Durchgriffsrecht erhält erforderliche Zweidrittelmehrheit im Nationalrat
Wien (pk) - Der Bund erhält künftig mehr Spielraum bei der Unterbringung von Flüchtlingen.
Der Nationalrat folgte am 23.09. der Empfehlung des Verfassungsausschusses und stimmte mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit
für ein entsprechendes Bundesverfassungs- gesetz. Demnach kann das Innenministerium in Hinkunft auf Grundstücken
des Bundes oder in angemieteten Gebäuden auch ohne gesonderte Widmung Flüchtlingsquartiere bereitstellen,
wenn die Länder bzw. Gemeinden ihrer Unterbringungsverpflichtung nicht nachkommen. Der Beschluss wurde, wie
im Ausschuss, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS gefasst, ein Antrag der FPÖ, über
das Gesetz eine Volksabstimmung durchzuführen, blieb mit 43 Pro-Stimmen und 123-Gegenstimmen in der Minderheit.
Auf im Vorfeld geäußerte Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzes reagierten die Abgeordneten
mit einem Abänderungsantrag. So wurde etwa ausdrücklich festgeschrieben, dass die Innenministerin den
betroffenen Bürgermeister und die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde von der bevorstehenden Nutzung
eines Grundstücks als Flüchtlingsquartier informieren muss, und zwar mindestens eine Woche vor der tatsächlichen
Unterbringung von AsylwerberInnen. Außerdem wurde klargestellt, dass das Durchgriffsrecht des Bundes bei
der Quartierbereitstellung nur für AsylwerberInnen und anerkannte Flüchtlinge gilt, die von der Grundversorgungsvereinbarung
mit den Ländern umfasst sind. Plant die Regierung, den Gemeinderichtwert für Flüchtlinge zu erhöhen,
muss sie nicht nur den Ländern, sondern auch dem Gemeindebund und dem Städtebund Gelegenheit zur Stellungnahme
geben. Die Eckpunkte des von den Koalitionsparteien gemeinsam mit den Grünen initiierten Gesetzesantrags blieben
jedoch unverändert. Der Bundesrat will sich übermorgen, Freitag, mit dem Beschluss befassen.
Begleitend zum Bundesverfassungsgesetz hat der Nationalrat eine Änderung des Fremdenpolizeigesetzes verabschiedet,
das höhere Strafdrohungen für Schlepper bringt.
AsylwerberInnen sollen gleichmäßiger in Österreich verteilt werden
Ziel des neuen Durchgriffsrechts des Bundes bei der Bereitstellung von Flüchtlingsquartieren ist eine gleichmäßigere
Verteilung von AsylwerberInnen in Österreich und eine adäquate Unterbringung. Zustände wie zuletzt
in Traiskirchen sollen damit in Hinkunft vermieden werden. Als Richtwert für die Gemeinden ist eine Flüchtlingsquote
von 1,5% der Wohnbevölkerung in Aussicht genommen, der Prozentsatz kann im Bedarfsfall per Verordnung jedoch
hinaufgesetzt werden. Die Zahl der Flüchtlinge, die der Bund auf einem einzelnen Grundstück unterbringen
darf, ist mit 450 begrenzt. Überdies müssen bestimmte Standards, etwa was Hygiene, Brandschutz und Umweltverträglichkeit
betrifft, einhalten werden. Das Gesetz ist vorläufig mit Ende 2018 befristet.
FPÖ wirft Regierung Gesetzesbruch vor
In der Debatte blieben FPÖ und Team Stronach bei ihrer Kritik an den neuen Bestimmungen. Das Bundesverfassungsgesetz
sei ein Symbol für die Hilfslosigkeit der Regierung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, unterstrich
etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Es sei "nicht in Ordnung", dass die Regierung auf ihr Versagen
mit einer Zwangszuteilung von Flüchtlingen reagiere und die Last auf Länder, Gemeinden und BürgerInnen
abwälze. Mit den vorgesehenen Verfassungsbestimmungen wird seiner Ansicht nach nicht nur der Föderalismus
mit Füßen getreten, auch geltende Gesetze würden außer Kraft gesetzt. Strache und seine FraktionskollegInnen
forderten in diesem Sinn die Abhaltung einer Volksabstimmung über das vorliegende Bundesverfassungsgesetz.
