Haftungsobergrenzen sind den Finanzmärkten wichtig
In der Frage, was in der VRV geregelt werden könne und was nicht, verwies Schelling auf Expertenvorschläge, in einem 15a-Vertrag zu regeln, was nicht per Verordnung auf der Grundlage der Finanzverfassung geregelt werden könne. Der VRV-Entwurf, in dem auch die Haftungen geregelt werden sollen, liege seit April vor und müsse kommen, hielt Schelling fest, der von einem guten Diskussionsprozess mit Ländern, Gemeinden und Rechnungshof sprach. Ob man alles in der VRV regle oder eine Verfassungsänderung beschließe, sei Gegenstand von Gesprächen - nicht möglich sei es für ihn allerdings, noch lange zuzuwarten. Haftungen sollen hinsichtlich ihres jeweiligen Risikos bewertet werden, aber nach einheitlichen und nachvollziehbaren Regeln. Diese Risikobewertung dürfe künftig nicht mehr von jenen vorgenommen werden, die beim Thema Haftungen befangen sind. Die Frage der Haftungsobergrenzen sei wichtig, weil die Kapitalmärkte Haftungen genau beobachten und die österreichische Glaubwürdigkeit auf den Kapitalmärkten auch von der Frage der Haftungsobergrenzen abhänge. "Was der Rechnungshof hier aufzeige sei für die Zukunft nicht akzeptabel", stellte Schelling fest.

RH-Präsident Moser problematisiert 15a-Verträge
Rechnungshofpräsident Josef Moser erläuterte den Ausschussmitgliedern am Beispiel der Ausgliederung steirischer Krankenanstalten, wie ein Land durch Gründung einer weiteren Gesellschaft Haftungen "mitausgliedere". Um steuern zu können brauche man ein neues Rechnungswesen auf Basis einer neuen VRV, in der auch mittelbare Beteiligungen geregelt werden. Es würde nicht der europäischen Fiskallinie entsprechen, diese Regelung mit einem 15a-Vertrag zu treffen. Die Follow-up-Überprüfung kündigte Moser 2017 an und teilte mit, dass er die Übermittlung von Daten aus den Gemeinden an die Statistik Austria als einen Fortschritt sehe. Eines der vielen Probleme mit 15a-Vereinbarungen bestehe darin, dass sie keine Sanktionsmöglichkeiten bieten. Wichtig sei es, Risikovorsorgen zu treffen.

In einer zweiten Verhandlungsrunde stellten Kurt Rossmann (G) und Finanzminister Hans Jörg Schelling fest, dass beim Thema Harmonisierung des Rechnungswesens keinerlei inhaltliche Differenzen bestünden. Die Frage laute nur, wo die Bestimmungen verankert werden. An dieser Stelle fügte Rechnungshofpräsident Josef Moser hinzu, die Erfahrung mit 15a-Verträgen lehre, dass sie schwer umsetzbar seien, weil sie Landtagsbeschlüsse erfordern. Werde eine inhaltlich zusammengehörige Materie wie das Rechnungswesen in zwei unterschiedlichen Dokumenten geregelt, der VRV einerseits und einem 15a-Vertrag andererseits, bedürfe es zusätzlicher Regelungen für die Abstimmung, das die Umsetzung weiter erschwere. Daher schlägt der Rechnungshofpräsident vor, alle Regelungen zur Harmonisierung des Rechnungswesens in einer neuen VRV zusammenzuführen und zugleich – für den Fall, dass sich jemand an den Verfassungsgerichtshof wende – eine Änderung des Finanzverfassungsgesetzes vorzubereiten.

Gemeinden hielten die Haftungsobergrenzen 2012 insgesamt ein
Erwin Preiner (S) machte darauf aufmerksam, dass die Gemeinden bei der Einhaltung der Haftungsobergrenzen positiv abschneiden. Nachdrücklich plädierte Preiner für ein Spekulationsverbot bei den Gemeinden. Fragen müsse man sich allerdings, ob Maßnahmen die Gemeinden treffen, um kurzfristig auf Naturkatastrophen reagieren zu können, in die Haftungsobergrenzen einzurechnen seien. Preiner hielt weiters fest, dass Transparenzregeln der Kontrolle bedürfen

