Simon Wachsmuth - Monumente. Dokumente.

 

erstellt am
28. 09. 15
09:00 MEZ

26. September bis 17. Jänner 2016 im 21er Haus
Wien (belvedere) - Das 21er Haus nimmt den Ankauf der Installation 'Where we were then, where we are now (2007)', die Simon Wachsmuth für die Documenta 12 konzipiert hat, zum Anlass für eine Einzelausstellung des Künstlers, die um Monumente und Dokumente und ihre Diskursivierung kreist. Sie führt uns in die altpersische Residenzstadt Persepolis in vorchristlicher Zeit und in den heutigen Iran, zu koreanischen Dolmen aus der Jungsteinzeit und zu Reisfeldern und archäologischen Museen in der Gegenwart, in das experimentelle Bildergedächtnis des Kunsthistorikers Aby Warburg und in die zeitgenössische Hellas-Ikonologie - kurz: an reale und imaginierte Orte, an denen das Selbst seine Vergewisserung sucht, Identität gestiftet und Geschichte mit und vor allem gegen den Strich gebürstet wird.

"Ganz der Programmatik des 21er Haus entsprechend verdeutlicht diese konzentrierte monografische Präsentation von Simon Wachsmuth die Verschränkung von Sammlungsaktivität und Ausstellungstätigkeit. Ich freue mich sehr darüber, dass diese zentrale Installation des Künstlers aus unserem Sammlungsbestand hier nun erstmals im Kontext weiterer Arbeiten gezeigt wird", so Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere und des 21er Haus, zur Ausstellung. "Sie macht Simon Wachsmuths künstlerischen Zugang nachvollziehbar, der die kulturelle Verhandlung und Aneignung historischer Überreste über die Zeit verfolgt und mit gegenwärtigen Bildern verknüpft."

Der Titel der Ausstellung, Monumente. Dokumente., referiert auf bewahrende materielle Träger, die dem Heranholen des Vergangenen, des eigentlich unwiederbringlich Verlorenen in die Gegenwart dienen. Zumindest ist diesen ein solches Versprechen eingeschrieben. Und damit werden sie zu integralen Bestandteilen individuellen und kollektiven Erinnerns. Schließlich lebt die Erinnerung ja gerade von den Bildern, die wir uns von der Vergangenheit machen, den Ritualen, die wir um sie herum entwickeln, und jenen Orten, an denen sie sich quasi materialisiert. Denkmäler sind solche Orte, aber auch Ausgrabungsstätten und nicht zuletzt Museen. "Simon Wachsmuth interessieren diese Materialisierungen von Erinnerung: Er beschäftigt sich mit kulturellen (Re-)Konstruktionen von Geschichte und befragt das Verhältnis von materiellen Spuren, musealen Repräsentationen und Formen ihrer Indienstnahme in der Gegenwart", erläutert Kuratorin Luisa Ziaja.

Die mehrteilige Installation Where we were then, where we are now (2007) nimmt ihren Ausgangspunkt in Persepolis, der im heutigen Iran gelegenen ehemaligen Königsstadt des Achämenidenreichs, die 330 v. Chr. von den Truppen Alexanders des Großen zerstört wurde. Rund um die Paraphrase des Alexandermosaiks von Pompeji in Form eines Mosaiks aus Magneten spinnt Wachsmuth ein vielschichtiges Verweissystem zu vergangenen und gegenwärtigen Projektionen auf den Iran, das Verhältnis von Orient und Okzident und Prozesse der Übertragung, Aneignung und Abstraktion von Geschichte. Auf fünf stoffbespannten Tafeln präsentiert der Künstler Arrangements aus Archivmaterialien, Fotografien, Zeitungsausschnitten, Reproduktionen wie auch handgemalten Blättern zu Goethes Farbenlehre, die assoziationsreich neue und immer wieder andere Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Bildern und Kontexten herstellen, sich aber stets einer letztgültigen Deutung entziehen. Sie sind vielmehr Ausdruck der Komplexität von Geschichtsschreibung und machen darüber hinaus - in Anlehnung an Aby Warburgs einflussreichen Mnemosyne-Atlas - das Fortleben antiker Formen und Gesten bis hinein in die Gegenwart nachvollziehbar. Die berühmten Apadana-Reliefs in Persepolis sind Gegenstand eines Films, der in langsamen Kamerafahrten die materiellen Überreste aufnimmt, während ein zweiter Film eine Gruppe Männer bei der Zurkhaneh zeigt, einer traditionellen iranischen Leibesübung, die ihren Ursprung in klandestinen militärischen Kampfübungen hat, über die Jahrhunderte aber um spirituelle Rituale erweitert wurde. Die in vielen der Bilder - prominent im zentralen Mosaik - dargestellten Lanzen finden sich in Form abstrakter schwarz-weißer Stäbe im Raum wieder und verdeutlichen auch hier die Übertragung und Transformation von Gegenständen, Bildern und kulturellen Praxen.

Die für die Busan-Biennale 2012 konzipierte Videoinstallation As Matter Stands widmet sich hingegen materiellen Zeugnissen einer Zeit vor der Geschichtsschreibung: Dolmen aus dem Neolithikum im heutigen Südkorea. Wachsmuth hält seine Annäherung an diese imposanten erratischen Steinkonstellationen, von denen man annimmt, dass sie Grabstätten markieren, in langsamen, beobachtenden Bildern fest und ergänzt sie durch Aufnahmen von Darstellungen in archäologischen und kulturhistorischen Museen. Welche Vorstellung sich Ethnologen, Archäologinnen oder auch Museumskustoden von der Einbettung dieser Orte in den Alltag gemacht haben und machen, lässt sich beispielsweise an Dioramen ablesen, die Wachsmuth mit Bildern verschiedener Dolmen - touristisch erschlossener oder auch unbeachtet in Reisfeldern oder in Wäldern gelegener - kombiniert.

Die Installation Skepsis schließlich markiert den Beginn einer neuen Arbeit des Künstlers, die sich auf Basis des umfangreichen Bildarchivs der Freien Universität Berlin mit der historischen und der gegenwärtigen Ikonologie des Hellenismus beschäftigt. Das ganz auf Nachsichtigkeit konzipierte Arrangement aus zum Teil kommentierten Fotografien aus unterschiedlichen Zeiten, Bildreproduktionen und vereinzelten aktuellen Schlagzeilen fordert uns ganz dem titelgebenden griechischen Begriff entsprechend zum Zweifel und zur genauen Betrachtung auf. In Zeiten einer Konjunktur vereinfachender und polarisierender Bilder eines krisengeschüttelten Griechenland ist Skepsis, so der Künstler, mehr als angebracht.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.21erhaus.at

 

 

 

 

 

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