Auf das Offenhalten der österreichischen Grenzen für Flüchtlinge will die FPÖ außerdem
mit Ministeranklagen reagieren, wie Strache ankündigte. Ein Gesetzesbruch von Seiten der Regierung könne
nicht toleriert werden, betonte er. Lob äußerte der FPÖ-Chef hingegen für Ungarns Regierungschef
Viktor Orban, dieser schütze die ungarische Bevölkerung vor illegaler Masseneinwanderung. Den Vorschlag
der ÖVP, ein Asyl auf Zeit einzuführen, wertete Strache als "Placebodiskussion". Asyl sei grundsätzlich
auf Zeit, erklärte er. Man müsse lediglich die schon bestehenden Bestimmungen vollziehen.
Der Kritik Straches schlossen sich auch die Abgeordneten Harald Stefan, Gernot Darmann, Walter Rosenkranz und Rupert
Doppler an. Sie zeigten kein Verständnis für die Beschneidung von Länder- und Gemeindekompetenzen
und sprachen unter anderem von einer Entmündigung der beiden Gebietskörperschaften. Zudem äußerten
Stefan und Darmann die Befürchtung, dass der Gemeinderichtwert aufgrund des Flüchtlingsansturms schon
im nächsten Jahr auf bis zu drei Prozent hinaufgesetzt werden könnte. Stefan bemängelte überdies,
dass der vorliegende Gesetzentwurf keinem Begutachtungsverfahren unterzogen wurde, und äußerte die Sorge,
dass AnrainerInnen von Flüchtlingsquartieren wegen fehlender Nachbarrechte unter die Räder kommen könnten.
Zur oft hervorgehobenen Befristung des Gesetzes merkte der FPÖ-Verfassungssprecher an, das Auslaufen der Bestimmungen
gelte nur für neue Flüchtlingsquartiere, bereits bestehende Quartiere könnten auch über das
Jahr 2018 hinaus genutzt werden.
Kritik übte die FPÖ aber nicht nur am vorliegenden Gesetz, sie warnte auch vor allgemeinen negativen
Auswirkungen der Flüchtlingswelle. So geht Strache davon aus, dass zur Finanzierung der anfallenden Zusatzkosten
nach den Landtagswahlen in Oberösterreich und Wien eine "Sonderasylsteuer" eingeführt wird.
Sowohl Doppler als auch Darmann fürchten fatale Auswirkungen auf das soziale und kulturelle Gefüge des
Landes und sehen das österreichische Sozial- und Gesundheitssystem in Gefahr.
Team Stronach: Unterkunftsnot in Österreich ist hausgemacht
Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar kritisierte, dass die Einladung Deutschlands an die Flüchtlinge nie
widerrufen wurde. Er sieht dadurch einen noch größeren Flüchtlingsansturm auf Europa zukommen.
Seiner Meinung nach macht es aber keinen Sinn, die Flüchtlinge in Österreich gleichmäßig zu
verteilen, vielmehr brauche es Schutzzonen vor Ort. Wie die FPÖ warf auch Lugar Bundeskanzler Werner Faymann
Gesetzesbruch vor und warnte vor eine Infiltrierung Österreichs mit Terroristen im Zuge der Flüchtlingswelle.
Lugars Fraktionskollege Christoph Hagen zeigte sich davon überzeugt, dass die Unterkunftsnot in Österreich
eine hausgemachte ist. Bei einer vernünftigen Regierungspolitik gäbe es die Quartiernot nicht, meinte
er, Österreich leiste durch bereitgestellte Sozialleistungen Asylmissbrauch Vorschub. Dass die meisten Flüchtlinge,
die nach Österreich kommen, Wirtschaftsflüchtlinge sind, glaubt auch Leopold Steinbichler, er erwartet
sich durch die Globalisierung noch viel größere Flüchtlingsströme. Scharfe Kritik übte
Steinbichler am vorliegenden Gesetzentwurf, er sprach von einem "Drüberfahren" über die Länder.