und zeigte sich skeptisch, ob die Einführung der doppelten Buchführung in Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern diese nicht zu sehr belasten würde. Darauf reagierte Rechnungshofpräsident Moser mit dem Hinweis auf ein Pilotprojekt in der burgenländischen 1.000-Einwohnergemeinde Andau, in der sich die Doppik ausgezeichnet bewährt habe. Um das Projekt einer europäischen Rating-Agentur sei es ruhig geworden, erfuhr Preiner von Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Werner Neubauer (F) berichtete von der Akzeptanz kritikwürdiger Gemeindebudgets durch die Gemeindeprüfstellen des Landes, nachdem dort interveniert worden sei. Sorgen äußerte Neubauer hinsichtlich eines für die Stadt Linz negativen Ausgangs des Gerichtsverfahrens gegen die BAWAG über das 500 Mio. € Swapgeschäft, dessen Ausgang auch Finanzminister Schelling nicht vorhersehen konnte. Zum Thema Linzer Swapgeschäft laufe derzeit das Nachfrageverfahren nach einem Bericht des Rechnungshofes, informierte Rechnungshofpräsident Josef Moser.

Jedes Gemeindebudget in Niederösterreich müsse genehmigt werden und werde vom Landesrechnungshof geprüft, berichtete Dorothea Schittenhelm (V) und erinnerte die Abgeordneten, dass Länder und Gemeinden Haftungen übernehmen, um Menschen zu helfen - was oft auch deshalb nicht leicht sei, weil viele Gesetze, die der Nationalrat beschließe, zu Belastungen der Gemeinden führe.

Schließlich vereinbarte Ausschussobfrau Gabriela Moser mit den Fraktionsführern des Rechnungshofausschusses bis zum kommenden Plenum Gespräche über eine gemeinsame Stellungnahme des Rechnungshofausschusses.

   

Die Österreichische Nationalbank (OeNB) war dann einmal mehr Gegenstand von Debatten im Rechnungshofausschuss. Ausgangspunkt war dabei ein Bericht (III-152 d.B.), in dem der Rechnungshof die Gold- und Pensionsreserven, den Jubiläumsfonds sowie die Sozialleistungen einer eingehenden Prüfung unterzogen und dabei in seinem Resümee mitunter durchaus kritische Schlussfolgerungen abgeleitet hatte. In der Diskussion mit OeNB-Direktor Kurt Pribil erfuhren die Abgeordneten, dass die Republik über 280 Tonnen an Goldreserven zu einem Marktwert von 8,6 Mrd. € verfügt, von denen die Hälfte bis 2020 nach Österreich zurückgeholt werden soll. Rechnungshofpräsident Josef Moser begrüßte grundsätzlich die Bereitschaft der Nationalbank, im Gefolge der Kritik des Berichts die Empfehlungen des Rechnungshof nun umzusetzen. Weiteres Thema der Sitzung war das Risikomanagement in der Finanzverwaltung. Hier kündigte Finanzminister Hans Jörg Schelling eine Aufstockung des dafür eingesetzten Personals in seinem Ressort an.

OeNB: Zahlreiche Kritikpunkte im Bericht des Rechnungshofs
Im Einzelnen konnten die Abgeordneten aus dem Bericht von Rechnungshofpräsident Josef Moser entnehmen, dass die OeNB Ende 2013 rund 82 % ihrer physischen Goldbestände bei einer Lagerstelle in England deponierte. Man sei dadurch einem hohen Konzentrationsrisiko ausgesetzt gewesen, heißt es dazu im Papier des Rechnungshofs, auch im aktuellen Lagerstättenkonzept würden angemessene Maßnahmen zur Verringerung dieses Risikos fehlen. Was den Jubiläumsfonds betrifft, beanstandet der Rechnungshofbericht, dass es für die daraus im Zeitraum von 2009 bis 2013 geförderten Forschungsprojekte mit einem Volumen von rund 47 Mio. € keinerlei Förderungsstrategie mit konkreten, messbaren Zielen gab. Auch seien die Kosten der Förderungsabwicklung der Nationalbank im Vergleich zu anderen Forschungsförderungseinrichtungen bis zu dreimal höher gewesen - dies auch abgesehen davon, dass die Förderungsabwicklung eine Kernaufgabe der OeNB darstelle. Bei der Pensionsreserve der OeNB warnt der Rechnungshof, die Deckungslücke, die Ende 2013 rund 39 Mio € betrug, könnte sich im Fall einer andauernden Niedrigzinsphase noch weiter erhöhen.

