Linz (jku) - Die ersten Lichtmikroskope erreichten Ende des 16. Jahrhunderts zwar nur
9fache Vergrößerung, öffneten aber das Tor zu einer ganz neuen Welt. 400 Jahre später nutzen
moderne Transmissionselektronenmikroskope (TEM) Elektronen statt Licht und rücken damit sogar Atome ins Blickfeld
der ForscherInnen. An der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz wurde nun so ein neues fortschrittliches
Exemplar eingeweiht. Das neue TEM erreicht eine Auflösung von 0,2 Nanometer (1 Nanometer = 1 millionstel Millimeter)
und ist durch die Möglichkeit, auch chemische Analysen durchzuführen, ein richtiger Allrounder. Die feierliche
Eröffnung des TEM-Labors am 16.09. zeigte: Der Blick in das Kleine, von biologischen Zellen über Nanostrukturen
bis zu atomar aufgelösten Kristallgittern, fasziniert unglaublich.
Rund 1,4 Millionen Euro kosteten Mikroskop, Labor und Einrichtung. Möglich wurde die Anschaffung im Rahmen
eines Kooperationsprojekts der JKU mit der TU Graz. Finanziert wird das TEM durch die Projektpartner Bundesministerium
für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Land OÖ und voestalpine AG.
„Kooperationen und die gemeinsame Nutzung von Großforschungsinfrastruktur sind wesentliche Erfolgsfaktoren
für unsere Hochschulen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Die Kombination aus modernster
Technik und neuesten wissenschaftlichen Methoden wird die Materialforschung an den beteiligten Universitäten
weiter vorantreiben. Von diesen Erkenntnissen werden die industriellen Projektpartner direkt profitieren“, so Wissenschafts-
und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, dessen Ressort die Errichtung des Elektronenmikroskops mit 650.000
Euro aus den Hochschulraum-Strukturmitteln unterstützt hat.
„Wir haben durch die großzügige Unterstützung das JEOL JEM-2200FS anschaffen können. Dieses
ermöglicht konventionelle Transmissionselektronenmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie und Elektronenbeugungsexperimente.
Auch elementspezifische, chemische Analysen von Proben mit energiedispersiver Röntgen- und Elektronenergieverlustspektroskopie
sind möglich. Damit bietet das neue Mikroskop eine breite Palette an modernen Mikroskopietechniken, und ermöglicht
uns, hochwertige Mikroskopie-Experimente in Linz durchzuführen“, erklärt Dr. Heiko Groiss von der Abteilung
Halbleiterphysik der JKU.
Große Bedeutung für Oberösterreich
Projektpartner Prof. Ferdinand Hofer vom Institut für Elektronenmikroskopie und Feinstrukturforschung
der TU Graz, zeigt sich über die erfolgreiche Kooperation zwischen JKU und TU Graz erfreut: „Die JKU kann
ihre Expertise in der Elektronenmikroskopie weiter ausbauen. Durch das Kooperationsprojekt, dessen Aufgabe die
Errichtung einer gemeinsamen Infrastruktur für Elektronenmikroskopie und Elektronenspektroskopie ist, kann
bei Bedarf auch auf das an der TU Graz beheimatete ASEM (Austrian Scanning Transmission Electron Microscope), ein
Spezialmikroskop für atomar aufgelöste chemische Analysen, zugegriffen werden.“
Die Bedeutung des Projekts betont auch Landesrätin Mag.a Doris Hummer: „Exzellente Wissenschaft und Forschung
braucht moderne Infrastruktur. Es ist mir als Bildungs- und Forschungslandesrätin ein großes Anliegen,
dass unserer Forscherinnen und Forscher in Oberösterreich bestmögliche Rahmenbedingungen für ihre
Arbeit vorfinden. Aus diesem Grund beteiligt sich das Land OÖ an den Kosten für die Anschaffung des neuen
Transmissionselektronenmikroskops an der JKU.“
Interdisziplinäre Nutzung
Das neue Mikroskop ist als Großgerät am Zentrum für Oberflächen- und Nanoanalytik beheimatet
und steht allen JKU-Forschungsgruppen für Untersuchungen zur Verfügung. Es wurden schon die ersten Experimente
an Halbleiterstrukturen, Stahlproben und an organischen Materialien durchgeführt. „Schon die ersten Ergebnisse
zeigten die vielfältigen Möglichkeiten des neue Mikroskops“, freut sich Dr. Groiss. Sein Highlight:
„Die hochauflösende 16-Megapixel-Kamera in Kombination mit energiegefilterten Abbildungen erlauben interessante
Elektronenbeugungsexperimente.“
Auch der Projektpartner voestalpine sieht große Potenziale in der Neuerwerbung. „Die JKU und die voestalpine
sind starke Partner, was sich auch an unseren gemeinsamen Forschungsprojekten und aktuellen Beteiligungen an Christan-Doppler-Laboren
der JKU zeigt. Durch das neue Mikroskop ergeben sich zusätzliche Kooperationsmöglichkeiten, die einen
nachhaltigen Know-how-Aufbau im Bereich der Materialwissenschaften fördern", meint dazu Dr. Franz Androsch,
Forschungschef des voestalpine-Konzerns.
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten waren ein wesentliches Anschaffungskriterium. „Mit dem neuen Mikroskop
können wieder neue Fragestellungen unserer Forschungsgruppen und auch unserer IndustriepartnerInnen bearbeitet
und beantwortet werden“, freut sich JKU-Rektor Richard Hagelauer.
„Das neue Transmissionselektronenmikroskop trägt wesentlich zur Stärkung unserer Forschungsinfrastruktur
und damit zu unserer Leistungsfähigkeit als Wissenschaftseinrichtung bei. Ich bedanke mich bei unseren ProjektpartnerInnen,
die uns bei der Errichtung des neuen TEM-Labors unterstützt haben“, so Meinhard Lukas, der designierte Rektor
der JKU.
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