SPÖ: Kritik von FPÖ und Team Stronach geht an der Sache vorbei
Nach Meinung von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder geht die Kritik der FPÖ und des Team Stronach allerdings
an der Sache vorbei. Es gehe darum, AsylwerberInnen während ihres Asylverfahrens in Österreich menschenwürdig
unterzubringen und fair innerhalb Österreichs zu verteilen, betonte er. Das vorliegende Gesetz wirke überdies
nur als "ultima ratio", also als letzte Möglichkeit, sollten die Bundesländer ihrer Verpflichtung
zur Unterbringung von Flüchtlingen wie in der Vergangenheit nicht nachkommen. Erfüllten die Länder
die Flüchtlingsquote, drohe den Gemeinden auch keine Zwangszuteilung. Das vorliegende Gesetz würde es
nicht geben, hätten sich in Österreich immer alle solidarisch verhalten, machten auch die Abgeordneten
Otto Pendl und Marianne Gusenbauer-Jäger geltend. Gusenbauer-Jäger hält es für kein Problem,
Gemeinden in einem gewissen Ausmaß in die Pflicht zu nehmen.
Kein Verständnis für die rechtlichen Einwände der FPÖ zeigte auch SPÖ- Verfassungssprecher
Peter Wittmann. Es sei notwendig, Rechtsgüter abzuwägen und der Rettung von Menschenleben Vorrang vor
Bauordnungen zu geben. Seiner Meinung nach müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, für die Menschen
und nicht für die Bürokratie zu entscheiden. Mit Blick auf die Situation in Ungarn machte Wittmann zudem
geltend, dass ein Grenzzaun nichts nütze und keine Probleme löse.
ÖVP: Außerordentliche Situationen erfordern außerordentliche Maßnahmen
Auch die ÖVP verteidigte den vorliegenden Gesetzentwurf. Außerordentliche Situationen erfordern außerordentliche
Maßnahmen, hielt etwa ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl fest. Niemand habe die Flüchtlingswelle
in dem nunmehrigen Ausmaß vorhersehen können. Mit dem Verfassungsgesetz stelle man sicher, dass jeder
Asylwerber ein Dach über den Kopf habe, bevor der Winter komme. Wer sich gegen diese staatliche Verpflichtung
stelle, widersetze sich dem Rechtsstaat, mahnte Gerstl.
Durch den Abänderungsantrag wird Gerstl und Schieder zufolge außerdem ausdrücklich klargestellt,
dass BürgermeisterInnen, die nicht in der Lage sind, ausreichend Flüchtlingsquartiere bereitzustellen,
nicht kriminalisiert würden. Wenn es eine Gemeinde, aus welchen Gründen auch immer, nicht schaffe, den
Gemeinderichtwert zu erfüllen, sei die einzige Konsequenz das Recht des Bundes, Ersatzquartiere bereitzustellen,
hob Gerstl hervor. Strafrechtliche Konsequenzen drohten nicht.
Auf diesen Umstand machte auch ÖVP-Abgeordneter Johann Singer aufmerksam. Ebenso würden keine zusätzlichen
Kosten auf die Gemeinden zukommen, versicherte er. Wie Gerstl und Abgeordnete Martina Diesner-Wais sieht Singer
das Gesetz als befristete Notmaßnahme in einer Ausnahmesituation. "Wir brauchen einen Schulterschluss
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden." Ergänzend dazu forderte der in den ÖVP-Klub gewechselte
Abgeordnete Rouven Ertlschweiger einen Schulterschluss auf europäischer Ebene.
Grüne: AsylwerberInnen brauchen menschenwürdige Unterkünfte
Grünen-Chefin Eva Glawischnig-Piesczek gab zu bedenken, dass es bald kalt in Österreich werde und Zelte
nicht beheizt werden könnten. Das Gesetz diene dazu, AsylwerberInnen menschenwürdige Unterkünfte
zur Verfügung zu stellen, betonte sie.