Kritische Worte findet der Bericht auch im Zusammenhang mit den Sozialleistungen, die die Nationalbank an ihre aktiven und pensionierten DienstnehmerInnen auszahlt. Vermisst werden vor allem transparente soziale Kriterien sowie umfassende Kontrollrechte bei der Vergabe und der Verwendung dieser freiwilligen Leistungen, die im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 rund 63 Mio. € ausmachten. Irritiert zeigt sich der Rechnungshof schließlich über den Umstand, dass die OeNB ihren Dienstnehmern Wohnungen zur Verfügung stellte, für die sie unabhängig von der Lage des Objekts und der sozialen Bedürftigkeit einen einheitlichen Mietzins verrechnete. Die Differenz zwischen den dafür entrichteten Mieten und den marktüblichen Mieten habe im Zeitraum von 2009 bis 2013 rund 4 Mio. € betragen, rechnet der Bericht vor.

Wenig Verständnis bei den Abgeordneten für Sozialleistungen der Nationalbank
In der Debatte wurde seitens der Abgeordneten Unverständnis über die Sozialleistungen der Nationalbank laut. So bemängelte etwa Claudia Durchschlag von der Volkspartei, die Zuwendungen würden nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Grünen-Mandatarin Gabriela Moser, die ebenso wie Martina Schenk (T) die Kritik des Rechnungshofberichts teilte, forderte den Finanzminister auf, mildernd einzuwirken. SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher stellte die Frage in den Raum, warum die Nationalbank immer erst einen Bericht des Rechnungshofs abwartet, anstatt von sich aus proaktiv zu handeln. Seitens der FPÖ warf Werner Neubauer der Nationalbank vor, unverschämt als Selbstbedienungsladen der Republik zu fungieren. Während man für den Rest der Bevölkerung bereits über eine Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre diskutiert, geht man in der OeNB mit 55 Jahren bei 80 % der Bezüge in Pension, brachte er seinen Unmut auf den Punkt.

Pribil: Nationalbank setzt Empfehlungen des Rechnungshofs um
"Mit 55 geht gar nichts mehr", erwiderte OeNB-Direktor Kurt Pribil und meinte, derartig frühe Pensionsantritte gehörten der Vergangenheit an. Die Nationalbank habe vielmehr das Sonderpensionen-Begrenzungsgesetz vollinhaltlich umgesetzt. Die Sozialleistungen seien derzeit Gegenstand der Verhandlungen zwischen dem OeNB-Direktorium und dem Betriebsrat, teilte er mit. Man baue dabei auf den Empfehlungen des Rechnungshofs auf und verfolge jedenfalls das Ziel, bei den Zuwendungen in den Bereichen Gesundheit und Familie ein Niveau zu erreichen, wie es im übrigen Finanz- und Bankensektor üblich ist. Wohnungen schließlich, die man in der Vergangenheit MitarbeiterInnen zur Verfügung gestellt hat, werden bereits verkauft.

50% der Goldreserven werden bis 2020 nach Österreich zurückgeholt
Zu den Goldreserven, die u.a. von den Abgeordneten Christoph Vavrik (N), Johann Hell (S) und Martina Schenk (T) thematisiert wurden, unterstrich Pribil, die Nationalbank setze auch hier die Empfehlungen des Rechnungshofs um. Die Republik besitze 280 Tonnen Gold mit einem Marktwert von rund 8,6 Mrd. €. 50% dieser Goldbestände sollen bis 2020 nach Österreich zurückgeführt werden. 30% werden in London, 20% in Zürich verbleiben. Schon dieses Jahr sei geplant, 15 Tonnen Gold in der Nationalbank einzulagern. Erträge im Zusammenhang mit der Auslagerung in der Bank of England habe man nicht erzielt, vielmehr seien dadurch Kosten angefallen. Österreich verfolge mit der Rückholung von 50% der Goldreserven jedenfalls dieselbe Strategie wie Deutschland. Gegenüber FPÖ-Abgeordnetem Gerald Hauser, der eine gänzliche Rückholung der Goldbestände nach Österreich verlangt hatte, argumentierte Pribil, es gehe auch darum, sich die Möglichkeit offenzulassen, gegebenenfalls Gold an Goldhandelsplätzen wie London oder Zürich einzusetzen.

Schelling pocht auf Umsetzung der RH-Empfehlungen
Finanzminister Hans Jörg Schelling sah keine Möglichkeit seines Ressorts in die Sozialleistungen der Nationalbank einzugreifen, da diese, wie er zu bedenken gab, Gegenstand privatrechtlicher Verträge seien. Er pochte allerdings mit Nachdruck auf die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs und erinnerte in diesem Zusammenhang, dass die Nationalbank ja nicht zum ersten Mal im Fokus eines Prüfberichts stehe. Es stelle sich die Frage, warum man nicht schon auf frühere Rechnungshofberichte entsprechend reagiert habe.

