Bundespräsident Fischer, Präsident Bürgermeister Häupl bei Feier in Hofburg,
Symposium mit den Kommunalverbänden tags zuvor
Wien (rk) - Am 24.09. jährte sich die Gründung des Österreichischen Städtebundes zum
100. Mal. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten rund um dieses Datum stand heute, Donnerstag, ein Festakt im Kleinen
Redoutensaal der Wiener Hofburg. Unter den zahlreichen geladenen Gästen waren unter anderem Bundespräsident
Heinz Fischer, Staatssekretärin Sonja Steßl, Bürgermeister Michael Häupl, Gemeindebund-Präsident
Helmut Mödlhammer und die Festrednerin, die renommierte Biochemikerin Rennée Schroeder.
Bei der Eröffnung ging Bürgermeister Michael Häupl, Präsident des Österreichischen Städtebundes
zunächst auf die Lebensumstände vor 100 Jahren ein, denn die wirtschaftliche Notlage und die schwierige
Nahrungsmittelverteilung während des Krieges waren zum Zeitpunkt der Gründung des Städtebundes Alltagsrealität.
"In den Städten war die Not am Größten und es mussten Lösungen für ihre Bürgerinnen
und Bürger gefunden werden, um die Not zu lindern", sagte Häupl. Insgesamt 58 Gründungsmitglieder
hatte der Österreichische Städtebund, darunter Städte wie Brünn, Marburg und Meran. 1915 stand
der Gedanke des "Gemeinwohls vor Ort" im Mittelpunkt der Beratungen des Städtebundes. Heute wie
damals gehe um das Gemeinwohl der Menschen. Auch heute, 100 Jahre später, sei die Notwendigkeit der Städte
als erste Ebene des Staates Lösungen für die täglichen Herausforderungen der Bürgerinnen und
Bürger zu finden, groß geblieben.
Thema Flüchtlinge im Mittelpunkt der Reden
In seiner Ansprache ging Häupl auch auf die aktuelle Flüchtlingskrise ein und forderte erneut Hilfe
und Akzeptanz für Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und Mord sind, und meinte weiter: "Es steht
wohl für uns alle außer Frage, dass wir Menschen, die an Leib und Leben gefährdet sind, Hilfe und
Geborgenheit geben. Die momentane Notsituation zeigt deutlich, dass Österreichs Städte und Gemeinden
als erste Ebene des Staates wissen, wie Hilfe aussehen muss. Es darf nicht nur darum gehen, die Kriegsflüchtlinge
"unterzubringen", es geht darum, dass diejenigen, die sie aufnehmen, sich um sie kümmern können.
Und das bedeutet auch, dass die Helfer nicht überfordert werden! Lösungen in Hinblick auf die Verteilung,
Versorgung und Integration dieser Menschen sowie die Finanzierung dieser Maßnahmen sind allerdings dringend
erforderlich - in ganz Europa. Was Europa braucht, ist Solidarität und gelebte Humanität!"
Bundespräsident Heinz Fischer würdigte neben den Erfolgen des Österreichischen Städtebundes
auch den "humanen und eindrucksvollen Umgang" der Städte mit den Flüchtlingen, es sei eine
Herausforderung für die Hilfsorganisationen, die Freiwilligen und die Städte.
Er selbst, so Fischer, habe einen einfachen Zugang: "Ich halte mir vor Augen, wenn unsere Kinder, unsere Enkelkinder
fragen: wie habt ihr euch verhalten wie die Kriege im Nahen Osten stattgefunden haben, wie die Flüchtlinge
gekommen sind? Dann sollten wir nicht in einer Situation sein, wo wir uns unwissend stellen oder Ausreden verwenden,
sondern sagen können: wir haben uns bemüht, etwas zu tun, wir haben uns bemüht, nicht wegzuschauen,
wir haben uns so verhalten, dass wir uns später in den Spiegel schauen können".
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer würdigte die gute Zusammenarbeit der beiden Kommunalverbände:
"Es ist ein Fest in Erinnerung an die Pioniere, ein Fest für Freunde unter Freunden, ein Fest der Dankbarkeit",
und beendete seine Rede an Städtebund-Präsident Michael Häupl gewandt: "Wien ist eine Stadt,
die als Hauptstadt der Menschlichkeit bezeichnet werden kann".
Biochemie-Forscherin und Universitätsprofessorin Rennée Schroeder, eine Vorkämpferin für
Bildung und Wissenschaft, versuchte in ihrem Festvortrag das Phänomen Stadt an der Frage zu klären, ob
es möglich ist, Stadt zu planen, ob es möglich ist, die Gesellschaft zu planen. Schroeder: "Aus
der Evolution heraus ist Planbarkeit unmöglich. Aber dennoch hat sich der Homo Sapiens immer durchgesetzt.
So gesehen haben wir es in der Hand, uns schnell zu zerstören oder den Nachkommen einen Lebensraum zu überlassen,
der lebenswert ist und bleibt".
Schroeder weiter: "Die Evolution hat uns gelehrt, dass Flexibilität wichtig ist. Veränderungen passieren
nicht durch Kontinuität, sie entstehen an den Grenzen, wo Reibung stattfindet. Das gilt für die Chemie
gleichermaßen wie für das Leben".
Hochkarätige Veranstaltungen begleiteten den Jubiläumstag
Nach der Eröffnung fand die Präsentation des Buches "100 Jahre kommunale Interessensvertretung,
Österreichischer Städtebund 1915-2015" statt.
Bereits die Tage zuvor haben hochkarätige Fachveranstaltungen dieses 100.-Jahrjubiläum begleitet.
Die historische Tagung "Städtebünde", organisiert vom Österreichischen Arbeitskreis für
Stadtgeschichtsforschung in Kooperation mit dem Österreichischen Städtebund, hat am Dienstag in Wien
stattgefunden. Das Fach-Symposion "100 Jahre Österreichischer Städtebund - sein Beitrag für
starke Städte und Gemeinden in Europa" wurde in Kooperation mit dem KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung
unter großer internationaler Beteiligung am Mittwoch erfolgreich abgehalten.
|