Empört zeigte sich Glawischnig über das Lob von Strache am ungarischen Regierungschef Orban. In Ungarn
würden Wasserwerfer und Tränengas gegen Flüchtlinge eingesetzt, schon vor einiger Zeit habe es Berichte
über systematische Gewalt in ungarischen Flüchtlingslagern gegeben, skizzierte sie. Seit kurzem sei sogar
der Einsatz von Schusswaffen an den Grenzen gestattet. "Ist das wirklich ihr Vorbild?" fragte Glawischnig
die FPÖ und warf Strache gleichzeitig vor, keinen konstruktiven Beitrag zur Lösung der Krise zu leisten.
Ihr zufolge liegt es an der Politik, die Flüchtlingskrise nicht nur als Problem, sondern auch als Chance für
Europa zu sehen.
Der Kritik an der FPÖ schloss sich auch Grün-Abgeordnete Alev Korun an. Die Flüchtlinge könnten
Österreich nie so viel kosten wie die Regierungsbeteiligung der FPÖ, meinte sie und machte geltend, dass
allein der Hypo-Skandal ein zusätzliches Budgetdefizit von 5,6 Mrd. € verursacht habe. An die Länder
und Gemeinden appellierte Korun, Solidarität zu zeigen, dann müsse das vorliegende Bundesverfassungsgesetz
gar nicht zur Anwendung kommen. Auch innerhalb der EU hält sie Solidarität für notwendig.
Auf humanitäre Aspekte und notwendige Menschlichkeit verwiesen auch die SPÖ-Abgeordneten Pendl und Christine
Muttonen. Man könne Flüchtlinge im kalten Winter nicht in Zelten unterbringen, unterstrichen sie in Einklang
mit den Grünen. Die Flüchtlingskrise sei mit Solidarität zu bewältigen, ist Muttonen überzeugt:
"Wir schaffen das." Im Übrigen wies die Abgeordnete darauf hin, dass fast 90% der syrischen Flüchtlinge
von den Nachbarstaaten Syriens aufgenommen wurden. Pendl kann sich darüber hinaus nicht vorstellen, dass im
Jahr 2015 das Schießen auf Flüchtlinge von irgendeinem Politiker in Österreich gutgeheißen
wird.
Immer wieder wurde von den Abgeordneten auch auf die große Hilfsbereitschaft in Österreich verwiesen,
sei es von Gemeinden, Behörden oder BürgerInnen. "Wir können stolz darauf sein, was wir bis
dato in sehr schwierigen Zeiten geleistet haben", führte etwa Abgeordneter Johannes Jarolim stellvertretend
für viele aus. Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser betonte, mit dem Gesetz setze man einen Schlusspunkt
unter ein unwürdiges Hick-Hack zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Flüchtlingsunterbringung.
NEOS: Flüchtlingsunterbringung hat in Vergangenheit nicht funktioniert
Seitens der NEOS signalisierten die Abgeordneten Nikolaus Scherak und Josef Schellhorn Zustimmung zum Gesetz. "Wir
brauchen das Gesetz", die Flüchtlingsunterbringung habe in den vergangenen Monaten nicht funktioniert,
argumentierte Scherak. Einige Länder und Gemeinden hätten sich aus ihrer Verantwortung gestohlen, ohne
dass man zu Sanktionen hätte greifen können.
Die NEOS sehen allerdings noch ein weiteres ungelöstes Problem und fordern, dass AsylwerberInnen schon im
Stadium des Zulassungsverfahrens, also unmittelbar nach Stellung des Asylantrags, in von Privaten bereitgestellten
Quartieren untergebracht werden können. Integration funktioniere am besten, wenn Flüchtlinge in kleinen
Einheiten untergebracht werden, hielt Schellhorn fest. Ein von ihm vorgelegter Entschließungsantrag fand
bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Der FPÖ hielt Scherak vor, keine wirklichen Lösungsvorschläge
für die Unterbringung der Flüchtlinge in Österreich zu haben, außer das Hochziehen von Grenzzäunen.