Moser: OeNB-Sozialleistungen und Sonderpensionen sind heute nicht mehr vertretbar
Als positiv wertete Rechnungshofpräsident Josef Moser die Bemühungen der Nationalbank, bei den Sozialleistungen und den Pensionen "die Situation in den Griff zu bekommen". Die Sonderregelungen verringern die Gewinnabfuhr an den Bund und würden letztlich von den Steuerzahlern finanziert, unterstrich Moser abermals die Kritik seines Berichtes. Billigmieten, Geburtenzuschüsse oder Mittagsmenüs um 1,40 € seien zudem heute nicht mehr zu vertreten, fügte er an. Auch in Sachen Goldreserven stellte Moser fest, dass die Nationalbank bereits auf den Rechnungshofbericht reagiert habe.

Risikomanagement in der Finanzverwaltung: Schelling kündigt zusätzliches Personal an
Steigende Risiken im Steuervollzug ließen den Rechnungshof das Gebaren des Risikomanagements des Finanzministeriums überprüfen. Von 2008 bis 2012 wurden in den dezentralen Finanzämtern 190 Stellen bei der Veranlagungs- und Betriebsprüfung gestrichen, dem standen immer komplexer und umfangreicher werdende Rechtsmaterien gegenüber, stellte der Prüfbericht des Rechnungshofs (III-121 d.B.) fest, der ebenfalls Gegenstand der heutigen Sitzung war. Zudem bekannte sich das Finanzministerium im Jahr 2010 zu einem "ganzheitlichen Risikomanagement", dieses wurde jedoch nicht näher definiert. Der Rechnungshof empfahl dem Finanzministerium eine umfassende Personalbedarfserhebung. Zudem sollten Ressourcen für die organisatorische Umsetzung eines Risikomanagement–Systems im BMF eingeplant werden. Außerdem sprach sich der Rechnungshofbericht für eine verbindliche gesetzliche Grundlage für die Ausgestaltung und Anwendung eines Risikomanagement–Systems aus.

Er teile die Position des Rechnungshofs, ließ Finanzminister Schelling die Abgeordneten wissen, die Maßnahmen würden Schritt für Schritt umgesetzt, um künftig rechtzeitig Risikofälle aufzeigen zu können. Dazu gebe es neue Softwaresysteme, deren Eignung anhand von alten Risikofällen geprüft werden solle. Der Prozess für ein zentrales Risikomanagement sei bereits gestartet, auch Empfehlungen aus der Vergangenheit würden umgesetzt. Auf die Frage von Bruno Rossmann (G) bezüglich starker Schwankungen der Kosten-Nutzen-Rechnung bei der Tätigkeit von Finanzbediensteten im Jahr 2011 führte der Finanzminister aus, diese würden durch Großfälle ausgelöst, in diesem Falle handle es sich um eine bereits korrigierte Falscherklärung.

Nach Ausführungen über das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Arbeit von Finanzbediensteten sprachen sich Abgeordnete aller Fraktionen dafür aus, zusätzliches Personal aufzunehmen. Bis Anfang 2016 sollen 150 Stellen neu besetzt werden, zudem würden pensionierte Mitarbeiter reaktiviert werden, informierte der Finanzminister. Weiters werden interne Personalressourcen geprüft, diese könnten beispielsweise aus der antragslosen Familienbeihilfe und der automatischen Arbeitnehmerveranlagung ab 2017 kommen.

Rechnungshofpräsident Moser anerkannte die Bemühungen des Finanzministeriums und stellte fest, die Empfehlungen des Rechnungshofs seien auf fruchtbaren Boden gefallen. Zudem empfahl er, dem Vorbild des Schweizer Bundesrats zu folgen.

Ausnahmeregelungen bei der Einkommensteuer sollen harmonisiert werden
Das österreichische Steuerrecht ist zu kompliziert geworden, ließ Finanzminister Schelling die Abgeordneten wissen. Er habe bereits den Auftrag erteilt, die Einkommensteuer neu zu kodifizieren, dabei soll es zu einer Harmonisierung der Ausnahmeregelungen kommen. Die meisten Ausnahmen stammen aus kollektivvertraglichen Regelungen, beispielsweise der Steuerfreiheit von Zulagen. Auf die Frage von Abgeordnetem Andreas Hanger (V) führte Schelling aus, in der Steuerreform 2015/2016 seien zahlreiche Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung vorgesehen. Zudem würden derzeit OECD-Standards für die Betrugsbekämpfung ausgearbeitet. Erste Maßnahmen würden bereits im Oktober vorgeschlagen, teilte der Minister den Abgeordneten des Rechnungshofausschusses mit.

Die gegenständlichen Berichte des Rechnungshofs wurden schließlich einstimmig vertagt.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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