Salzburg (universität) - Biologen der Universität Salzburg setzen eine neue Forschungsinitiative:
Sie untersuchen das Zusammenleben von Insekten, Bakterien oder Pilzen mit Pflanzen. Denn Pflanzen suchen sich ihre
Partner aktiv aus, um dadurch Vorteile bei der Nährstoffaufnahme, Fortpflanzung oder der Stressresistenz zu
erhalten. „Entfernt 99,8 % aller Keime!“ Wer kennt es nicht, dieses Versprechen aus der Werbung für Desinfektionsmittel
im Haushalt. Tatsächlich sind wir von Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroorganismen umgeben. Aber ist
das wirklich so schlecht? Brauchen wir diese Organismen nicht vielleicht sogar für ein gesundes Leben? Bei
zahlreichen Lebensformen trifft das eindeutig zu. Beispielsweise können Termiten nicht ohne ihre Pilzkolonie
im Bau überleben. Die Pilze verwandeln Blätter in Zellulose und sorgen auf diese Weise für Nahrung.
Lebewesen wie der Tiefsee-Anglerfisch locken ihre Beute mit Hilfe symbiontischer Bakterien an. Sie besiedeln ein
bestimmtes Organ des Fisches und erzeugen dort über eine chemische Reaktion Licht. Auch für den Menschen
ist eine Mischung bestimmter Bakterien auf der Haut, im Darm und in anderen Organen lebensnotwendig. Genauso geht
es vielen anderen Lebewesen von den Einzellern bis zu den höheren Organismen wie Säugetieren, Insekten
oder Pflanzen. Alle sind von Mikroorganismen besiedelt und haben über die Jahrmillionen der Evolution gelernt,
miteinander in Koexistenz zu leben. Dabei suchen sich die meisten Organismen ihre nützlichen bakteriellen
„Mitbewohner“ gezielt aus, während sie andere, schädliche Mikroorganismen, wie Krankheitserreger, abwehren.
Eine für Biologen derzeit zentrale Fragestellung ist es, wie auf der molekularen Ebene die Unterscheidung
und Auswahl von Mikroorganismen im Detail funktioniert.
An der Universität Salzburg haben sich mehrere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fachbereichen
Ökologie & Evolution und Molekulare Biologie zur Forschungsinitiative FI2MP (Functional Interactions of
Insects, Microbes and Plants) zusammengeschlossen. Sie untersuchen verschiedenste Faktoren, die das pflanzliche
Leben beeinflussen oder von Pflanzen beeinflusst werden. Folgende Fragestellungen gehören dazu: Mit welchen
molekularen Signalen wählen Pflanzen bestimmte Mikroben für die Besiedlung der Blätter, Blüten
oder Wurzeln aus? Und welchen Nutzen hat dies für die Pflanze? Beeinflussen die Mikroorganismen auch das
Verhältnis zwischen Pflanzen und anderen Lebewesen wie bestäubenden Insekten, und welche Auswirkungen
hat dies auf alle Beteiligten?
Diese Fragestellungen werden aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht und jede Arbeitsgruppe steuert ihre Expertise
sowie technisches Knowhow zur Lösung der Frage bei. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Erforschung der molekularen
Mechanismen dieser Kommunikation zwischen den Lebensformen mit Hilfe von Molekülen und Rezeptoren. Zum Beispiel
werden die Bakterien aus den verschiedenen Organen der Pflanzen isoliert und ihr Einfluss auf andere Organismen
erforscht (Arbeitsgruppen von Anja Hörger, Robert Junker und Silja Wessler).
„Basierend auf diese Ergebnisse analysieren wir wiederum etwa die Befruchtung“, sagt Professor Gerhard Obermeyer,
der gemeinsam mit Robert Junker den Einfluss der isolierten Bakterienarten auf Prozesse im Inneren der Pflanze
untersucht. Welche Substanzen die Blüte abgibt, um bestimmte Bakterien anzulocken oder abzuwehren, kann mit
Hilfe modernster Analysetechniken in Stefan Dötterls Labor erforscht werden. Dabei sind insbesondere Substanzen
interessant, die Bakterien von der Besiedlung der Pflanzenoberflächen abhalten. Diese werden auf ihre mögliche
Funktion als neue Antiinfektiva in der Medizin untersucht. Auch in der Landwirtschaft können die Forschungsergebnisse
Anwendung finden wie etwa zur Steigerung des Ernteertrages oder als neues Pflanzenschutzmittel.
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