Der Kritik von FPÖ und Team Stronach schlossen sich hingegen die fraktionslosen Abgeordneten Jessi Lintl (früher
Team Stronach) und Gerhard Schmid (früher FPÖ) an. Mit dem Gesetz werde dem Föderalismus der Todesstoß
versetzt, meinte Lintl und warnte davor, sich über die Sorgen und Vorbehalte der Gemeinden und BürgerInnen
einfach hinwegzusetzen. Schmid hält große Flüchtlingsquartiere in kleinen Gemeinden für nicht
zumutbar.
In namentlicher Abstimmung votierten schließlich 123 Abgeordnete für und 43 Abgeordnete gegen das Bundesverfassungsgesetz
über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden.
Härtere Strafen gegen Schlepper
Weniger kontrovers gestaltete sich die Diskussion über die Änderung des Fremdenpolizeigesetzes. Lediglich
die Grünen äußerten Bedenken hinsichtlich des Gesetzesantrags der Koalitionsparteien. Damit drohen
Schleppern künftig bereits ab einer Mindestzahl von drei geschleppten Personen sechs Monate bis fünf
Jahre Haft. Derzeit ist im Fremdenpolizeigesetz von "einer größeren Anzahl von Fremden" die
Rede, ab der, neben anderen Erschwernisgründen, die erhöhte Strafdrohung zur Anwendung kommt. Nach geltender
Judikatur sind das rund 10 Personen. Grundsätzlich wird Schlepperei in Österreich mit bis zu zwei Jahren
Freiheitsentzug bestraft, in bestimmten Fällen, etwa wenn das Leben von Flüchtlingen gefährdet wird,
steigt der Strafrahmen auf bis zu zehn Jahre.
Begründet wird die Präzisierung des Gesetzes nicht zuletzt damit, dass Schlepper, die drei und mehr Personen
transportieren, künftig leichter in Untersuchungshaft genommen werden können. Organisierte Schlepperei
sei ein skrupelloses Verbrechen und müsse konsequent bekämpft werden, hielt Abgeordnete Michaela Steinacker
(V) fest. Auch FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz und die fraktionslose Abgeordnete Jessi Lintl stellten sich
hinter die Strafverschärfung, auch wenn Lintl die vorgesehene Gesetzesänderung nur als "halbherzigen"
Schritt sieht.
Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser befürchtet hingegen, dass die Gesetzesänderung ins Leere geht.
Er und seine Fraktionskollegin Korun sehen eine ganz andere Gesetzeslücke. Ihrer Meinung nach soll die erhöhte
Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren auch dann gelten, wenn die Schlepper "ausbeuterisch"
vorgehen, von den Flüchtlingen also Wucherpreise oder sexuelle Dienstleistungen verlangen, und zwar unabhängig
von der Zahl der geschleppten Personen. Ein von den Grünen eingebrachter Abänderungsantrag fand allerdings
keine Mehrheit.
Allgemein hielten Steinhauser und Abgeordneter Nikolaus Scherak (N) fest, ohne legale Einreisemöglichkeiten
von Flüchtlingen in die EU werde Schlepperei nicht wirksam bekämpft werden können.
Wie Justizminister Wolfgang Brandstetter berichtete, wurden heuer bereits rund 1.500 Strafverfahren wegen Schlepperei
eingeleitet, 341 Verurteilungen liegen vor. Für ihn ist das ein Zeichen dafür, dass die Strafbestimmungen
greifen. Österreich müsse auch weiter ein gefährliches Land für Schlepper bleiben.
Neben dem Gesetzesantrag wurde vom Nationalrat auch ein Entschließungsantrag angenommen. Die Regierung wird
darin aufgefordert, innerhalb eines Jahres zu evaluieren, ob sich die vorgenommene Verschärfung des Schlepperparagraphen
als wirksam erwiesen hat. Außerdem sollen die zuständigen Minister prüfen, ob die in Österreich
geltenden Strafbestimmungen für Schlepper dem europäischen und internationalem Niveau entsprechen.
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