Die ÖAW feiert 100 Jahre Allgemeine Relativitätstheorie. Bei „Gravitation 2015“ gibt
es neben einem Festvortrag des renommierten Wissenschaftshistorikers Jürgen Renn ab 1. Oktober spannende
Veranstaltungen und eine interaktive Ausstellung zu erleben.
Wien (öaw) - Einsteins berühmteste Formel E=mc2 kennt jeder. Der wohl größte Geniestreich
des Physikers war aber ein anderer: 1915 stellte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie vor – eine
wissenschaftliche Revolution, die heuer ihren 100. Geburtstag feiert. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften
(ÖAW) zelebriert dieses Jubiläum ab 1. Oktober 2015 gleich mit mehreren Veranstaltungen. Den Auftakt
macht ein Festakt mit einem Vortrag von Jürgen Renn, Direktor des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte,
in weiterer Folge sind öffentliche Vorträge bekannter Wissenschaftler/innen zu erleben sowie ein Scientific
Workshop. Die interaktive Ausstellung Einstein – Wellen – Mobil kann bei kostenlosem Eintritt besucht werden. Für
Schüler/innen und Jugendliche wird zudem ein eigenes Vermittlungsprogramm angeboten.
Eine Theorie schreibt Geschichte
Rückblick: Um 1900 erschütterten mehrere unerwartete Phänomene die Grundfesten der Physik. Röntgen
entdeckt eine unsichtbare, durchdringende Strahlung. Die Curies beschreiben die Radioaktivität. Max Planck
schafft die Grundlagen der Quantentheorie. Und schließlich verblüfft Albert Einstein mit einer epochalen
Arbeit, der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der knappe Satz mathematischer Gleichungen gilt bis heute als
perfekte Beschreibung der vertrautesten aller Naturkräfte: der Gravitation. Raum und Zeit sind laut ihr nicht
bloß eine Hintergrundstruktur, eine passive Bühne für die Materie. Stattdessen ist die Raumzeit
dynamisch, sie ist selbst eine Akteurin, die beeinflusst, wie sich Materie bewegt. Einsteins Theorie war in der
Folge etwas vergönnt, was nur wenigen wissenschaftlichen Theorien gelingt – sie schrieb Geschichte. Und sie
ist bis heute ein Paradebeispiel für anwendungsoffene Grundlagenforschung. Zahlreiche technologische Entwicklungen
wären ohne sie nicht möglich gewesen. So steckt die Relativitätstheorie heute beispielsweise in
Form von GPS in jedem Navi und jedem Smartphone. Auch die aktuellen Forschungen mehrerer Institute der ÖAW,
wie des Instituts für Weltraumforschung, des Instituts für Hochenergiephysik, das nach dunkler Energie
sucht, oder des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation, das die Quantenaspekte von Gravitation
untersucht, basieren auf Einsteins Leistungen. Und auch heute noch lässt die Theorie die Köpfe der Wissenschaftler/innen
rauchen. Eine der drängendsten Fragen der gegenwärtigen Physik ist zum Beispiel, wie sich die Quantenmechanik,
als Theorie des Mikrokosmos und die Relativitätstheorie, als Theorie des Makrokosmos, miteinander vereinen
lassen.
Interaktive Ausstellung, Vorträge für Jugendliche und Erwachsene
Um die enorme Bedeutung von Einsteins Theorie für das 21. Jahrhundert zu verdeutlichen, lädt die ÖAW
auf Initiative der Jungen Kurie daher die Öffentlichkeit ein, in den kommenden Tagen in die Welt der Relativität
einzutauchen. „Gravitation 2015“ heißt die Reihe an Veranstaltungen, die Wissenschaftshistoriker Jürgen
Renn eröffnet. Er wirft bei seiner kostenlos zugänglichen Festrede einen Blick zurück auf die spannende
Entstehungsgeschichte der Theorie. Neben dem Workshop „100 Years of Curved Space Time“, der sich an ein Fachpublikum
wendet und bei dem hochkarätige Physiker/innen wie Richard Schoen von der Stanford University, William Unruh
von der University of British Columbia oder Clifford Will vom Pariser Institut d'Astrophysique aus ihrer aktuellen
Forschung berichten, können alle Interessierten bei zahlreichen Abendvorträgen mehr über Relativität
erfahren. Sprechen werden ÖAW-Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann, Naturphilosoph Claus Beisbart von der
Universität Zürich sowie Peter C. Aichelburg und Herbert Pietschmann von der Universität Wien.
Die Grundlagen der Relativitätstheorie und ihre Anwendungen in Astronomie, Lasertechnik, Raumfahrt und Computern
präsentiert schließlich die interaktive Ausstellung „Einstein – Wellen – Mobil“ von 2. Oktober bis 6.
November im Hauptgebäude der ÖAW am Dr. Ignaz Seipel-Platz 2 bei freiem Eintritt. Besucher/innen erwarten
mit beeindruckenden Bildern gestaltete Schautafeln, Filmbeiträge, wissenschaftliche Instrumente wie ein Laserinferometer,
virtuelle Modelle und eine relativistische Fahrradfahrt. Speziell auf Schulklassen abgestimmte Vormittagsvorträge
und Führungen durch die Ausstellung runden das umfangreiche und bunte Veranstaltungsprogramm ab.
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